Die Umfrage, die von Bain & Company weltweit unter 700 Managern aus den Bereichen Kraftstoffe, Energie, Bergbau, Chemie und Landwirtschaft durchgeführt wurde, zeigt einen klaren Pessimismus. Demnach glauben 44 Prozent der Befragten, dass die Welt erst im Jahr 2070 oder später klimaneutral wird – also zu einem Zeitpunkt, an dem die Treibhausgasemissionen so weit gesenkt wurden, dass sie durch natürliche Prozesse wie Wälder und Ozeane ausgeglichen werden können. Nur 32 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Klimaneutralität bis 2050 erreicht wird, und 24 Prozent rechnen mit einem Erreichen des Ziels im Jahr 2060.
Ein Jahr zuvor war die Stimmung noch deutlich optimistischer. Damals meinten 38 Prozent der Manager, dass es bis 2050 möglich sein würde, Klimaneutralität zu erreichen, während 31 Prozent einen Zeitraum bis 2060 und ebenfalls 31 Prozent bis 2070 oder später angaben.
Investitionskosten und Kundenunwilligkeit als Hauptbarrieren
Die Hauptursache für die zunehmende Skepsis liegt in den immer höheren Investitionskosten, die zur Erreichung von Klimaneutralität erforderlich sind. Mehr als drei Viertel der Befragten gaben an, dass die Kosten für entsprechende Investitionen im vergangenen Jahr um mindestens 5 Prozent gestiegen sind. Ein Zehntel der Unternehmen berichtete sogar von einem Anstieg von über 20 Prozent.
Ein weiteres großes Hindernis, das in der Studie hervorgehoben wird, ist die mangelnde Bereitschaft der Kunden, für umweltfreundlichere Produkte einen höheren Preis zu zahlen. 69 Prozent der Manager bezeichneten dies als ein erhebliches Problem, da es schwierig ist, eine angemessene Kapitalrendite zu erzielen, wenn der Preis für grüne Produkte nicht entsprechend angepasst wird. Daneben beobachten die Unternehmen einen Rückgang der Unterstützung durch Aktionäre für Investitionen in die Dekarbonisierung.
Zu weiteren Herausforderungen zählen die instabile Regierungspolitik sowie der fehlende Zugang zu Kapital, der die Umsetzung von Investitionen in umweltfreundliche Technologien erschwert.
Wachsender Energiebedarf durch KI
Trotz der pessimistischen Einschätzung bezüglich der Klimaneutralität zeigen sich die Manager hinsichtlich der Entwicklung der künstlichen Intelligenz (KI) optimistisch. Doch dieser Optimismus bringt neue Herausforderungen mit sich. Die zunehmende Nutzung von KI führt zu einem rapiden Anstieg des Energiebedarfs, vor allem in Rechenzentren. Bain & Company schätzt, dass der Strombedarf dieser Einrichtungen bis 2027 um 100 Prozent steigen könnte und damit 2,6 Prozent des gesamten BIP an Energieverbrauch ausmachen würde.
Marcin Szczuka, Partner bei Bain & Company, warnt: „Der Energiesektor muss auf diesen Anstieg reagieren, indem er neue Energiemanagementstrategien umsetzt und in Lösungen zur Effizienzsteigerung investiert.“
Die befragten Energieunternehmen scheinen jedoch zuversichtlich, dass es möglich ist, diesen steigenden Energiebedarf zu decken. 84 Prozent der Vertreter von Energieunternehmen glauben, dass neue erneuerbare Energiequellen an Land diesen Bedarf abdecken können. Nur 15 Prozent der Befragten erwägen, zusätzliche Kapazitäten im Bereich der Kernenergie aufzubauen.
Ein langer Weg zur Klimaneutralität
Die zunehmende Skepsis und der Pessimismus in Bezug auf die Klimaneutralität bis 2050 sind ein deutliches Zeichen für die enormen Herausforderungen, denen Unternehmen und Regierungen gegenüberstehen. Der Weg zu einer nachhaltigen Zukunft könnte sich noch weiter verzögern, insbesondere angesichts der hohen Investitionskosten und der unsicheren politischen Rahmenbedingungen. Ein weiteres Problem stellen die Kundenwünsche dar, die oft nicht mit den Preisvorstellungen für grüne Produkte übereinstimmen.
Obwohl die Technologieentwicklung, insbesondere im Bereich der KI, das Potenzial für Effizienzsteigerungen birgt, wird der Energiebedarf weiter steigen. In diesem Spannungsfeld müssen Unternehmen und Regierungen langfristige, nachhaltige Lösungen finden, um die Klimaziele zu erreichen – eine Aufgabe, die immer anspruchsvoller wird.