Politik

Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich

Chinas harsche Kritik an den US-Angriffen auf Iran täuscht über Pekings wahres Kalkül hinweg. Im Hintergrund geht es um knallharte Wirtschaftsinteressen – und die Angst vor Donald Trump.
23.06.2025 13:23
Lesezeit: 2 min
Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..
Aus Angst vor Trump: China lässt den Iran im Stich
UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnt vor Aufruhr. (Foto: dpa) Foto: Kay Nietfeld

Peking attackiert USA und Israel scharf

China hat die USA und Israel in scharfen Worten für die jüngsten Angriffe auf den Iran verantwortlich gemacht und zu einer sofortigen Deeskalation aufgerufen. Gleichzeitig will sich die Regierung in Peking jedoch aus dem Konflikt heraushalten – auch um den mühsam errungenen Handelsdeal mit Donald Trump nicht zu gefährden, wie Experten betonen.

Bei einer außerordentlichen Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats am Sonntag, die auf Antrag Irans nach den US-Angriffen auf drei iranische Atomanlagen einberufen wurde, äußerten China und Russland scharfe Kritik an Washington und Tel Aviv. „Die USA haben die Spannungen im Nahen Osten weiter verschärft. China verurteilt die Angriffe der USA auf den Iran und die Bombardierung der Atomanlagen aufs Schärfste“, erklärte der chinesische UN-Botschafter Fu Cong während der Sitzung. Zusammen mit Russland und Pakistan forderte China einen sofortigen und bedingungslosen Waffenstillstand. UN-Generalsekretär António Guterres warnte indes vor einem globalen „Teufelskreis aus Vergeltungsschlägen“, der die Welt in einen Strudel aus Gewalt und Instabilität ziehen könnte.

Chinas Einfluss im Nahen Osten steht infrage

Die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten wird für China jedoch zunehmend zur politischen Zerreißprobe. Die Ereignisse legen laut Beobachtern schonungslos offen, wie schwach Pekings tatsächlicher diplomatischer Einfluss in der Region ist. „Der anhaltende Konflikt zwischen Iran und Israel bringt Peking in eine äußerst prekäre Lage, da China enge wirtschaftliche und strategische Beziehungen zu Teheran unterhält. Peking will keinesfalls in diesen Konflikt hineingezogen werden“, schreibt der Asien-Experte Dexter Roberts vom Atlantic Council in seinem Newsletter Trade War. Darüber hinaus wolle die chinesische Führung nichts unternehmen, das das fragile Handelsabkommen mit den USA gefährden könnte, so Roberts weiter.

In den vergangenen Jahren hatte die Regierung unter Xi Jinping verstärkt versucht, sich im Nahen Osten als diplomatischer Akteur zu positionieren. Xi inszenierte sich selbst als Friedensvermittler zwischen Israel und der als Terrororganisation eingestuften Hamas und rief die iranische Führung zur Zurückhaltung auf. Dieses Selbstbild Pekings gerät nun massiv ins Wanken.

USA demonstriert Stärke – China bleibt Zuschauer

„Kurzfristig könnte es für Peking sogar von Vorteil sein, wenn die USA durch die Eskalation zwischen Israel und Iran abgelenkt werden und den Pazifikraum aus den Augen verlieren“, analysiert Claus Soong vom Mercator Institute for China Studies (MERICS) in Berlin.

Doch der Druck, den die USA nun auf den Iran ausüben, demonstriere gleichzeitig auch die geopolitische Überlegenheit Washingtons. „Im Vergleich dazu bleibt China nichts anderes übrig, als zu Deeskalation aufzurufen – einen substanziellen Beitrag kann Peking kaum leisten“, so Soong. Am Sonntag setzten israelische Kampfflugzeuge ihre Angriffe auf zahlreiche Ziele im Iran fort, während iranische Raketenangriffe vor allem in Tel Aviv Schäden verursachten.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erklärte, dass sein Land seinen Zielen „nähergekommen“ sei, nachdem die USA nächtliche Luftschläge auf iranische Atomanlagen angeordnet hatten. Es war bereits das dritte Treffen des UN-Sicherheitsrats in New York seit Beginn der aktuellen Eskalation.

Pekings Doppelspiel: Friedensrhetorik und knallharte Interessen

Für Deutschland hat die Entwicklung eine doppelte Brisanz: Einerseits droht eine neue Flüchtlingswelle aus dem Nahen Osten, sollten sich die Kämpfe weiter verschärfen. Andererseits steht Berlin vor einem Dilemma – sich wirtschaftlich stärker an China zu binden, birgt geopolitische Risiken. Denn Chinas wankende Rolle im Iran-Konflikt zeigt, wie schwer berechenbar Peking im Ernstfall agiert.

China sieht sich im Iran-Israel-Konflikt in einer heiklen Zwangslage. Während Peking die Angriffe der USA und Israels scharf kritisiert, meidet die chinesische Führung konkrete Schritte, um die eigenen wirtschaftlichen Interessen nicht zu gefährden – insbesondere das fragile Handelsabkommen mit den USA. Gleichzeitig offenbart die Eskalation die Grenzen von Chinas diplomatischem Einfluss im Nahen Osten. Für Europa und Deutschland wächst damit die Unsicherheit, zumal die geopolitischen Spannungen direkte wirtschaftliche und sicherheitspolitische Folgen haben könnten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Vor diesen Herausforderungen steht der künftige Bahn-Chef
16.08.2025

Richard Lutz muss seinen Posten als Bahnchef räumen - und übergibt dabei zahlreiche Probleme an seinen Nachfolger. Kann der erfolgreicher...

DWN
Technologie
Technologie Laser gegen Putins Drohnen: Europas Hightech-Antwort auf den Krieg
16.08.2025

Während russische Drohnen den Himmel über Europa testen, setzen die Ukraine und die EU auf eine futuristische Waffe: Laser, die für...

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Bankenaufsicht warnt: Drei Risiken können das Finanzsystem erschüttern
16.08.2025

Er führt Europas Bankenaufsicht – und sieht drei Gefahren, die selbst starke Institute ins Wanken bringen könnten: geopolitische...

DWN
Politik
Politik Spitzbergen: Russland hat 100 Jahre nach dem Spitzbergen-Vertrag die Arktis genau im Blick
15.08.2025

Vor 100 Jahren wurde der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet – ein Abkommen mit besonderer geopolitischer Brisanz. Heute sorgen Norwegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Finanzministerium will private Investitionen erleichtern
15.08.2025

Das Finanzministerium plant Änderungen, die private Investitionen in Deutschland attraktiver machen sollen. Doch reichen neue Gesetze und...

DWN
Panorama
Panorama Steuerzahlerbund: Beamtenstatus kritisch hinterfragen
15.08.2025

Der Streit um den Beamtenstatus gewinnt an Schärfe: Politiker und Verbände ringen um Reformen, Kosten steigen, und Bürger fragen sich:...

DWN
Finanzen
Finanzen Symrise-Aktie: Aromenhersteller mit Riecher fürs Milliarden-Geschäft
15.08.2025

Symrise zählt zu den weltweit größten Herstellern von Duft- und Geschmackstoffen. Der Konzern aus Holzminden beliefert Kunden in mehr...

DWN
Politik
Politik Putin nutzt Alaska-Gipfel, um Trump wirtschaftliche Zugeständnisse abzuringen
15.08.2025

Während in Alaska die Kameras auf Donald Trump und Wladimir Putin gerichtet sind, will der Kreml den Ukraine-Krieg ausblenden – und den...