Traditionshaus Montblanc: Plädoyer für Handwerkskunst und Stil
John F. Kennedy unterschrieb damit, ebenso wie Barack Obama. Auch Nelson Mandela, Yoko Ono oder Johnny Depp zählen zu den prominenten Besitzern: Das Meisterstück, eingeführt 1924, gilt bis heute als das berühmteste Schreibgerät der Welt. Wer mit einem Füller von Montblanc schreibt, signalisiert mehr als nur Interesse am Schreiben. Es ist ein Plädoyer für Handwerkskunst und Stil. Die Federn werden bei Montblanc in Hamburg aus 14- oder 18-karätigem Gold gefertigt und tragen alle die Zahl 4.810, die Höhe des Mont Blanc. Für das Unternehmen ist dieses Wahrzeichen nicht nur Namensgeber, sondern auch Anspruch.
Die Anfänge der Firma reichen zurück ins Jahr 1906, als der Berliner Ingenieur August Eberstein, inspiriert durch einen Aufenthalt in den USA, begann, in Berlin Füllfederhalter zu produzieren. Füllfederhalter waren zu dieser Zeit noch eine Seltenheit, oft unzuverlässig und tropfanfällig, weshalb viele Menschen weiterhin mit Bleistift oder Griffeln schrieben. Eberstein wollte die Technik verbessern und suchte nach Partnern, um sein Geschäft auszuweiten. Gemeinsam mit dem Hamburger Bankier Alfred Nehemias, dem Unternehmer Johannes Voss und dessen Nachbarn Max Koch gründete er 1907 in Hamburg die „Simplo Filler Pen Company“. Der Name „Simplo“ stand für Einfachheit, ein Versprechen, das die junge Firma von Beginn an tragen sollte.
1909 kam mit dem „Rouge et Noir“ der erste international beachtete Füllfederhalter auf den Markt, ausgestattet mit einem innovativen, auslaufsicheren Mechanismus, der Montblanc sofort bekannt machte. Bereits ein Jahr später entschieden sich die Gründer für den Namen Montblanc. Der höchste Gipfel der Alpen sollte für Exzellenz, Beständigkeit und Qualität stehen. Ergänzt wurde dies 1913 durch das markante Logo in Form des weißen Sterns, dessen sechs Ausbuchtungen die Täler rund um das Mont-Blanc-Massiv symbolisieren.
Auf dieser Basis aus Symbolik und Identität konnte Montblanc schließlich jenes Produkt entwickeln, das die Marke endgültig in den Rang einer Ikone erhob, das Meisterstück. Der 1924 präsentierte Füllhalter kombinierte technologische Innovation mit zeitlosem Design und avancierte rasch zum exklusiven Aushängeschild der Marke sowie zum Symbol für Bildung, Macht und gesellschaftliches Prestige bei Künstlern, Schauspielern und Politikern. Zehn Jahre später war der Erfolg so groß, dass das Unternehmen in „Montblanc-Simplo GmbH“ umbenannt wurde.
Das daraus gewachsene Prestige pflegt Montblanc bis heute, mit einem sorgfältig kuratierten Netzwerk an Markenbotschaftern. So repräsentieren etwa der Schauspieler Hugh Jackman, der Pianist Lang Lang und der Fußballer Zinédine Zidane den Anspruch der Marke, Kreativität, Leistung und Eleganz zu vereinen. Das Unternehmen positioniert sich damit nicht nur als Hersteller schnöder Füller, sondern als kulturelles Symbol.
Erweiterung des Portfolios unter Norbert Platt
Montblanc ist nach wie vor eng mit Schreibgeräten verbunden. Doch unter CEO Norbert Platt, der das Unternehmen von 1990 bis 1993 leitete, bevor er ins Top-Management von Richemont wechselte, begann die gezielte Erweiterung des Portfolios. Lederwaren aus Florenz kamen ebenso hinzu wie Accessoires, ab 1997 auch Uhren aus dem Schweizer Jura. Die Produktion wurde internationalisiert, doch die Marke hielt am Anspruch handwerklicher Qualität fest.
Seit 1985 gehört Montblanc zum Luxuskonzern Richemont, zu dem auch Cartier, Van Cleef & Arpels und Jaeger-LeCoultre zählen. Innerhalb des Konzerns ist Montblanc Teil der „Other Maisons“, die im Geschäftsjahr 2022/23 Umsätze von 4,1 Milliarden Euro erwirtschafteten. Der Anteil Montblancs daran wird von Analysten auf 700 bis 800 Millionen Euro geschätzt.
Damit sind die Hamburger im globalen Luxusmarkt zwar kleiner als die ganz großen Namen, verfügen aber über eine klare Identität. Während Marken wie Louis Vuitton oder Hermès ganze Lifestyle-Welten inszenieren, konzentriert sich Montblanc auf eine selektive Mischung aus Schreibgeräten, Lederwaren, Uhren und Accessoires.
Montblanc: Luxusuhren als strategische Ergänzung
Seit Mitte der 2000er-Jahre hat die Uhrensparte einen besonderen Stellenwert. In Le Locle und in der historischen Manufaktur in Villeret entstehen Modelle, mit denen Montblanc im Hochpreissegment präsent ist. Die teuerste Uhr ist das Modell Metamorphosis Mystery und kostet 260.000 Euro. Ex-CEO Nicolas Baretzki sagte 2023 in einem Interview mit der „Welt”, dass Sammler nicht nur Technik, sondern auch Exklusivität und Herkunft erwerben. Laurent Lecamp, der Direktor der Uhrensparte, setzt daher auf technische Komplikationen und Designs, die sich bewusst vom Wettbewerb abheben sollen. Modelle wie die 1858 Geosphere (ab rund 6.300 Euro) oder die Star Legacy (ab rund 3.100 Euro) sind inzwischen feste Größen.
Im Unterschied zu großen Schweizer Herstellern wie Rolex, Patek Philippe oder Grand Seiko produziert Montblanc seine Uhren in deutlich geringeren Stückzahlen. Laut dem Branchenportal WatchCharts fertigt Rolex jährlich bis zu 1,2 Millionen Uhren, Patek Philippe rund 68.000 und Grand Seiko nach Angaben von SJX Watches etwa 35.000. Montblanc setzt dagegen auf Kleinserien. In Villeret entstehen jährlich lediglich 200 bis 300 Uhren. Auf diese Weise besetzt die Marke eine kleine, aber profitable Nische im Luxussegment und unterstreicht ihren exklusiven Anspruch.
Das Montblanc-Haus als Markenbühne
Einen markanten Meilenstein setzte das Unternehmen im Jahr 2022 mit der Eröffnung des Montblanc Hauses in Hamburg. Der matt-schwarze Quader mit dem überdimensionalen Unternehmens-Logo bietet auf 3.600 Quadratmetern eine Mélange aus Museum, Markenarchiv und Erlebniszentrum. Nicolas Baretzki begründete das Projekt damit, dass die Geschichte der Marke sichtbar gemacht und zugleich die Bedeutung der Handschrift im digitalen Zeitalter bewahrt werden solle.
Es werden historische Exponate gezeigt, von frühen Füllfederhaltern bis zu limitierten Sammlerstücken. Besucherinnen und Besucher können an Workshops teilnehmen, Kalligrafie erlernen oder Schreibtechniken ausprobieren. In einer Mitteilung vom Mai 2022 betonte Montblanc, dass das Haus nicht nur Produkte präsentieren, sondern auch die kulturelle Praxis des Schreibens fördern solle. Die Investition in die kulturelle Verankerung der Marke sei damit zugleich eine Investition in ihre Zukunftsfähigkeit.
Montblanc: Nicht alles Gold, was glänzt
Der Anspruch der Luxusmarke erhielt im September 2023 Risse. Das Wirtschaftsmagazin Handelsblatt und die ZDF-Sendung Report Mainz deckten ausbeuterische Bedingungen bei italienischen Montblanc-Zulieferern auf: Migranten aus Bangladesch, Pakistan und China arbeiteten dort für drei Euro pro Stunde, teils bis zu 72 Wochenstunden. In der Lederwarenfabrik Pelletteria Florentina sollen Montblanc-Teile unter Bedingungen entstanden sein, die die Gewerkschaft CGIL als „moderne Sklaverei” bezeichnete.
Brisant ist das, weil Montblanc mit „Handmade in Italy“ wirbt – ein Symbol für Luxus, während Gewerkschaften und NGOs von Armutslöhnen sprechen. Die NGO Clean Clothes Campaign und die Basisgewerkschaft Sudd Cobas berichteten, dass Löhne in der Branche oft unter der Armutsgrenze liegen. Montblanc ist also hier keine Ausnahme.
Hamburger Nischenplayer im Milliardenmarkt Luxus
Der weltweite Markt für persönliche Luxusgüter erreichte 2024 nach Daten von Bain & Company und der Fondazione Altagamma 363 Milliarden Euro, wovon 51 Milliarden auf Uhren entfielen. Montblancs Anteil an diesem Segment ist klein, aber strategisch relevant. Giorgio Sarné, seit November 2024 CEO, wird die Aufgabe haben, diese Position auszubauen und zugleich die Glaubwürdigkeit der Marke in puncto Nachhaltigkeit und Verantwortung zu sichern.
Im Vergleich zeigt der Branchenriese LVMH, wie sehr aktuell selbst große Player unter Druck geraten: Der Konzern erwirtschaftete 2024 einen Gesamtumsatz von rund 84,7 Milliarden Euro. In der ersten Jahreshälfte 2025 lag dieser bei 39,8 Milliarden Euro, was einem Rückgang um etwa vier Prozent im Jahresvergleich entspricht.
Mit Giorgio Sarné an der Spitze richtet Montblanc den Blick nach vorn. Die Marke will ihre Position im globalen Luxussegment nicht nur festigen, sondern auch durch Innovation und Nachhaltigkeit weiter ausbauen. Dabei bleibt das Traditionshaus seiner Herkunft treu: handwerkliche Präzision, kulturelle Verankerung und das Streben nach Exzellenz. Ob Schreibgerät, Uhr oder Lederaccessoire – Montblanc verbindet seit mehr als einem Jahrhundert Tradition mit moderner Eleganz. Und alles deutet darauf hin, dass die Geschichte dieses Hamburger Unternehmens auch in Zukunft noch viele Kapitel voller Stil, Kreativität und internationalem Erfolg bereithält.