Finanzen

US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird. Nach einer Phase übertriebener Euphorie, insbesondere in Bezug auf die Auswirkungen von Donald Trumps möglicher Wiederwahl und erwartete Zinssenkungen, war eine Korrektur notwendig, um die Risikokontrolle ins Bewusstsein der Investoren zu rücken.
21.12.2024 12:59
Lesezeit: 2 min

FED und die Zinspolitik

Die US-Notenbank (FED) hat in dieser Woche die Leitzinsen um 25 Basispunkte gesenkt, was den Erwartungen der Märkte entsprach. Allerdings sorgte der harte Ton der FED in Bezug auf die Geldpolitik für 2024 für Unruhe. Der vorsichtige Ausblick der Zentralbank stieß auf Überraschung und führte zu einem deutlichen Rückgang der Aktienkurse.

Jeremy Siegel: "Ein notwendiger Realitätstest"

Jeremy Siegel, renommierter Finanzprofessor an der Wharton School, wertet den Ausverkauf als gesund und notwendig. Die Märkte hätten sich in einer übermäßig optimistischen Haltung befunden, die durch den vorsichtigen Ansatz der FED ein Realitätscheck erfahren habe. „Der Markt war zu optimistisch, daher überrascht mich der Ausverkauf nicht“, erklärte Siegel gegenüber CNBC. Zudem wies er auf die robuste US-Wirtschaft hin, die trotz hoher kurzfristiger Zinsen stärker als erwartet geblieben sei. Die jüngste Inflationsrate lag im November bei 2,7 % und zeigte damit eine Zunahme anstelle eines erwarteten Rückgangs.

Tom Lee: „Eine Gelegenheit, Positionen aufzustocken“

Tom Lee, Marktanalyst bei Fundstrat Global Advisors, sieht den Rückgang als kurzfristige Reaktion und rät Anlegern zur Ruhe. „Die Fundamentaldaten haben sich nicht verändert, und deshalb sehe ich dies als eine Chance, Positionen aufzustocken“, betonte er. Obwohl der Ton der FED als hart empfunden wurde, bleibe die Zentralbank im Grunde marktfreundlich. Lee erwartet, dass die Panikreaktion nur von kurzer Dauer sein wird.

Andrew Slimmon: Mehr Volatilität nötig

Auch Andrew Slimmon, Portfoliomanager bei Morgan Stanley, betrachtet den Ausverkauf als positiv. Laut Slimmon fördern solche Bewegungen eine gesunde Selbstreflexion unter Investoren. „Wir brauchen mehr Volatilität, um den Marktteilnehmern klarzumachen, dass sie Risiken kontrollieren müssen“, erklärte er. Besonders in den letzten Monaten sei das Risiko oft zu sorglos eingegangen worden, was langfristig schädlich für die Stabilität der Märkte sei.

Bank of America: Warnsignale bei niedrigen Cash-Reserven

Eine weitere Sorge meldete die Bank of America. Laut einer aktuellen Umfrage unter Fondsmanagern sind die Cash-Reserven in Portfolios auf ein Rekordtief von 3,9 % gesunken. Dies könnte ein Indikator für eine bevorstehende Marktkorrektur sein. Die Bank warnte, dass ein solch niedriger Bargeldanteil in der Vergangenheit häufig zu Kursverlusten von durchschnittlich 2,4 % im folgenden Monat geführt habe. Gleichzeitig könnten Investoren Kapital aus den USA abziehen und verstärkt in günstigere internationale Märkte wie Europa und Asien investieren.

UBS: Droht eine Aktienblase?

UBS analysiert die wachsende Gefahr einer Aktienblase. Sechs von sieben Voraussetzungen für eine solche Blase seien bereits erfüllt, darunter die Konzentration des Marktanstiegs auf wenige Aktien, ein starker Einfluss privater Investoren und der Glaube an eine „andersartige“ Marktphase. Die einzige noch fehlende Komponente sei eine lockere Geldpolitik. UBS schätzt die Wahrscheinlichkeit einer Blasenbildung im nächsten Jahr auf 35 %. Um sich gegen mögliche Risiken zu wappnen, empfiehlt die Bank Investitionen in fair bewertete Unternehmen im Bereich Künstliche Intelligenz und Elektrifizierung, wie TSMC, Meta Platforms oder PG&E.

Cathie Wood: Bitcoin mit großem Potenzial

Cathie Wood, CEO von ARK Investment Management, bleibt optimistisch, was Bitcoin betrifft. Sie prognostiziert, dass der Preis der Kryptowährung bis 2030 auf über 1 Million USD steigen könnte. Begründet wird dies mit einer lockeren Regulierung sowie der begrenzten Anzahl von 21 Millionen Bitcoins, die im Umlauf sein können. „Bitcoin wird seltener als Gold“, erklärte sie. Im Gegensatz zu Gold könne ein höherer Preis nicht zu einem Anstieg des Angebots führen, da die Gesamtmenge festgelegt sei.

Fazit

Die aktuellen Entwicklungen an den Aktienmärkten zeigen, dass trotz kurzfristiger Unsicherheiten langfristige Chancen bestehen. Während die Vorsicht der FED die übermäßigen Erwartungen dämpfte, sehen Experten wie Tom Lee und Cathie Wood in der Volatilität auch Gelegenheiten. Gleichzeitig mahnen Institutionen wie die Bank of America und UBS zur Risikokontrolle, um möglichen Marktkorrekturen oder Blasen vorzubeugen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmen
Unternehmen United Internet-Aktie unter Druck: 1&1 reduziert Prognose
30.06.2025

1&1 senkt überraschend seine Gewinnprognose trotz zuletzt guter Börsenstimmung. Der Grund: deutlich höhere Kosten beim nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Inflation in Deutschland sinkt im Juni auf 2,0 Prozent: Energiepreise entlasten
30.06.2025

Die Inflation in Deutschland hat im Juni einen überraschenden Tiefstand erreicht – doch nicht alle Preise sinken. Was bedeutet das für...

DWN
Politik
Politik Trumps Schritte im Nahen Osten: Nur der Anfang eines riskanten Spiels
30.06.2025

Donald Trump bombardiert den Iran, erklärt die Waffenruhe – und feiert sich selbst als Friedensbringer. Experten warnen: Das ist erst...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Raucherpause im Job: Ausstempeln erforderlich?
30.06.2025

Raucherpause im Job – ein kurzer Zug an der Zigarette, doch was sagt das Arbeitsrecht? Zwischen Ausstempeln, Betriebsvereinbarung und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Lufthansa sichert sich Anteile an Air Baltic – trotz Bedenken
30.06.2025

Die Lufthansa steigt bei der lettischen Fluggesellschaft Air Baltic ein – jedoch nicht ohne Bedenken der Kartellwächter. Was bedeutet...

DWN
Politik
Politik Kanada knickt ein: Handelsgespräche mit den USA nach Steuer-Rückzug wieder aufgenommen
30.06.2025

Die Regierung von Premierminister Mark Carney muss einlenken: Kanada streicht die Digitalsteuer für US-Konzerne – sonst drohen massive...

DWN
Politik
Politik Analyse: „Achse des Bösen“ knistert – Iran hat keine Freunde
30.06.2025

Die „Achse des Bösen“ wackelt: Nach den westlichen Angriffen auf Iran schweigen Russland, China und Nordkorea auffällig. Für den...

DWN
Politik
Politik Iran droht Trump indirekt mit dem Tod – Waffenruhe in Gaza in Sicht?
30.06.2025

Zwischen Drohungen, Diplomatie und geopolitischem Kalkül: Der Iran richtet scharfe Worte an Donald Trump und spricht gleichzeitig über...