Keine Branche wird verschont
Das düsterste Szenario wäre eine Krise in den USA, gefolgt von einer möglichen globalen Rezession. Das Gespenst der Stagflation und Armut wollen wir vorerst gar nicht erst ansprechen. Wenn weniger konsumiert wird, trifft es uns alle.
Aufgrund der Vergeltungsmaßnahmen Europas ist zu erwarten, dass auch hier – zumindest anfangs – Angebotsengpässe, steigende Preise und Inflation auftreten. Zudem werden die Zölle die Unsicherheit sowohl bei Verbrauchern als auch bei Unternehmen erhöhen. Dies wird zu weniger Käufen und geringeren Investitionen führen. Kurzfristig werden die Zölle das Wirtschaftswachstum in Europa sicherlich bremsen.
Allerdings könnte es auch zu einem gegenteiligen Effekt kommen: Wenn weniger europäische, chinesische und taiwanesische Waren in die USA verkauft werden, könnte das Angebot in Europa steigen, was wiederum zu sinkenden Preisen führen sollte. „So unlogisch es auch klingen mag – auf lange Sicht könnte ein Handelskrieg für Europa sogar eine deflationäre Wirkung haben“, schreibt ING.
Wie stark die Unternehmensgewinne durch Zölle und den Handelskrieg insgesamt sinken werden, ist derzeit noch unklar. Viel hängt davon ab, wie lange Trump an den Zöllen festhält und wie Europa sowie andere Länder darauf reagieren. Wahrscheinlich werden sich zunächst – vor allem in Asien – Überkapazitäten noch deutlicher zeigen. Doch in einem zweiten Schritt könnte es zu Schließungen von Produktionsstätten kommen – und dann hätten wir tatsächlich Grund zur Sorge.
Mit diesen zusätzlichen Zöllen hat Trump den Handelskrieg weiter angeheizt und die über Jahrzehnte etablierten Regeln des Welthandels – oder zumindest den Anschein von Freihandel – außer Kraft gesetzt. Die Hoffnung, dass er sein Weltbild à la Trump schnell aufgibt, ist gering. Goldman Sachs geht bereits davon aus, dass bis Jahresende weitere Zölle folgen werden – diesmal in bisher verschonten Branchen wie der Pharma- und der Halbleiterindustrie.
Banken: Wachstumsbremse durch Handelskrieg
Die neuen Zölle von US-Präsident Donald Trump setzen den Banken erheblich zu. Die wirtschaftliche Unsicherheit, die durch die Zölle hervorgerufen wird, hemmt Investitionen und Konsum. Weniger Nachfrage und eine potenzielle Rezession könnten die Unternehmensgewinne belasten und die Banken in ihrer Funktion als Kapitalgeber erheblich einschränken. Besonders betroffen sind Banken mit großen internationalen Engagements, da die Zölle die globalen Handelsströme verlangsamen könnten. Bereits nach der Ankündigung der Zölle fielen die Aktien europäischer Banken wie Deutsche Bank und Commerzbank.
Konsumgüterhersteller: Höhere Produktionskosten und Preiserhöhungen
Bekleidungs- und Schuhhersteller, die ihre Produktion in Ländern mit niedrigen Produktionskosten verlagert haben, sind besonders stark betroffen. Länder wie Vietnam, Kambodscha und Indonesien, die nun mit hohen Zöllen belegt werden, erhöhen die Produktionskosten. Unternehmen wie Nike, Adidas und H&M haben bereits Kursverluste erlitten. Ein weiteres Beispiel ist Pandora, der größte Schmuckhersteller Dänemarks, der seine Fabriken in Vietnam und Thailand betreibt und nun mit Zöllen von bis zu 46 Prozent konfrontiert ist. Die Preiserhöhungen werden vor allem die untere Mittelschicht treffen, die ihren Konsumverhaltens stärker anpassen muss.
Luxusgüterindustrie: Zölle belasten Märkte in den USA
Europäische Luxusmarken geraten unter Druck, da Trump 200-prozentige Zölle auf europäische alkoholische Getränke und eine mögliche Steuer auf Luxusprodukte angekündigt hat. Besonders betroffen sind Unternehmen wie Heineken, Campari und der französische Spirituosenmarkt, der mit Umsatzrückgängen und Arbeitsplatzverlusten in den USA rechnet. Zudem wird die europäische Modebranche durch höhere Produktionskosten und sinkende Nachfrage in den USA belastet. Für Luxusuhrenhersteller aus der Schweiz, wie Rolex und Patek Philippe, bedeutet dies nicht nur höhere Produktionskosten, sondern auch einen Verlust von Marktanteilen.
Reedereien: Verzögerungen und Unsicherheit auf den Weltmärkten
Auch die Schifffahrt leidet unter den Handelsbarrieren. Reedereien wie Maersk und Hapag-Lloyd sehen sich mit einer verschlechterten Nachfrage konfrontiert, da Zölle und Handelshemmnisse die globalen Lieferketten stören. Kunden beschleunigen ihre Exporte, um vor den Zölleinkommen ihre Bestände aufzufüllen. Langfristig könnten die Handelshemmnisse jedoch zu einer Reduzierung der Transportraten und einer Schwächung der globalen Schifffahrt führen.
Automobilindustrie: Steigende Kosten und sinkende Margen
Für die europäische Automobilindustrie sind die zusätzlichen Zölle auf Autoimporte in die USA ein schwerer Schlag. Unternehmen wie Audi, Volkswagen und BMW müssen mit steigenden Kosten und Preissteigerungen rechnen, was den Absatz in den USA erheblich belasten könnte. Besonders betroffen sind Hersteller, die keine eigenen Produktionsstätten in den USA haben, wie Audi, dessen Importe aus Europa künftig höher besteuert werden. Analysten gehen davon aus, dass die Zölle die Margen der Unternehmen drücken werden, was sich negativ auf die Aktienkurse auswirken könnte.
Maschinenbau: Produktionsstopps und gestiegene Preise
Auch Maschinenhersteller wie CNH Industrial spüren die Auswirkungen der Zölle. Um auf die neuen Handelsbedingungen zu reagieren, stellen viele Unternehmen ihre Lieferungen ein oder verschieben sie. Zölle auf Maschinen und Bauteile aus Europa könnten zu einer Verteuerung der Produkte führen und die Wettbewerbsfähigkeit auf den globalen Märkten mindern. Hersteller wie Caterpillar und John Deere sind besonders betroffen, da sie hohe Exporte aus den USA tätigen. Es wird erwartet, dass die Zölle zu einem Einfrieren der Märkte führen und das Geschäftsumfeld weiter destabilisieren.
Fazit: Zölle als Wachstumsbremse
Die neuen Zölle von Trump stellen eine erhebliche Belastung für viele Sektoren dar. Während kurzfristig einige Unternehmen von einem Rückgang der Wettbewerbsfähigkeit und höheren Produktionskosten betroffen sind, wird die langfristige Wirkung des Handelskriegs die gesamte Weltwirtschaft belasten. Insbesondere Branchen, die international tätig sind oder stark exportieren, müssen mit erhöhten Risiken und Unsicherheiten rechnen. Ein weiteres globales Aufeinandertreffen der Wirtschaftsmächte könnte die Erholung der Weltwirtschaft weiter behindern.