Wirtschaft

Jeder fünfte Automobilzulieferer in der Krise – das Schlimmste kommt erst

Jeder fünfte Automobilzulieferer steckt tief in der Krise. Zölle, Bürokratie und der EU-Druck zur Elektrifizierung verschärfen die Lage dramatisch – mit Folgen für Deutschland.
23.09.2025 16:00
Lesezeit: 2 min
Jeder fünfte Automobilzulieferer in der Krise – das Schlimmste kommt erst
Fertigungsstraße in der Automobilindustrie – viele Zulieferer kämpfen trotz laufender Produktion mit steigenden Kosten, Zöllen und wachsendem Konkurrenzdruck. (Foto:dpa) Foto: --

Private Unternehmen mit schwächeren Rücklagen stehen stärker unter Druck. Kurzfristige Maßnahmen wie Kostensenkungen oder Investitionsstopps verschaffen zwar Luft, doch sie lösen die strukturellen Probleme nicht.

Der eskalierende Wirtschaftskrieg zwischen Europa, China und den USA setzt der Industrie hart zu. Besonders betroffen sind Hersteller von Automobilkomponenten. Mehrere Traditionsunternehmen wie Recaro, BBS oder Marelli mussten bereits Insolvenz anmelden. Nach Analysen von Rapid Ratings befanden sich schon vor Einführung der neuen Zölle 20,6 Prozent aller Zulieferer in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten. Vor allem private Unternehmen trifft es häufiger: Die Wahrscheinlichkeit einer Krise liegt hier um 27 Prozent höher, da sie über weniger Kapitalpolster verfügen.

Branchen unter zunehmendem Druck

Die Studie zeigt deutliche Unterschiede zwischen den Sektoren. Besonders die Hersteller von Kunststoff- und Gummikomponenten sehen einer schweren Zukunft entgegen – ihr Anteil gefährdeter Firmen könnte von 25 auf 39 Prozent steigen. Auch Zulieferer von Metallteilen und Großhändler geraten stärker in Schieflage. Rapid Ratings warnt: Nicht nur kleine, auch große Unternehmen stehen auf der Kippe. Die Kluft zwischen stabilen Firmen und jenen in Schieflage dürfte sich weiter vergrößern.

Charlie Minutella, CEO von Rapid Ratings, nennt die Ursachen: Pandemie, Inflation, Lieferkettenstörungen und hohe Zinsen. „Ein Problem folgte dem nächsten, Unternehmen versuchten nur, ein Gleichgewicht zu halten. Doch die Lage verbessert sich nicht“, so Minutella gegenüber Automotive News Europe.

Laut dem US-Verband MEMA erinnert die Stimmung in den Unternehmen an 2009, als die Finanzkrise tobte. Rund ein Viertel der Mitgliedsfirmen verzichtet derzeit auf Investitionen und Neueinstellungen, viele bereiten Sparmaßnahmen vor. Kurzfristig sei das nachvollziehbar, langfristig jedoch brandgefährlich.

Zölle und Bürokratie als Brandbeschleuniger

Neue Zölle verschärfen die Situation massiv. Eine Analyse der Anderson Economic Group zeigt, dass US-Zulieferer allein im Juli 276,1 Millionen Dollar für Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko zahlen mussten – siebenmal mehr als im Januar. Europa steht vor ähnlichen Herausforderungen.

Jakub Farys, Präsident des polnischen Automobilindustrieverbands, verweist auf die zusätzliche Belastung durch die erzwungene Elektrifizierung. Mit einem Marktanteil von 15,6 Prozent liegen Elektroautos weit unter dem Niveau, das nötig wäre, um den Verbrenner-Ausstieg bis 2035 abzufedern. Gleichzeitig stagniert das Wachstum. Hersteller reagieren mit sinkenden Preisen und günstigen Finanzierungen – nicht aus Großzügigkeit, sondern um Strafzahlungen der EU zu vermeiden.

Auch Deutschland steht im Fokus. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder nutzte die IAA in München, um vor einem „Irrweg der Brüsseler Politik“ zu warnen. Ein Verbrenner-Verbot ab 2035 gefährde die Existenz der Automobilindustrie und Hunderttausende Arbeitsplätze in Deutschland. Der Ökonom Martin Braml kritisierte zudem die überbordende Bürokratie, die Lieferketten lähmt und Soziallasten verteuert. Die Elektrifizierung sei derzeit kein profitables Geschäft – sie solle dem Markt überlassen werden.

DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...