Russischer Großangriff auf Kiew – zahlreiche Opfer gemeldet
Im Ukraine-Krieg hat Russland in der Nacht eine außergewöhnlich intensive Serie von Drohnenangriffen und Marschflugkörper-Einsätzen gestartet. Verschiedene Medien meldeten massive Angriffe auf Kiew sowie auf weitere größere Städte und westliche Regionen der Ukraine. Wie das Nachrichtenportal "The Kyiv Independent" unter Berufung auf Bürgermeister Vitali Klitschko berichtete, wurden in Kiew mindestens vier Menschen getötet und 20 verletzt. Im ganzen Land sei Luftalarm ausgelöst worden.
Nach Informationen der ukrainischen Luftwaffe seien mehrere russische Langstreckenbomber gestartet, die möglicherweise bereits Marschflugkörper abgefeuert hätten. In zahlreichen Städten habe es Detonationen gegeben. Diese Berichte konnten zunächst nicht unabhängig bestätigt werden. In der Folge der nächtlichen Attacken seien in Kiew Brände in Wohnhäusern ausgebrochen. Auch andere zivile Infrastruktur sei betroffen, teilte der "Kyiv Independent" mit. Neben den Explosionen seien in mehreren Stadtteilen Trümmer auf Gebäude gestürzt. Laut Militärverwaltung drohten im Osten der Hauptstadt zeitweise Stromausfälle.
Russland kündigt Reaktion an
Zunächst war unklar, ob dieser Angriff die erwartete Reaktion Russlands auf den jüngsten ukrainischen Schlag gegen seine Bomberflotte im Ukraine-Krieg darstellt. Bei der Aktion hatte der ukrainische Geheimdienst nach monatelanger Planung mehrere russische Luftwaffenstützpunkte attackiert. Von diesen Basen aus starteten bisher regelmäßig Einsätze gegen ukrainisches Gebiet. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach in diesem Zusammenhang von einem "absolut brillanten Erfolg" seines Geheimdienstes SBU. Die Operation sei die bislang weitreichendste der Ukraine im gesamten Ukraine-Krieg gewesen.
Nach Angaben des SBU seien bei diesen Angriffen, darunter einer nahe Irkutsk in Sibirien, über 40 Maschinen zerstört worden. Der Gesamtschaden belaufe sich auf sieben Milliarden US-Dollar (6,1 Milliarden Euro). Russland habe damit rund 34 Prozent seiner strategischen Bomberflotte verloren, die für den Einsatz von Marschflugkörpern vorgesehen ist. Diese hohe Zahl konnte durch veröffentlichte Satellitenbilder aus den USA nicht zweifelsfrei belegt werden. Die Aufnahmen zeigten allerdings mehrere zerstörte oder schwer beschädigte Kampfbomber der Typen Tupolew Tu-95 und Tu-22. Diese Maschinen wurden im Ukraine-Krieg sowohl für konventionelle Angriffe genutzt als auch zur nuklearen Abschreckung. Laut russischem Verteidigungsministerium wurden bei den Angriffen lediglich einige Flugzeuge bei Murmansk und Irkutsk beschädigt. Moskau stufte die Angriffe als "Terrorakt" ein.
Trump berichtet von Putins Ärger
Zunächst hatte sich der Kreml zu der für ihn unangenehmen Attacke auf russischem Staatsgebiet nicht geäußert. Die Reaktion Putins wurde dann von Ex-US-Präsident Donald Trump publik gemacht. Nach einem Telefonat mit dem Kremlchef erklärte Trump, dieser habe "sehr deutlich gesagt", dass eine Reaktion auf die ukrainischen Angriffe erfolgen müsse.
Später äußerte sich auch Kremlsprecher Dmitri Peskow und kündigte indirekt eine Vergeltung für den ukrainischen Schlag gegen die Bomber an. Russlands Antwort werde zum passenden Zeitpunkt und mit geeigneten Mitteln erfolgen, "die unsere Militärs für notwendig erachten".
Handelserleichterungen enden zeitgleich mit Angriff
Fast gleichzeitig mit dem russischen Angriff im Ukraine-Krieg liefen die Handelserleichterungen der EU für die Ukraine aus, mit denen das Land drei Jahre lang ökonomisch gestützt wurde. Nach Angaben der EU-Kommission traten um Mitternacht mitteleuropäischer Zeit neue Übergangsregelungen in Kraft. Diese gelten, bis ein frisches Handelsabkommen ausgehandelt ist.
Etwa 100 Tage nach dem Beginn des Ukraine-Kriegs im Jahr 2022 hatte die EU Zölle auf ukrainische Waren ausgesetzt, um die Wirtschaft des Landes zu stärken. Die Regelung wurde im vergangenen Jahr verlängert, allerdings mit neuen Auflagen für bestimmte Lebensmittelimporte. Vor allem Bauern in Osteuropa kritisierten die Zollfreiheit wegen Wettbewerbsnachteilen. Die Debatte über wirtschaftliche Unterstützung der Ukraine bleibt angesichts der Eskalationen durch Drohnenangriffe und Luftschläge weiter hochaktuell.