Unternehmensporträt

Zeigt her eure Schuhe! Wie die Heute Maschinenfabrik im 21. Jahrhundert erfolgreich bleibt

Die Schuhputzgeräte der Heute Maschinenfabrik mit rotierenden Bürsten sind weltweit im Einsatz. Im Laufe der über 100jährigen Geschichte hat das Unternehmen stets zur rechten Zeit die Weichen für die Zukunft gestellt. Den Großteil des Umsatzes macht es heute mit industrieller Reifenreinigung.
05.09.2025 16:45
Lesezeit: 3 min
Zeigt her eure Schuhe! Wie die Heute Maschinenfabrik im 21. Jahrhundert erfolgreich bleibt
Schuhputzmaschinen der Heute Maschinenfabrik stehen in Hotel- und Flughafenlobbies in aller Welt – dennoch setzt die Firma auf den deutschen Standort Solingen (Foto: Heute).

Heute Schuhputzmaschinen: Ein erfolgreiches Traditionsunternehmen - auch im 21. Jahrhundert

Meist stehen sie neben einem Aufzug oder der Eingangstür. So unauffällig, dass man sie leicht übersieht. Sie tragen Bezeichnungen wie „Der stilbewusste Empfangschef“, „Fleißiger Hausmeister“ oder schlicht „Glanzvoller Profi“. Schuhputzgeräte des Herstellers Heute Maschinenfabrik sind aus den Lobbies von Flughäfen und Hotels nicht wegzudenken. Man findet sie im deutschen Bundestag genauso wie im Schloss von Versailles, in Äthiopien und auf den Fidschi-Inseln, aber auch in Feuerwehrwachen, Polizeistationen und Zügen, ja sogar bei schuhverliebten Privatpersonen. Kurz: „Überall, wo ein gepflegtes Auftreten geschätzt wird“, so Geschäftsführer Christian Löwe.

Das Traditionsunternehmen aus Solingen ist Marktführer für klassische Schuhputzmaschinen. Seit die Brüder August und Wilhelm Heute den Grundstein im Jahr 1905 gelegt haben, hat sich die Produktion immer wieder dem Wandel der Zeit angepasst und so bis heute die Existenz des Unternehmens gesichert.

Ein Patent sichert die Zukunft des Unternehmens

Was die Brüder Heute mit der Herstellung von Schuhmachermaschinen begonnen hatten, verlagerte sich in den 50er Jahren zur Fertigung von Schuhputzmaschinen. Der Triumphzug des Sneakers auf allen gesellschaftlichen Ebenen machte klassisches Schuhputzen mit Politur und Bürste überflüssig. „Früher gab es allein in Deutschland neben Heute vier weitere Hersteller von Schuhputzmaschinen“, so Christian Löwe. „Hinzu kamen noch Hersteller in Italien und Spanien. Aktuell stellt in ganz Europa nur noch Heute Schuhputzmaschinen her.“

In den 1980er Jahren entwickelte Heute die erste Maschine für Sohlenreinigung, die schon bald in Serienproduktion ging. Im Jahr 2008 vollzog sich ein weiterer Wandel, der bis heute den wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens bestimmt. Die Maschinenfabrik ließ sich mit ProfilGate ein Verfahren zur professionellen Reinigung in Logistik- und Industriehallen patentieren: Ebenerdig eingebaute Reinigungsflächen speichern mechanische Energie in ihren Bürstenleisten, die dann bei der Überfahrt des Fahrzeugs in schrubbenden Bewegungen freigesetzt wird. Eine Fußmatte für Fahrzeuge.

Christian Löwe hatte früh erkannt, dass es für die Einhaltung von Hygiene-Standards zwar Schleusen für Mitarbeiter gab, nicht jedoch für Transportfahrzeuge, die Schmutz in die Fabrikhallen beförderten. ProfilGate kommt inzwischen weltweit in unterschiedlichen Branchen von Automotive bis Pharma zum Einsatz: „Für die Lebensmittelindustrie zum Beispiel wurde ProfilGate Aqua entwickelt, das Nassreinigung und Desinfektion kombiniert“, so Christian Löwe.

Heute-Geschäftsführer Löwe: „Eine Produktion in Fernost wäre günstiger“

Während viele Betriebe ihre Produktion in Billiglohnländer verlagert haben, setzt Heute mit seinen 45 Mitarbeitern auf Handwerk, Motoren und Fertigung made in Germany. Christian Löwe: „Alle Heute Schuhputzmaschinen und Maschinen zur Sohlenreinigung werden bei uns im Haus am Standort Solingen nach wie vor in Handarbeit gefertigt.“ Künstliche Intelligenz kommt allenfalls bei der Recherche zum Einsatz, das Handwerk ist noch unersetzlich. Komponenten wie Wollgarnbürsten bezieht das Unternehmen aus dem Sauerland, einzig und allein den Elektromotor aus Belgien. Christian Löwe sieht Qualität und Langlebigkeit seiner Produkte sowie Kundenzufriedenheit als Alleinstellungsmerkmal. „Eine Produktion in Fernost wäre günstiger“, ist sich der Geschäftsführer sicher, komme aber aus genannten Gründen nicht in Betracht. Nur am Standort Solingen könne Heute Lösungen für individuelle Bedürfnisse anbieten, von spezifischen Materialien bis zu Sondermaßen. „Wir sind immer nah am Kunden“, erklärt Christian Löwe. „Da kann keine Konkurrenz aus Fernost mithalten.“

Der Anspruch: Nie die Größten, sondern die Besten zu sein

Ein weiterer Grund, der für Solingen spricht, sind die dort ansässigen Fachkräfte. Die amtliche Einführung des Namenszusatzes „Klingenstadt“ im Jahr 2012 trägt der langen Tradition der Herstellung von Messern, Scheren und anderen Schneidewerkzeugen Rechnung. Den Großteil des Umsatzes in Höhe von 12 Millionen Euro erwirtschaftet das Unternehmen mit der Reifenreinigung von ProfilGate. Die insgesamt 16 Schuhputzmaschinen-Modelle zwischen 300 und 3000 Euro pro Exemplar machen lediglich sieben Prozent des Umsatzes aus.

Christian Löwe leitet die Geschicke des Unternehmens seit 1995, als er das Geschäft von seinen Eltern übernahm. Das Ehepaar Löwe hatte die Heute Maschinenfabrik 1980 gekauft, nachdem sich nach drei Generationen Heute kein Nachfolger gefunden hatte. Das Leitmotiv des Firmengründers August Heute hat für Christian Löwe auch nach über 100 Jahren nach wie vor Bestand: „Wir wollten nie die Größten sein, sondern die Besten!“Statt weißer Sneaker wie viele seiner Kollegen in Chefetagen trägt Christian Löwe nach wie vor klassische Glattlederschuhe – „natürlich immer top gepflegt“, so der Geschäftsführer. Natürlich mit der Schuhputzmaschine, die im Eingangsbereich des Unternehmens steht. Wichtig sei es, die richtige Reihenfolge beim Putzen wie auf dem Gehäuse angegeben zu beachten. „Für das beste Ergebnis genügend Politur verwenden“, rät Christian Löwe. „Mit leichtem Druck an den weichen Wollgarnpolierbürsten die Politur gut verteilen – ein herrlich glänzender Lederschuh ergibt sich dann automatisch.“

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Cristina Prinz

                                                                    ***

Cristina Prinz ist freiberufliche Journalistin und Geschäftsführerin einer Agentur für Corporate Publishing. Sie schreibt Unternehmerportraits für die DWN. 

 

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