Politik

Brandenburg-Regierung: Koalitionsvertrag von SPD und BSW steht

Die neue Brandenburg-Regierung scheint zu stehen: SPD und BSW haben sich auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag verständigt und damit ein Novum in der deutschen Politik geschaffen. Die Verhandlungen wurden teils durch Uneinigkeit erschwert.
27.11.2024 19:01
Aktualisiert: 27.11.2024 19:01
Lesezeit: 2 min

Brandenburg-Regierung: SPD und BSW einigen sich auf Koalition

Die SPD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) haben in Brandenburg einen Koalitionsvertrag verabschiedet. Damit wird erstmals ein Regierungsbündnis dieser Art auf Landesebene Realität. "Brandenburg braucht Stabilität und Sicherheit", erklärte SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke bei der Präsentation des knapp 70-seitigen Vertrags in Potsdam. Für Brandenburg ist dies ein wichtiges Signal, da es neben Thüringen das zweite Bundesland ist, in dem das BSW Regierungsverantwortung übernehmen will. Dort plant die Partei eine Koalition mit CDU und SPD.

Für Brandenburg ist ein fünfjähriges gemeinsames Regieren zwischen SPD und BSW vorgesehen. "Das wird nicht immer einfach", sagte Robert Crumbach, Landes- und Fraktionschef des BSW. Beide Parteien beschrieben die Koalitionsverhandlungen als anspruchsvoll, aber fair. Kurz vor der Einigung sorgte jedoch Unsicherheit für Verzögerungen. Das BSW, das erst in diesem Jahr als Partei gegründet wurde, sieht den Koalitionsvertrag als Meilenstein.

Woidke legt Schwerpunkt auf Wirtschaft, Bildung und Integration

Ministerpräsident Woidke sieht zentrale Aufgaben der neuen Koalition in der Stabilisierung der Wirtschaft, der Verbesserung der Bildungsqualität und einer beschleunigten Integration von Flüchtlingen durch Arbeitsaufnahme. Die Ressortverteilung steht ebenfalls fest: Die SPD übernimmt sechs Ministerien und die Staatskanzlei, während das BSW die Ressorts Finanzen, Infrastruktur und Gesundheit leitet. BSW-Chef Crumbach äußerte Enttäuschung, dass das Bildungsressort bei der SPD verbleibt.

Weitere geplante Maßnahmen umfassen den Erhalt der Krankenhausstandorte, beitragsfreie Kindergartenjahre und eine höhere Polizeipräsenz. Zudem soll illegale Migration stärker bekämpft werden. Für Grundschüler wird ein Handyverbot im Unterricht eingeführt, und Polizisten erhalten flächendeckend Bodycams und Taser.

Trotz Meinungsverschiedenheiten in friedenspolitischen Fragen lobte Sahra Wagenknecht den Koalitionsvertrag. Das BSW habe zentrale Anliegen durchsetzen können.

Mehrheit für Regierungschef Woidke erwartet

Das Ziel des Koalitionsvertrags sei es, Brandenburg voranzubringen, betonte Woidke. "Wir wissen, dass es in der Öffentlichkeit Vorbehalte gibt, sind aber überzeugt, dass dieses Bündnis funktionieren wird." Der Vertrag muss noch von den Landesvorständen und Parteitagen von SPD und BSW bestätigt werden. Woidkes Wahl als Ministerpräsident ist für den 11. Dezember geplant.

BSW-Fraktionschef Crumbach zeigte sich zuversichtlich, dass seine Fraktion geschlossen für Woidke stimmen wird. Woidke selbst äußerte sich zurückhaltend: "Das wird sich zeigen. Natürlich hoffe ich, dass wir die Regierungsbildung erfolgreich abschließen."

Spannungen in der BSW-Fraktion

Innerhalb der BSW-Landtagsfraktion gibt es jedoch Spannungen. Fraktionschef Crumbach forderte den Abgeordneten Sven Hornauf auf, sein Mandat niederzulegen, nachdem dieser angedeutet hatte, Woidke wegen Kritik an der Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 nicht zu unterstützen.

Ohne Hornauf hätte das Bündnis nur noch eine knappe Mehrheit von einer Stimme. Crumbach betonte, dass auch enge Mehrheiten stabilisierend wirken könnten. Er kündigte an, weitere Schritte zu prüfen, falls Hornauf nicht zurücktritt.

Brandenburg-Regierung und der Umgang mit der AfD

Die Koalition aus SPD und BSW hat klare Regeln für den Umgang mit AfD-Anträgen festgelegt: Sie sollen grundsätzlich abgelehnt werden. Dennoch schloss Crumbach konstruktive Zusammenarbeit mit Oppositionsparteien nicht aus, wenn dies dem Land Brandenburg zugutekomme. Der Verfassungsschutz stuft die AfD als rechtsextremen Verdachtsfall ein.

Die Opposition äußerte sich kritisch zum Koalitionsvertrag. AfD-Fraktionschef Hans-Christoph Berndt sprach von einem "Weiter so", während CDU-Fraktionschef Jan Redmann ein fehlendes Aufbruchssignal beklagte. BSW-Chef Crumbach wies diese Kritik zurück: "Die Handschrift des BSW ist deutlich erkennbar."

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