Finanzen

Aurubis-Aktie: Lieferkettenvorwürfe belasten Hamburger Kupferkonzern

Gegen den Hamburger Kupferkonzern Aurubis sind neue Beschwerden nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz eingereicht worden. Im Zentrum stehen Vorwürfe wegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung in zwei Kupferminen in Peru.
19.12.2025 11:00
Lesezeit: 5 min
Aurubis-Aktie: Lieferkettenvorwürfe belasten Hamburger Kupferkonzern
Aurubis-Mitarbeiter und Kupferbarren: Angebliche Menschenrechtsverletzungen belasten den Kupferkonzern und die Aurubis-Aktie (Foto: dpa). Foto: Marcus Brandt

Aurubis-Aktie: Umwelt- und Menschenrechtsvorwürfe rund um Kupferminen in Peru

Gegen den Hamburger Kupferkonzern Aurubis sind erneut Beschwerden nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) eingereicht worden. Das katholische Hilfswerk Misereor und die peruanische Menschenrechtsorganisation Red Muqui haben am 25. November 2025 zwei Beschwerden beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) eingereicht.

Konkret betreffen die Beschwerden Lieferbeziehungen zu den Minen Antamina nahe Puerto Huarmey sowie Quellaveco im Valle de Tumilaca. Den Beschwerdeführern zufolge stammt Kupferkonzentrat aus diesen Minen aus einem Umfeld, in dem es zu schwerwiegenden Umweltbelastungen und mutmaßlichen Menschenrechtsverletzungen gekommen sei. In beiden Fällen werfen die Beschwerdeführer Aurubis vor, seinen gesetzlichen Sorgfaltspflichten nicht ausreichend nachgekommen zu sein. Es ist nicht das erste Verfahren dieser Art gegen den Konzern. Bereits seit April 2025 prüft das BAFA eine weitere Beschwerde im Zusammenhang mit einer Kupfermine in Mexiko.

Nach Angaben von Misereor beziehen sich die Beschwerden auf dokumentierte Umwelt- und Gesundheitsbelastungen im Umfeld der betroffenen Minen. In Puerto Huarmey seien mehr als 2.000 Menschen aus Fischergemeinden von Umweltverschmutzungen betroffen. Misereor verweist auf Untersuchungen peruanischer Umwelt- und Gesundheitsbehörden, wonach im Grundwasser sowie in Böden erhöhte Konzentrationen von Schwermetallen wie Arsen festgestellt worden seien.

In den Unterlagen zum Antrag heißt es, offizielle Messungen hätten Metallkonzentrationen im Trinkwasser ergeben, die über den gesetzlich zulässigen Grenzwerten liegen. Zudem seien Schwermetalle in Staubproben nachgewiesen worden, die sich in Wohngebieten ablagerten. Laut dem peruanischen Gesundheitsministerium wiesen zahlreiche untersuchte Personen, darunter Kinder und Schwangere, erhöhte Schwermetallwerte im Blut auf.

Auch im Valle de Tumilaca werden ähnliche Vorwürfe erhoben. Dort habe die Umleitung des Flusses Asana im Zuge des Bergbauprojekts Quellaveco das ökologische Gleichgewicht des Einzugsgebiets nachhaltig verändert. Die peruanische Umweltbehörde OEFA habe kritische Konzentrationen von Metallen in Wasser, Boden und Feinstaub dokumentiert. Gleichzeitig berichten Landwirte über Ernteausfälle und Belastungen landwirtschaftlicher Flächen.

Handelsdaten geben Hinweise auf Umfang der Kupferlieferbeziehungen

Die Beschwerdeführer stützen sich auf öffentlich zugängliche Handelsdaten. Demnach soll Aurubis in den Jahren 2022 bis 2024 rund 145.000 Tonnen Kupferkonzentrat aus der Mine Antamina bezogen haben. Als Quellen werden unter anderem Daten der peruanischen Zollbehörden sowie die Handelsplattformen Veritrade und Abrams Wiki Trade genannt. Auch für Lieferungen aus der Mine Quellaveco wird Aurubis in diesen Datenbanken als Importeur geführt.

Aurubis selbst bestätigt die Lieferbeziehungen nicht. Der Konzern verweist regelmäßig auf Wettbewerbsgründe und erklärt, Informationen zu einzelnen Zulieferminen nicht öffentlich machen zu können. Diese Intransparenz ist jedoch selbst Teil der Kritik. In den Anträgen heißt es, die Weigerung zur Offenlegung erschwere den Betroffenen den Zugang zu Beschwerdemechanismen und widerspreche den Transparenzanforderungen des Lieferkettengesetzes.

Rechtliche Maßstäbe des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Das LkSG verpflichtet Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten in Deutschland dazu, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten zu identifizieren, zu bewerten und angemessene Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Dazu gehören Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen sowie ein funktionierendes Beschwerdesystem.

Misereor argumentiert, Aurubis habe trotz bekannter Risiken keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, die Umwelt- und Gesundheitsbelastungen in den betroffenen Regionen zu adressieren. In den Anträgen wird insbesondere das Prinzip der Angemessenheit betont. Angesichts des Umfangs der Lieferbeziehungen und der dokumentierten Schäden reichten Dialogformate und Verhaltenskodizes nicht aus.

Sollte das BAFA zu dem Ergebnis kommen, dass Aurubis gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen hat, drohen Bußgelder von bis zu zwei Prozent des weltweiten Jahresumsatzes. Auf Basis der aktuellen Umsatzzahlen entspräche dies theoretisch einem Betrag von rund 340 Millionen Euro. In der Praxis gilt eine Sanktion in dieser Höhe als unwahrscheinlich, dennoch stellt allein das Verfahren ein erhebliches Compliance-Risiko dar.

Kupferpreis: Kupfer unter regulatorischem Druck

Der Fall Aurubis verweist auf ein strukturelles Dilemma der deutschen Industrie. Kupfer gilt als Schlüsselrohstoff für Energiewende, Elektromobilität und Netzausbau. Der weltweite Bedarf dürfte in den kommenden Jahrzehnten deutlich steigen. Seit Jahresbeginn ist der Kupferpreis mehr als 30 Prozent nach oben geklettert, alleine im letzten Quartal 2025 legte der Kupferpreis annähernd 20 Prozent an Wert zu. Bei über 11.800 Dollar markierte der wichtige Industrierohstoff Mitte Dezember ein Kupferpreis-Rekordhoch – und bei der Kupferpreis-Entwicklung scheint weiter Luft nach oben zu sein.

Gleichzeitig verschärfen nationale und europäische Regelwerke die Anforderungen an Transparenz und Sorgfalt entlang globaler Lieferketten. Misereor weist darauf hin, dass es kaum Kupferminen gebe, die menschenrechtlich und umweltrechtlich vollständig unproblematisch seien. Damit geraten Unternehmen wie Aurubis in ein Spannungsfeld zwischen Rohstoffsicherung, regulatorischer Compliance und Reputationsrisiken.

Wie es mit den BAFA-Beschwerden gegen Aurubis weitergeht

Aurubis erklärte Ende November gegenüber Medien, man stehe mit dem BAFA im Austausch und verfüge über ein umfassendes Risikomanagementsystem für Menschenrechte. Zudem verweist der Konzern auf freiwillige Standards wie den OECD-Leitfaden, die EU-Konfliktmineralien-Verordnung und das Branchensiegel Copper Mark.

Auf Nachfrage teilte Misereor mit, man rechne mit einer Reaktion der zuständigen Behörde. „Wir erwarten in absehbarer Zeit eine Stellungnahme des BAFA“, sagte Barbara Wiegard, Pressesprecherin von Misereor, gegenüber den DWN. Nach Erfahrungen aus früheren Verfahren könne es bis zu vier Monate dauern, bis entschieden werde, ob eine Beschwerde angenommen werde.

Aurubis-Aktie im Fokus von ESG- und Lieferkettenrisiken

Dass die Aurubis-Aktie seit Bekanntwerden der Vorwürfe nicht unter Druck geraten ist, unterstreicht eine verbreitete Haltung an den Kapitalmärkten, menschenrechtliche und regulatorische Risiken erst dann einzupreisen, wenn sie sich in konkreten Sanktionen oder finanziellen Belastungen niederschlagen.

Gleichwohl haben die neuerlichen Beschwerden den weltweit zweitgrößten Kupferproduzenten wieder in den Fokus von Aufsichtsbehörden und Investoren gerückt. Zudem fallen sie in eine Phase, in der das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz politisch zwar weiterhin umstritten ist, zugleich aber verstärkt angewendet wird und konkrete Prüfverfahren auslöst, wie der Fall Aurubis zeigt.

Aurubis-Aktie: Analysteneinstufungen und aktuelle Kursziele

Die Analystenmeinungen zur Aurubis-Aktie spiegeln ein gemischtes Bild wider, das von positiven Kurszielanhebungen bis hin zu Herausforderungen im Marktumfeld reicht. Verschiedene Analysten äußern sich optimistisch hinsichtlich des Potenzials des Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf die steigende Nachfrage nach Industriemetallen.

Am 12. Dezember 2025 hob die UBS das Kursziel für die Aurubis-Aktie von 115 auf 120 Euro an, die Einstufung blieb jedoch „Neutral“. Daniel Major verwies auf das Wachstumspotenzial von Kupfer, Aluminium und Lithium im kommenden Jahr, bedingt durch Versorgungsengpässe und verschiedene weltwirtschaftliche Faktoren. Trotz eines positiven Ausblicks für die Industriemetalle erwartet er keine breite Erholung aufgrund schwacher Nachfrage in traditionellen Märkten. Am 8. Dezember 2025 hob Warburg Research das Kursziel nach den Jahreszahlen von 73 auf 115 Euro und beließ die Einstufung auf „Hold“. Stefan Augustin zeigte sich optimistisch bezüglich der Prognose für das kommende Geschäftsjahr und rechnet mit verbesserten Aussichten für Aurubis in den Jahren danach, was das Unternehmen stabiler erscheinen lässt. Bereits am 5. Dezember 2025 erhöhte die Deutsche Bank Research das Kursziel von 110 auf 112 Euro und bestätigte das „Hold“-Rating. Bastian Synagowitz hob den starken Cashflow hervor, was zu einer verbesserten Liquidität und einem gesünderen Finanzprofil führte. Am 4. Dezember 2025 setzte die DZ Bank das Aurubis-Kursziel von 115 auf 123 Euro herauf, jedoch ebenfalls mit einer „Halten“-Empfehlung. Dirk Schlamp hob die solide Nachfrage und die stabilen Metallpreise hervor, warnte jedoch vor den Herausforderungen im Recyclinggeschäft und den hohen Investitionen.

Die Analystenmeinungen zur Aurubis-Aktie zeigen ein ausgewogenes Bild. Während die positiven Kurszielanhebungen das Potenzial der Aktie unterstreichen, machen die Herausforderungen durch das Marktumfeld und die Investitionstätigkeit das Risiko deutlich. Anleger sollten die Entwicklungen weiterhin genau beobachten.

Rohstoffketten können schnell zum Reputationsproblem werden

Die neuen Beschwerden gegen Aurubis zeigen, wie schnell globale Rohstoffketten zum Compliance- und Reputationsproblem werden können. In Peru stehen Umwelt- und Gesundheitsbelastungen sowie mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen im Raum – gestützt auf Behördenberichte und Handelsdaten, während Aurubis Details nicht offenlegt. Entscheidend ist nun, ob das BAFA die Beschwerden annimmt und welche Maßstäbe es an die „Angemessenheit“ der Maßnahmen anlegt. Selbst wenn Höchstbußgelder unwahrscheinlich sind, bleibt das Verfahren ein Risiko: für Kosten, Vertrauen und ESG-Bewertungen – und damit mittelbar auch für die Aurubis-Aktie.

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