GPS-Jamming: Russland greift GPS-Systeme an
Die Zahl der Störungen von Satellitennavigationssystemen im Ostseeraum nimmt deutlich zu. Laut Hans Liwång, Professor an der Schwedischen Verteidigungsuniversität, hängt dies mit russischen Aktivitäten zusammen, die primär dem Schutz des eigenen Territoriums dienen sollen.
Die gemeldeten Störungen von GPS und anderen Navigationssystemen sind von einer Meldung pro Woche im Jahr 2023 auf durchschnittlich drei Meldungen pro Tag gestiegen. Dies zeigen Daten der schwedischen Verkehrsbehörde, die vom Radiosender Ekot ausgewertet wurden. Auch das betroffene Gebiet habe sich erheblich ausgeweitet.
Kriegsführung mit GPS-Störungen
In der modernen Kriegsführung werden Störsignale gezielt eingesetzt, um Präzisionswaffen unbrauchbar zu machen. „Präzisionsgelenkte Munition ist stark betroffen – intelligente Bomben verlieren ihre Zielgenauigkeit, kleine Drohnen sind regelmäßig Ziel von Spoofing und Störsendern“, erklärte Todd Humphreys, Professor für Luft- und Raumfahrttechnik an der University of Texas, gegenüber der Financial Times. Beim sogenannten Spoofing wird die exakte Position manipuliert, wodurch Flugkörper und Drohnen fehlgeleitet werden.
Hans Liwång betont allerdings, dass die Zunahme der Vorfälle noch kein unmittelbarer Hinweis auf eine akute Bedrohung sei. Bisher gebe es nur wenige Berichte über schwerwiegende Ausfälle. Selbst im zivilen Flugverkehr sieht er kein unmittelbares Risiko, da Radarsysteme die GPS-Navigation ergänzen. Dennoch müssten alternative Systeme zunehmend genutzt werden, was den Betrieb komplizierter mache.
Bedeutung für Deutschland und Europa
Für Deutschland ist die Entwicklung von besonderer Relevanz. Die Bundeswehr setzt in ihren Verteidigungsstrategien zunehmend auf vernetzte Systeme, bei denen GPS-Daten eine zentrale Rolle spielen. Störungen im Ostseeraum erhöhen die Verwundbarkeit von NATO-Einsätzen, aber auch die Risiken für den zivilen Luft- und Schiffsverkehr, der über Nord- und Ostsee enge Handelsrouten bedient. Damit sind nicht nur sicherheitspolitische, sondern auch wirtschaftliche Interessen Deutschlands direkt betroffen.
Moskau bestreitet jede Verantwortung, doch zahlreiche Hinweise deuten auf russische Störsender hin. Experten gehen davon aus, dass Russland über deutlich mehr und stärkere Systeme als noch vor einigen Jahren verfügt.
Das Forschungsinstitut FOI verweist zudem auf gezielte Einflussnahme. Fredrik Eklöf Marsten, Forschungsleiter am FOI, warnt vor Spoofing-Angriffen, die nicht nur Positionsangaben verhindern, sondern gezielt falsche Daten übermitteln. „Kombiniert mit Angriffen auf weitere Systeme steigt das Risiko erheblich“, so Marsten. Mehrere EU-Mitgliedstaaten hätten Russland inzwischen offiziell als Quelle der Störungen benannt.

