Was kann KI im Finanzbereich leisten?
Die Sichtweise unter Finanzmanagerinnen und -managern zu diesem Thema hat sich fast vollständig verändert: Derzeit geben nahezu 9 von 10 CFOs und Finanzführungskräften (87 Prozent) an, dass generative KI die Effektivität und Effizienz ihrer Finanzfunktionen steigern wird. Zum Vergleich: 2023 lag dieser Anteil bei lediglich 15 Prozent.
Fast jede und jeder Zweite (49 Prozent) geht zudem nicht davon aus, dass Anwendungen aus dem Bereich Künstlicher Intelligenz die Anzahl der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Finanzfunktionen verändern werden. Weitere spannende Ergebnisse unserer aktuellen EY-Studie finden Sie in den angehängten Dokumenten – wir wünschen viel Vergnügen beim Lesen.
Knapp die Hälfte der Finanzmanager: KI führt nicht zu weniger Jobs
- 87 Prozent der CFOs und Finanzführungskräfte sind überzeugt, dass generative KI (GenAI) die Effektivität und Effizienz ihrer Funktionen verbessern wird – ein radikaler Wandel im Vergleich zu 2023.
- Fast jede und jeder Zweite (49 Prozent) erwartet keine Veränderung in der Mitarbeiterzahl.
- 89 Prozent der Befragten sehen den fehlenden Nachwuchs als Herausforderung, während sie der Technologie nur begrenzt zutrauen, die Talentlücke zu schließen.
- Über die Hälfte der Unternehmen plant keine Aktivitäten in Bezug auf GenAI – bedingt durch fehlende Budgets und Mangel an KI-erfahrenen Fachkräften.
Generative KI: Ein Paradigmenwechsel für Finanzfunktionen
Traditionelle Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) erleichtern die Verarbeitung großer Datenmengen, verbessern Analyseprozesse und ermöglichen vorausschauendes Handeln. Der wesentliche Unterschied zwischen herkömmlichem maschinellen Lernen und generativer KI (GenAI) besteht darin, dass GenAI sich eigenständig Domänenwissen aneignen und damit in Steuer- und Finanzaktivitäten komplexe Entscheidungen in Echtzeit treffen kann. Große Datenmengen lassen sich mit KI-Technologien kombiniert und auf spezifisches Fachwissen abgestimmt effizient verarbeiten. Dadurch sind die Einsatzmöglichkeiten von GenAI in Steuer- und Finanzabteilungen vielfältiger als etwa im Kundenservice.
Der Anteil der Finanzverantwortlichen, die innerhalb der nächsten drei Jahre einen deutlichen Produktivitätssprung durch generative KI-Anwendungen erwarten, ist auf 89 Prozent gestiegen – ein enormer Anstieg im Vergleich zu 15 Prozent im Vorjahr. Die Befragten gehen davon aus, dass KI viele Bereiche ihrer Arbeit beeinflussen wird – besonders Datenerfassung und -bereinigung (20 Prozent), Steuern und Buchhaltung (19 Prozent) sowie Compliance (18 Prozent).
Dass dies zu einem Stellenabbau führen könnte, bezweifelt die Mehrheit der Führungskräfte in Steuer- und Finanzfunktionen: Fast jede und jeder Zweite (49 Prozent) erwartet keine Veränderungen in der Mitarbeiterzahl. 44 Prozent rechnen mit einem leichten Rückgang der Stellen, während sieben Prozent eine höhere Anzahl an Mitarbeitenden prognostizieren, um den steigenden Anforderungen in einem komplexen, internationalen Umfeld gerecht zu werden.
Dies geht aus dem aktuellen „Tax and Finance Operations survey“ von EY hervor. Grundlage der Studie ist eine Befragung von 1.600 CFOs und weiteren Führungskräften aus Steuer- und Finanzfunktionen in 32 Ländern.
Herausforderungen: Talentlücken, Budgets und Datensicherheit
Carsten Rieger, Partner und Head of Finance Operations Europe West bei EY, sagt: „CFOs und ihre Teams stehen vor zahlreichen Herausforderungen. Sie müssen den Compliance- und Berichtspflichten gegenüber bereits KI-gestützten Finanz- und Aufsichtsbehörden in Echtzeit nachkommen und gleichzeitig ihre Talente auf strategische, unternehmensspezifische Aufgaben fokussieren. Hinzu kommt die Anforderung, die Kosten der Finanzfunktion in den nächsten zwei Jahren um bis zu neun Prozent zu reduzieren.“
Generative KI könnte ein entscheidender Faktor sein, um diesen Herausforderungen zu begegnen. Ihr effektiver Einsatz hängt jedoch von der Qualität und Verfügbarkeit von Daten sowie kuratiertem Wissen ab. Genau dies wird mit 18 Prozent der Stimmen als größte Hürde genannt, gefolgt von Bedenken zu Datensicherheit und Datenschutz (14 Prozent) sowie der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben (12 Prozent). Um diese Hindernisse zu überwinden, sind hohe Investitionen und qualifizierte Fachkräfte notwendig. Allerdings sehen sich 15 Prozent der Befragten mit sinkenden oder stagnierenden Budgets konfrontiert, während 13 Prozent den Mangel an erfahrenen KI-Spezialisten als Hindernis angeben.
Die Zukunft von GenAI in Steuer- und Finanzabteilungen
Die Euphorie über KI seitens der Finanzexperten steht jedoch Herausforderungen gegenüber: Bei 52 Prozent der Unternehmen wird der Einsatz von GenAI zwar untersucht, konkrete Pläne zur Implementierung fehlen aber noch. Fast ein Viertel der Befragten beschreibt die Nutzung von KI-Technologie in den Steuer- und Finanzfunktionen ihrer Unternehmen sogar als „nicht existent“.
Ewelina Hmyzo, Partnerin und Global Head of AI in Managed Services bei EY, erklärt: „Die zunehmende Bedeutung von GenAI verschärft den Kosten- und Budgetdruck. Unternehmen müssen prüfen, welche Aufgaben intern durchgeführt und welche ausgelagert werden. Dies betrifft sowohl inhaltliche Finanzaufgaben als auch die Entwicklung und Implementierung von KI-Anwendungen. Die Erwartungen an KI-Systeme, insbesondere in regulierten Bereichen wie Steuern und Finanzwesen, sind hoch. Doch es fehlt vielen Unternehmen sowohl an Expertise als auch an Investitionsmitteln.“ Sie fügt hinzu: „Die Umgestaltung des Betriebsmodells hin zu einer langfristigen Zusammenarbeit mit einem Dienstleister, der sowohl Fachkräfte als auch produktionsreife KI-Anwendungen mitbringt, könnte diese Herausforderungen lösen.“