Politik

Bahnverbindung nach Aserbaidschan: Türkei baut Teil der Neuen Seidenstraße für 2,4 Milliarden Euro

Die Türkei baut eine 224 Kilometer lange Bahnverbindung nach Aserbaidschan – als Teil der Neuen Seidenstraße. Das 2,4-Milliarden-Euro-Projekt soll Wirtschaft und Politik in der Region enger verzahnen. Für Europa und Deutschland eröffnet der Mittelkorridor neue Chancen und verschiebt die geopolitische Logistik-Landkarte.
14.09.2025 07:23
Lesezeit: 2 min
Bahnverbindung nach Aserbaidschan: Türkei baut Teil der Neuen Seidenstraße für 2,4 Milliarden Euro
In den letzten Jahren hat die Türkei unter Präsident Erdogan 64 Milliarden Dollar in Bahnlinien investiert. (Foto: dpa) Foto: Yan Yan

Wirtschaftsachse für den Südkaukasus durch Bahnverbindung nach Aserbaidschan

Der Bau des Korridors Kars–Igdir–Aralik–Dilucu hat offiziell begonnen: Es handelt sich um ein Projekt im Wert von 2,4 Milliarden Euro, das die Türkei mit dem Südkaukasus verbinden soll. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan, der vergangene Woche an der feierlichen Eröffnung teilnahm, hofft, dass diese 224 Kilometer lange Verbindung die wirtschaftliche Entwicklung sowohl in der Türkei als auch bei den Nachbarn beschleunigen wird.

Die neue Bahnverbindung nach Aserbaidschan ist Teil des Zangezur-Korridors, einer Eisenbahn- und Straßenverbindung zwischen der Türkei, Aserbaidschan und Armenien, die die wirtschaftliche Integration der Staaten in der Region fördern soll. Engere wirtschaftliche Kooperation könnte anschließend eingefrorene politische Konflikte aufweichen und die Beziehungen im Südkaukasus verbessern.

Technische Dimensionen des Projekts

Die Eisenbahnlinie zwischen der Türkei und Aserbaidschan wird zweigleisig und elektrifiziert sein. Sie soll jährlich 5,5 Millionen Passagiere und 15 Millionen Tonnen Fracht transportieren können. Die Baukosten beinhalten bereits die Errichtung von fünf Bahnhöfen, fünf Tunneln, 19 Galerien, zehn Brücken, drei Viadukten, 144 Unterführungen und 27 Überführungen.

Im vergangenen Monat stellte die Türkei 2,4 Milliarden Euro zur Finanzierung der Strecke bereit, abgesichert durch ein Konsortium, dem die japanische MUFG Bank, die schwedische Exportkreditagentur EKN, die österreichische Exportkreditagentur OKB sowie die Islamische Entwicklungsbank angehören.

Teil des Mittelkorridors zwischen Europa und China

Die neue Eisenbahnlinie wird Teil des Mittelkorridors der Neuen Seidenstraße, einer Handelsroute zwischen China und Europa, die Russland umgeht. Gleichzeitig baut die Türkei derzeit mehrere weitere bedeutende Eisenbahnprojekte: Halkali–Kapikule, Ankara–Izmir, Mersin–Adana–Osmaniye–Gaziantep. Bis 2028 soll das nationale Eisenbahnnetz auf 17.500 Kilometer ausgebaut werden, bis 2053 auf 28.600 Kilometer.

In den vergangenen 23 Jahren hat die Türkei 64 Milliarden US-Dollar in Eisenbahnen investiert. Im Jahr 2002 umfasste das Netz 11.000 Kilometer, mittlerweile sind es 14.000 Kilometer – darunter 2.251 Kilometer Hochgeschwindigkeitsstrecken, erklärte der türkische Verkehrs- und Infrastrukturminister Abdulkadir Uraloglu beim Baustart.

Neue Seidenstraße ohne Russland

Der Ausbau der Neuen Seidenstraße über den Mittelkorridor stärkt Transport- und Logistikketten, die Russland umgehen. Damit eröffnen sich Chancen für deutsche Exportfirmen, Maschinenbauer und Logistikdienstleister, die von schnelleren Transitzeiten nach Asien profitieren. Zugleich könnte die Bahnverbindung die Bedeutung traditioneller Routen über Russland und das Schwarze Meer schwächen – ein geopolitischer Faktor, der auch deutsche Unternehmen zum Umdenken zwingt.

Die Türkei baut mit der Bahnstrecke Kars–Igdir–Aralik–Dilucu ein zentrales Element der Neuen Seidenstraße. Mit Milliardeninvestitionen will Ankara den Südkaukasus enger an Europa und Asien anbinden. Für die Region bedeutet das nicht nur wirtschaftliches Wachstum, sondern auch die Chance auf politische Annäherung. Für Deutschland und Europa bleibt der Mittelkorridor eine strategische Alternative in den globalen Handelswegen.

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