Der anhaltende Pessimismus über den Risikokapitalmarkt sei unbegründet und beruhe auf Missverständnissen, sagt Nils Rode, Chief Investment Officer von Schroders Capital. Er prognostiziert, dass Umsätze und Börsengänge wieder zulegen werden. „Vielleicht ist der Börsengang von Klarna der Auslöser“, so Rode. Seit dem Höhepunkt 2021 hat sich der Risikokapitalmarkt zwar abgekühlt, während die Börsen neue Rekorde verzeichnen. Rode führt diese Entwicklung auf den Hype um Künstliche Intelligenz und die Dominanz globaler Tech-Konzerne zurück. „So etwas haben wir noch nie zuvor gesehen.“ Dennoch stehe die Wende bevor, betont er – Kritiker, die das Ende der Blütezeit der Branche verkünden, lägen falsch.
Kapital wartet auf den Exit
Dass die Zahl der Verkäufe und Börsengänge zuletzt gering war, obwohl große Fonds über viel Kapital verfügen, hat Zweifel an der Stabilität der Branche ausgelöst. Manche Beobachter sprechen gar davon, der Markt sei „zu groß für sein eigenes Wohl“ geworden. Rode widerspricht: Auch wenn Übernahmen und IPOs zurückgegangen seien, gebe es keine Anzeichen für eine strukturelle Schwäche. „Wir sind sehr nahe am Tiefpunkt oder haben ihn schon erreicht. Historisch dauern Abschwünge drei Jahre – wir sind nun im vierten.“ Für Investoren sei das ein guter Einstiegszeitpunkt, da Bewertungen attraktiv seien. Normalerweise nehmen Börsengänge zu, wenn die Börse stark läuft. Nachdem Sorgen über Donald Trumps Handelszölle nachgelassen haben, sieht Rode den Markt vor einer Belebung.
Bedeutung für Deutschland
Für Deutschland, dessen Start-up-Ökosystem in den vergangenen Jahren stark an Dynamik gewonnen hat, wäre eine Belebung des IPO-Markts von zentraler Bedeutung. Viele junge Unternehmen in Bereichen wie Fintech, KI oder Biotech stehen unter Druck, externe Finanzierung zu sichern. Ein funktionierender Kapitalmarkt würde nicht nur die Zahl der Exits erhöhen, sondern auch internationalen Investoren signalisieren, dass Deutschland ein attraktiver Innovationsstandort bleibt. Insbesondere nach den schwachen Börsengängen der letzten Jahre hoffen deutsche Gründer und Investoren auf frische Impulse aus dem globalen IPO-Markt.
Kritik und Kontinuität
Ein Streitpunkt sind sogenannte Continuation Funds, bei denen Beteiligungen aus alten Fonds in neue, von denselben Managern kontrollierte Fonds übertragen werden. Der ägyptische Milliardär Nassef Sawiris bezeichnete dies als „größten Betrug aller Zeiten“. Rode hält dagegen: Diese Fonds böten Kontinuität und oft niedrigere Gebühren. Während Unternehmen bislang regelmäßig den Eigentümer wechselten, ermögliche dieses Modell langfristige Zusammenarbeit zwischen Fonds und Unternehmen. „Ein Eigentümerwechsel kann Umbrüche verursachen – Continuation Funds verhindern das.“ Daher erwartet Rode weiteres Wachstum in diesem Segment.
Schroders Capital verwaltet private Vermögenswerte von rund 111 Milliarden US-Dollar, darunter Private Equity, Immobilien, Kredite und Infrastruktur. Rode, seit 2005 im Unternehmen, war zuvor CEO des US-IT- und Telekommunikationsunternehmens Sky Online und Berater bei McKinsey in Deutschland. Er hat einen Masterabschluss der ESCP Europe mit Stationen in Paris, Oxford und Berlin.
Das Wachstum innovativer Start-ups und die steigende Zahl wohlhabender Privatanleger stimmen Rode optimistisch. „Ich denke, die Branche wird in den nächsten 10 bis 20 Jahren mit derselben Rate weiterwachsen.“

