Wirtschaft

Europas Albtraum ist wahr geworden: Welche Branchen unter den neuen Handelsbarrieren leiden

Die neuen Zölle von US-Präsident Trump setzen ganze Branchen unter Druck – die Auswirkungen sind spürbar. Ein Überblick über die wichtigsten Betroffenen und die zu erwartenden langfristigen Effekte. Welches Szenario erwartet Europa?
06.04.2025 14:41
Lesezeit: 3 min
Europas Albtraum ist wahr geworden: Welche Branchen unter den neuen Handelsbarrieren leiden
Auch Branchen wie der europäische Spirituosenmarkt wird die Auswirkungen stark zu spüren bekommen. (Foto: dpa) Foto: Tobias Felber

Keine Branche wird verschont

Das düsterste Szenario wäre eine Krise in den USA, gefolgt von einer möglichen globalen Rezession. Das Gespenst der Stagflation und Armut wollen wir vorerst gar nicht erst ansprechen. Wenn weniger konsumiert wird, trifft es uns alle.

Aufgrund der Vergeltungsmaßnahmen Europas ist zu erwarten, dass auch hier – zumindest anfangs – Angebotsengpässe, steigende Preise und Inflation auftreten. Zudem werden die Zölle die Unsicherheit sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen erhöhen. Dies wird zu weniger Käufen und geringeren Investitionen führen. Kurzfristig werden die Zölle das Wirtschaftswachstum in Europa sicherlich bremsen.

Allerdings könnte es auch zu einem gegenteiligen Effekt kommen: Wenn weniger europäische, chinesische und taiwanesische Waren in die USA verkauft werden, könnte das Angebot in Europa steigen, was wiederum zu sinkenden Preisen führen sollte. „So unlogisch es auch klingen mag – auf lange Sicht könnte ein Handelskrieg für Europa sogar eine deflationäre Wirkung haben“, schreibt ING.

Wie stark die Unternehmensgewinne durch Zölle und den Handelskrieg insgesamt sinken werden, ist derzeit noch unklar. Viel hängt davon ab, wie lange Trump an den Zöllen festhält und wie Europa sowie andere Länder darauf reagieren. Wahrscheinlich werden sich zunächst – vor allem in Asien – Überkapazitäten noch deutlicher zeigen. Doch in einem zweiten Schritt könnte es zu Schließungen von Produktionsstätten kommen – und dann hätten wir tatsächlich Grund zur Sorge.

Mit diesen zusätzlichen Zöllen hat Trump den Handelskrieg weiter angeheizt und die über Jahrzehnte etablierten Regeln des Welthandels – oder zumindest den Anschein von Freihandel – außer Kraft gesetzt. Die Hoffnung, dass er sein Weltbild à la Trump schnell aufgibt, ist gering. Goldman Sachs geht bereits davon aus, dass bis Jahresende weitere Zölle folgen werden – diesmal in bisher verschonten Branchen wie der Pharma- und der Halbleiterindustrie.

Banken: Wachstumsbremse durch Handelskrieg

Die neuen Zölle von US-Präsident Donald Trump setzen den Banken erheblich zu. Die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch die Zölle hervorgerufen wird, hemmt Investitionen und Konsum. Weniger Nachfrage und eine potenzielle Rezession könnten die Unternehmensgewinne belasten und die Banken in ihrer Funktion als Kapitalgeber erheblich einschränken. Besonders betroffen sind Banken mit großen internationalen Engagements, da die Zölle die globalen Handelsströme verlangsamen könnten. Bereits nach der Ankündigung der Zölle fielen die Aktien europäischer Banken wie Deutsche Bank und Commerzbank.

Konsumgüterhersteller: Höhere Produktionskosten und Preiserhöhungen

Bekleidungs- und Schuhhersteller, die ihre Produktion in Ländern mit niedrigen Produktionskosten verlagert haben, sind besonders stark betroffen. Länder wie Vietnam, Kambodscha und Indonesien, die nun mit hohen Zöllen belegt werden, erhöhen die Produktionskosten. Unternehmen wie Nike, Adidas und H&M haben bereits Kursverluste erlitten. Ein weiteres Beispiel ist Pandora, der größte Schmuckhersteller Dänemarks, der seine Fabriken in Vietnam und Thailand betreibt und nun mit Zöllen von bis zu 46 Prozent konfrontiert ist. Die Preiserhöhungen werden vor allem die untere Mittelschicht treffen, die ihren Konsumverhaltens stärker anpassen muss.

Luxusgüterindustrie: Zölle belasten Märkte in den USA

Europäische Luxusmarken geraten unter Druck, da Trump 200-prozentige Zölle auf europäische alkoholische Getränke und eine mögliche Steuer auf Luxusprodukte angekündigt hat. Besonders betroffen sind Unternehmen wie Heineken, Campari und der französische Spirituosenmarkt, der mit Umsatzrückgängen und Arbeitsplatzverlusten in den USA rechnet. Zudem wird die europäische Modebranche durch höhere Produktionskosten und sinkende Nachfrage in den USA belastet. Für Luxusuhrenhersteller aus der Schweiz, wie Rolex und Patek Philippe, bedeutet dies nicht nur höhere Produktionskosten, sondern auch einen Verlust von Marktanteilen.

Reedereien: Verzögerungen und Unsicherheit auf den Weltmärkten

Auch die Schifffahrt leidet unter den Handelsbarrieren. Reedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd sehen sich mit einer verschlechterten Nachfrage konfrontiert, da Zölle und Handelshemmnisse die globalen Lieferketten stören. Kunden beschleunigen ihre Exporte, um vor den Zölleinkommen ihre Bestände aufzufüllen. Langfristig könnten die Handelshemmnisse jedoch zu einer Reduzierung der Transportraten und einer Schwächung der globalen Schifffahrt führen.

Automobilindustrie: Steigende Kosten und sinkende Margen

Für die europäische Automobilindustrie sind die zusätzlichen Zölle auf Autoimporte in die USA ein schwerer Schlag. Unternehmen wie Audi, Volkswagen und BMW müssen mit steigenden Kosten und Preissteigerungen rechnen, was den Absatz in den USA erheblich belasten könnte. Besonders betroffen sind Hersteller, die keine eigenen Produktionsstätten in den USA haben, wie Audi, dessen Importe aus Europa künftig höher besteuert werden. Analysten gehen davon aus, dass die Zölle die Margen der Unternehmen drücken werden, was sich negativ auf die Aktienkurse auswirken könnte.

Maschinenbau: Produktionsstopps und gestiegene Preise

Auch Maschinenhersteller wie CNH Industrial spüren die Auswirkungen der Zölle. Um auf die neuen Handelsbedingungen zu reagieren, stellen viele Unternehmen ihre Lieferungen ein oder verschieben sie. Zölle auf Maschinen und Bauteile aus Europa könnten zu einer Verteuerung der Produkte führen und die Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten mindern. Hersteller wie Caterpillar und John Deere sind besonders betroffen, da sie hohe Exporte aus den USA tätigen. Es wird erwartet, dass die Zölle zu einem Einfrieren der Märkte führen und das Geschäftsumfeld weiter destabilisieren.

Fazit: Zölle als Wachstumsbremse

Die neuen Zölle von Trump stellen eine erhebliche Belastung für viele Sektoren dar. Während kurzfristig einige Unternehmen von einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit und höheren Produktionskosten betroffen sind, wird die langfristige Wirkung des Handelskriegs die gesamte Weltwirtschaft belasten. Insbesondere Branchen, die international tätig sind oder stark exportieren, müssen mit erhöhten Risiken und Unsicherheiten rechnen. Ein weiteres globales Aufeinandertreffen der Wirtschaftsmächte könnte die Erholung der Weltwirtschaft weiter behindern.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama Währungsunion DDR: Der teure Preis der D-Mark-Euphorie
27.06.2025

Als die D-Mark kam, war die Euphorie groß – doch der Preis dafür war hoch. Innerhalb weniger Monate brach ein ganzes Wirtschaftssystem...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europa tankt grün – doch reicht das für die Verkehrswende?
27.06.2025

Der Verbrauch alternativer Kraftstoffe in Europa boomt – doch hinter den Rekordzahlen bleibt vieles fraglich. Ist das echter Klimaschutz...

DWN
Politik
Politik Von der Leyens Deal mit der Rechten: Was das für den Green Deal heißt
26.06.2025

Die Green Claims-Richtlinie sollte Greenwashing in Europa beenden. Doch Ursula von der Leyen lässt das Projekt fallen – auf Druck von...

DWN
Finanzen
Finanzen Panzer oder Chips: Europas Rüstungsaktien überholen Tech-Aktien
26.06.2025

Rüstungsaktien überflügeln Tech-Aktien – Europas Waffenhersteller sind an der Börse teurer als Nvidia & Co. Doch wie lange kann das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Die Pleitewelle rollt: Rekordstand bei Firmeninsolvenzen
26.06.2025

Die Zahl der Firmeninsolvenzen in Deutschland steigt auf ein Zehnjahreshoch – trotz abgeflauter Dynamik. Besonders betroffen sind der...

DWN
Finanzen
Finanzen Verbraucher sparen lieber, als ihr Geld auszugeben
26.06.2025

Die Deutschen halten ihr Geld zusammen – trotz besserer Konjunkturaussichten. Eine neue Studie zeigt: Aus Angst vor wirtschaftlicher...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Leica mit Rekordumsatz: Kamera-Pionier setzt auf Smartphone-Erfolg
26.06.2025

Leica wächst weiter: Mit einem Rekordumsatz im Rücken und einer traditionsreichen Geschichte treibt der Kamera-Hersteller seine Expansion...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse: Bundestag beschließt Verlängerung bis Ende 2029
26.06.2025

Die Mietpreisbremse soll weitere vier Jahre gelten – doch sie ist umstritten wie eh und je. Während der Eigentümerverband sie für...