Baerbock sprach nach eigenen Angaben während ihres zweiten China-Besuchs in Peking mehr als drei Stunden mit ihrem Kollegen Wang Yi. Baerbock äußerte sich zuletzt mehrfach kritisch zu China. Ein Interview im US-Fernsehen im September des vergangenen Jahres, in dem sie Chinas Staats- und Parteichef mit einem Diktator verglich, sorgte in Peking für Empörung. Das Außenministerium hatte daraufhin die deutsche Botschafterin einbestellt.
Chinas Einfluss im Ukraine-Krieg
Ein zentrales Thema bei Baerbocks China-Besuch war die Rolle Chinas im Ukraine-Krieg. "Der russische Präsident zerstört nicht nur unsere europäische Friedensordnung durch seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine, sondern zieht auch Asien über Nordkorea mit hinein", sagte Baerbock vor Journalisten. Sie habe mit Wang Yi "intensiv" darüber gesprochen, dass dieser Krieg auch nicht im Interesse Chinas sein könne. Nordkorea hatte zuletzt Truppen zur Unterstützung Russlands entsandt.
Wang Yi sagte laut Angaben des chinesischen Außenministeriums bei dem Treffen, dass China eine Macht für Frieden, Wachstum und Stabilität in der Welt sei. Seine Strategie und politische Richtung seien offen und transparent. Pekings Politik gegenüber Deutschland bleibe stabil, und China betrachte Deutschland als wichtigen Partner seit Beginn der diplomatischen Beziehungen vor 52 Jahren.
Vorwürfe zu Drohnenlieferungen aus China
Baerbocks Kritik ist vor dem Hintergrund der Annahme der Bundesregierung zu verstehen, dass Moskau von China Unterstützung durch Drohnen oder Drohnenteile erhält. Auch US-Außenminister Antony Blinken wirft China vor, Russland bei der Aufrechterhaltung der Kriegsmaschinerie zu helfen. Baerbock warnte Peking, dass dies Konsequenzen nach sich ziehen werde. "Die Unterstützung eines brutalen Angriffskrieges wäre eine Verletzung des Völkerrechts", betonte sie. Sie habe detailliert erläutert, um welche Fälle es sich handele. Aktuell liefen die Beratungen in der Europäischen Union, so Baerbock.
Details zu möglichen Sanktionen nannte sie nicht. In der EU wird ein 15. Sanktionspaket gegen Russland vorbereitet, das auch Unternehmen aus China betreffen könnte, die an der Herstellung von Drohnen für den Krieg gegen die Ukraine beteiligt sind. Peking ruft immer wieder zur Deeskalation auf und strebt nach eigenen Angaben eine politische Lösung des Konflikts an. Allerdings gilt China als Moskaus wichtigster Unterstützer und hat Russlands Vorgehen in der Ukraine nie verurteilt.
Handelsbeziehungen: "Fair Play statt Foulspiel"
Baerbock sprach auch über die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der zweit- und drittgrößten Volkswirtschaft der Welt. Angesichts drohender Handelsstreitigkeiten und möglicher Extrazölle der EU auf chinesische E-Autos betonte sie, dass Deutschland und China grundsätzlich ähnliche Interessen verfolgten. Dies sei jedoch nur möglich, wenn sich alle an die Regeln hielten. "Wir wollen Fair Play statt Foulspiel", erklärte sie. Deutschland wolle sich nicht von China entkoppeln, "aber wir sind auch nicht naiv", fügte sie hinzu.
Baerbock erklärte weiter, dass hochsubventionierte E-Autos aus China den europäischen Markt überfluten könnten, was eine Reaktion erforderlich mache. Es gehe um fairen Wettbewerb und den Schutz europäischer sowie deutscher Arbeitsplätze. Die EU wirft Peking Wettbewerbsverzerrung durch Subventionen vor und hat im Oktober beschlossen, Extrazölle auf chinesische E-Autos zu erheben. China prüft nun mögliche Gegenmaßnahmen, die auch deutsche Autobauer betreffen könnten.
Baerbock in China: Menschenrechte im Fokus der Gespräche
Ein schwieriges Thema im Dialog zwischen Deutschland und China bleibt seit langem der Bereich der Menschenrechte. Baerbock erklärte, dass die Wahrung von Menschenrechten auch eng mit wirtschaftlicher Wettbewerbsfähigkeit verbunden sei, wie der Fall des VW-Werks in Xinjiang belege. "Ich habe betont, dass es für uns wichtig wäre, dass das deutsch-chinesische Dialogforum sowie der Menschenrechtsdialog wieder aufgenommen werden", sagte sie. China wird immer wieder vorgeworfen, in Xinjiang Menschenrechtsverletzungen wie Zwangsarbeit zu begehen. In der nordwestchinesischen Provinz leben viele Mitglieder der muslimischen Uiguren-Minderheit. Peking bestreitet die Vorwürfe meist.
Von Peking aus wird Baerbock zu einem zweitägigen Treffen der Nato-Außenministerinnen und -Außenminister nach Brüssel reisen. Dort sollen vor allem die weitere Unterstützung für die Ukraine sowie die Gefährdungslage durch hybride Angriffe, Russland und die immer engere Kooperation Moskaus mit China, Nordkorea und Iran thematisiert werden, erklärte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums.