Börsen-Blasen-Strategie: Is it best to ride them out?
Die (investierende) Menschheit rätselt seit jeher – und in diesen Monaten noch mehr als sonst: Wie erkenne ich eine Börsen-Blase? Hohe Bewertung, klingt gut, kann aber auch völlig falsch sein. Goldmann Sachs hat in einer verblüffenden PowerPoint-Folie mit vielen kleinen aufgemalten Punkten nachgewiesen, dass hohe Bewertung kein guter Timing-Indikator ist. So zum Beispiel Amazon - hatte irgendwann Anfang der Zweitausender ein KGV von 70 und die Bankberater haben gesagt: viel zu teuer, nicht kaufen - und danach sind die Aktien noch mal mehr als 10.000 Prozent weiter gestiegen.
Letztlich ist wohl noch wichtiger als das KGV die überzeugende Zukunfts-Story eines Unternehmens. Vielleicht sollte man den schönen Satz: „Shocks like pandemics, tsunamis and wars are inevitable, but since they cannot be predicted, it is best to ride them out“ auch auf Bubbles übertragen - einfach aussitzen, mit der Hausse nach oben schwimmen und dann den Crash mitnehmen. Wie Chuck Prince gesagt hat: Solange die Musik spielt, muss man tanzen. Klar, kann auch schiefgehen: die deutsche Technologie-Börse Neuer Markt ist Anfang der Zweitausender um 98 % gefallen und nur vereinzelt wieder zurückgekommen.
Aber: Timing ist bekanntlich sehr schwierig und zwar gleich doppelt: Man muss nicht nur den richtigen Zeitpunkt zum Ausstieg erwischen, sondern beim meist sehr plötzlichen Aufschwung auch zum Wieder-Einstieg. Mindestens einen dieser Zeitpunkte verpassen die meisten. Und dann ist die Differenz für immer verloren. The problem with bubbles is that they force one to decide whether to look like an idiot before the peak, or an idiot after the peak (John Hussmann).
Vorsichtige Gewinn-Mitnahme?
Vorsichtige Anlageberater empfehlen, auf dem Weg nach oben immer mal wieder eine kleine Tranche zu verkaufen, also nicht ganz raus, sondern nur so, dass man seinen Einsatz jedenfalls zurückhat, wenn das Papier abstürzt. Man hat nicht so ein großes Klumpenrisiko und hat diversifiziert angelegt. Häufig aber auch schlechter angelegt. Der einzig wirklich vernünftige Grund, eine Aktie zu verkaufen, ist, dass man glaubt, dass die Zugewinnmöglichkeiten woanders höher sind. Das Richtige zum falschen Zeitpunkt zu tun ist bekanntlich auch falsch.
Signalfeedback
Vielleicht ist das, was man früher politisch inkorrekt, die „Milchmädchen-Hausse“ nannte, ein guter Anhaltspunkt. Wenn alle das Gleiche sagen, dann kommt es vermutlich anders. Man nennt das auch Signalfeedback, d.h. dass dieselben Informationen von allen Medien, Nachbarn und Freunden kolportiert werden. Durch die Häufung dieser Informationen von unterschiedlichen Personen glaubt man, sie seien jeweils individuell, durchdacht und folglich sicher. In Wahrheit haben alle voneinander abgeschrieben und nachgeplappert. Das deutet daraufhin, dass man vor allem dann misstrauisch werden sollte, wenn viele Leute euphorisch werden, bei denen man den Verdacht hegen muss, dass sie eher wenig Ahnung haben, also früher Milchmädchen, heute: TikTok-Influencer. So war es in der Dot.com Blase. Die Leute haben die Geschäftsmodelle nicht mal verstanden, die waren auch wahrscheinlich großenteils gar nicht verständlich. Gewinne? Die Cash Burn Rate war entscheidend.
König Midas-Syndrom
Deshalb ist es für mich persönlich ein brauchbares Warnsignal für eine Blasenbildung, wenn man selbst mit heißen Wangen und leuchtenden Augen vor den Freunden anfängt, mit seinen Börsen-Erfolgen zu prahlen. Wenn man glaubt, alles, was man anfasst, werde zu Gold. Dann beginnt die Selbstüberschätzung, die Hybris, dann ist Gefahr im Verzug. Dann wäre es Zeit, auszusteigen, aber gerade dann ist man ja von Gier und Größenwahn infiziert und schafft es nicht.
Wie dem auch sei, es ist sowieso besser den Mund zu halten und sich über die eigenen Investments auszuschweigen. Für solche Äußerungen haben die Leute ein seltsam langes Gedächtnis. Besonders wenn eine Aktie crasht, erinnern sie sich sehr gut daran, dass man vor einem halben Jahr damit angegeben hatte, dort investiert zu sein. Und wenn Freunde einen nach Tipps fragen, ist es doch klüger zu antworten: Ich gebe ungerne Börsentipps, immer wenn ich welche gebe, stürzt die Aktie anschließend ab. Wenn ich dir einen Tipp gebe, dann solltest du also vielleicht lieber short gehen - Und alle sind happy.