Politik

Polen-Wahl: Rechtskonservativer Karol Nawrocki gewinnt Stichwahl in Polen

Der rechtskonservative Bewerber Karol Nawrocki hat die Polen-Wahl knapp gewonnen. Führende Medien des Landes erklärten ihn am frühen Morgen zum Wahlsieger, die offizielle Bestätigung durch die Wahlkommission in Warschau folgte nach Auszählung aller Stimmen. Kippt nun die Machtbalance zwischen Warschau, Brüssel und Berlin? Welche Folgen drohen jetzt?
02.06.2025 08:08
Lesezeit: 3 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Polen-Wahl: Rechtskonservativer Karol Nawrocki gewinnt Stichwahl in Polen
Der Präsidentschaftskandidat Karol Nawrocki, der von der rechten Partei Recht und Gerechtigkeit unterstützt wird, begrüßt seine Anhänger (Foto: dpa). Foto: Czarek Sokolowski

Polen-Wahl bringt konservativen Sieger hervor: PiS feiert Rückkehr ins höchste Amt

Der Triumph des 42-jährigen EU-Kritikers deutet auf einen Kurswechsel in der Innen- und Außenpolitik des Nachbarstaates hin, der sowohl in der Nato als auch in der EU eine bedeutende Rolle innehat. Der historisch ausgebildete, politisch unerfahrene Nawrocki kam laut vorläufigem Ergebnis der staatlichen Wahlkommission bei der Stichwahl auf 50,89 Prozent. Sein Rivale, der proeuropäische Bürgermeister von Warschau, Rafal Trzaskowski, erreichte 49,11 Prozent. Beide sammelten mehr als zehn Millionen Stimmen, wobei Nawrocki rund 370.000 Stimmen voraus lag.

Zwar trat Nawrocki als Unabhängiger auf, wurde jedoch von der rechtskonservativen PiS unterstützt, die von 2015 bis 2023 regierte. Die Partei, aus deren Reihen auch der bisherige Präsident in Polen, Andrzej Duda, stammte, reformierte das Justizsystem radikal und geriet dadurch dauerhaft in Konflikt mit der EU. Seit 2023 lenkt wieder ein Mitte-Links-Bündnis unter Donald Tusk das Land, der als ehemaliger EU-Ratspräsident zurückkehrte. Doch die Spannungen mit Präsident Duda blieben. Duda, der nach zehn Jahren nicht erneut kandidieren durfte, blockierte viele Pläne Tusks mithilfe seines Vetorechts. Mit Trzaskowski als Präsident in Polen hatte Tusk auf ein Ende dieser Blockaden gehofft.

Außenpolitische Spannungen mit Berlin denkbar

Polen unterstützt die Ukraine seit Beginn des russischen Angriffs. Das Land mit fast 38 Millionen Einwohnern rüstet stark auf, da es sich ebenfalls durch Russland bedroht sieht. Im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Staaten gibt es in Polen keine nennenswerte prorussische Bewegung. Bisher herrschte Einigkeit zwischen Duda und Tusk in der Unterstützung der Ukraine – ein Konsens, der mit Karol Nawrocki als Präsident in Polen wackeln könnte. Dieser sprach sich klar gegen eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine aus.

Während sich unter Tusk die Beziehungen zu Deutschland verbesserten, könnte die Polen-Wahl nun einen Richtungswechsel bedeuten: Nawrocki äußerte sich im Wahlkampf kritisch gegenüber Berlin, suchte die Nähe zu Donald Trump und forderte erneut Reparationen für die von Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg verursachten Schäden. In der EU will er sich nichts vorschreiben lassen, betonte Nawrocki mehrfach.

Polen-Wahl offenbart politische Spaltung

Eine erste Prognose sah am Wahlabend Trzaskowski vorne, woraufhin sich der 53-Jährige früh als Sieger präsentierte. Doch der links orientierte Sozialwissenschaftler gilt selbst in seiner Partei als polarisierend – vor allem in den ländlichen, katholisch geprägten Regionen des Landes kam das nicht gut an.

Die über Nacht eintreffenden Resultate unterstrichen die tiefe gesellschaftliche Spaltung in Polen, das in den letzten Jahren große ökonomische Fortschritte gemacht hat. In den urbanen Zentren wie Warschau, Krakau oder Lodz, die vom Aufschwung stark profitierten, dominierte Trzaskowski. In ländlichen Gegenden setzte sich hingegen Nawrocki durch, was den Ausgang der Polen-Wahl maßgeblich beeinflusste. Ein möglicher Grund für Trzaskowskis Niederlage: Das linksliberale Lager mobilisierte nicht alle Wähler. Zwar lag die Beteiligung mit 71,63 Prozent rund drei Prozentpunkte höher als vor fünf Jahren – doch bei der Parlamentswahl 2023, als die PiS besiegt wurde, hatte sie bei 74,4 Prozent gelegen.

Vom Boxring an die Staatsspitze

"Wir werden siegen und Polen retten. Wir werden nicht zulassen, dass Donald Tusks Macht sich festigt", erklärte Nawrocki nach der ersten Hochrechnung. Er leitete bisher das Institut für Nationales Gedenken (IPN), vergleichbar mit der früheren Stasi-Unterlagen-Behörde in Deutschland. Seine Vergangenheit als Amateurboxer und Türsteher in einem Luxushotel brachte ihm Aufmerksamkeit und bei manchen Sympathien. Besonders bei jungen Wählern sorgte das für Aufsehen. Bereits im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten Nawrocki und noch rechtere Kandidaten gemeinsam eine Mehrheit errungen – ein deutliches Zeichen bei dieser Polen-Wahl.

Die Amtszeit des Präsidenten in Polen beträgt fünf Jahre. Im Gegensatz zum deutschen Bundespräsidenten hat er weitreichendere Kompetenzen: Er vertritt das Land international, bestimmt den Regierungschef sowie das Kabinett mit und ist im Kriegsfall Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Entscheidend ist sein Vetorecht, mit dem er politische Vorhaben maßgeblich beeinflussen kann.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen BMW-Aktie: Grüner Move beim bayrischen Autobauer – neuer iX3 besteht zu einem Drittel aus Recycling
17.08.2025

Mit dem neuen iX3, dem ersten Elektroauto der neuen Klasse, verfolgt BMW erstmals einen ganzheitlichen Ansatz zur Reduzierung seines...

DWN
Politik
Politik Tarnung 4.0: Bundeswehr rüstet sich für urbane Einsätze
17.08.2025

Die Bundeswehr stellt ihre Kampfbekleidung auf Multitarn um. Ab 2026 soll der Multitarndruck das alte Flecktarnmuster ablösen. Die...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenturbulenzen? So machen Sie Ihr Wertpapierdepot krisenfest
17.08.2025

Börsenkurse schwanken, politische Unsicherheiten nehmen zu – und das Depot gerät ins Wanken. Wie schützen Sie Ihr Vermögen, ohne...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Digitale Erschöpfung: Wie Technologien helfen können, die Überlastung durch Technologien zu lindern
17.08.2025

Müde, obwohl Sie ausgeschlafen sind? Reizbar, obwohl nichts passiert ist? Der Grund könnte digitale Erschöpfung sein – ein stiller...

DWN
Finanzen
Finanzen Gruppeneffekt an der Börse: Wenn Freunde das Portfolio steuern
17.08.2025

Unsere finanziellen Entscheidungen sind oft weniger durchdacht, als wir glauben. Menschen in unserem Umfeld können erheblichen Einfluss...

DWN
Panorama
Panorama Dienstleister für Visa und ETA: Zwischen Hilfe und Abzocke – was Sie wissen müssen
17.08.2025

Reisen wird komplizierter: In vielen Ländern reicht der Reisepass nicht mehr. Visa, ETA oder digitale Einreisekarten sind nötig....

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerhinterziehung: Zahl der Betriebsprüfungen geht seit Jahren zurück - das bringt Probleme mit sich
17.08.2025

Der Kampf gegen Steuerhinterziehung ist immer wieder ein erklärtes Ziel der Politik. Doch in der Realität gibt es immer weniger...

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...