Droht ein Börsencrash? Zwei Krisenszenarien könnten den Kollaps auslösen
Ein sich verschärfender Nahost-Konflikt, geopolitische Machtverschiebungen und volatile Rohstoffpreise könnten nach Ansicht mehrerer Experten eine Kettenreaktion an den Finanzmärkten auslösen. Angesichts der angespannten Lage zwischen Israel und dem Iran rücken zwei Szenarien in den Fokus, die nach Einschätzung von Analysten einen weltweiten Börseneinbruch zur Folge haben könnten: Erstens eine Unterbrechung des Schiffsverkehrs durch die Straße von Hormus, zweitens eine Eskalation, die die USA militärisch bindet – mit globalen strategischen Folgen.
Jonathan Federle, Kriegsökonom und Forscher am Institut für Weltwirtschaft in Kiel, warnt vor den Konsequenzen eines weiter eskalierenden Konflikts. Zwar hätten viele Großmächte ein wirtschaftliches Interesse an einer Stabilisierung – doch die Dynamik vor Ort sei kaum zu kontrollieren. „Nicht nur der Westen, auch China will keine Ölpreisexplosion“, so Federle.
Chinas Einfluss auf Teheran – und die globale Preisstabilität
China, Hauptabnehmer iranischen Öls, könnte durch diplomatischen Druck auf den Iran ein Gegengewicht zur Eskalation schaffen. Aus Pekings Sicht sei ein stabiler Ölpreis geopolitisch und wirtschaftlich von zentraler Bedeutung. Aktuell zeigt sich die Nervosität der Märkte: Am Dienstag sprang der Brent-Ölpreis um knapp drei Prozent auf 74,50 Dollar.
Noch sei der Anteil der iranischen Exporte mit 1,5 Millionen Barrel pro Tag am globalen Markt überschaubar. Doch laut Federle gehe es bei den Preisschwankungen weniger um Knappheit als vielmehr um „die Angst vor einer regionalen Ausweitung der Gewalt“. Sollte es zu einem Exportausfall kommen, könnte die OPEC eingreifen und die Produktionsmenge erhöhen – das wäre ein Versuch, den globalen Preis zu stabilisieren.
Droht ein Börsencrash bei einem Ölpreis von 100 Dollar?
Deutlich pessimistischer zeigt sich Charles Gave, Gründer des Analysehauses Gavekal. Er prognostiziert eine Eskalation, bei der Israel gezielt versuchen könnte, die iranischen Ölexporte zu unterbinden, um das Regime in Teheran zu schwächen. In diesem Fall rechnet Gave mit einem Ölpreis von 100 Dollar pro Barrel – und einem globalen Crash auf Aktien- und Anleihemärkten.
Gave verweist auf historische Parallelen: Auch im ersten Irakkrieg nach dem Einmarsch Saddam Husseins in Kuwait sei der Ölpreis kurzfristig explodiert, um danach wieder zu sinken. Sollte es heute zu einem Regimewechsel in Teheran kommen, hält Gave ein Absinken des Ölpreises auf etwa 70 Dollar für realistisch.
Militärische Eskalation: Ein Spiel mit dem Feuer
Jonathan Federle sieht in einer möglichen US-Intervention das größte Risiko: Sollte Washington gezwungen sein, Truppen von Europa in den Nahen Osten zu verlegen, könnte Russland versuchen, dies zu nutzen, um seine Position in der Ukraine zu stärken. Noch gefährlicher wäre ein opportunistisches Vorgehen Chinas gegenüber Taiwan – im Glauben, dass die USA auf mehreren Kriegsschauplätzen überfordert wären. „Das wäre das schlimmste Szenario für die globalen Finanzmärkte“, warnt Federle.