Deutschland

Commerzbank finanziert Atomwaffen-Konzerne mit 1,8 Milliarden Euro

Die Commerzbank finanziert Unternehmen, die Atomwaffen herstellen, mit 1,8 Milliarden Euro. Damit wird der deutsche Steuerzahler, der die Commerzbank nach der Finanzkrise retten musste, gezwungen, den Bau von Massenvernichtungswaffen zu finanzieren. Die staatliche Bank bügelte die Kritik auf der Hauptversammlung mit Allgemeinplätzen ab.
10.05.2014 00:42
Lesezeit: 2 min

Die Commerzbank ist der zweitgrößte deutsche Investor in Unternehmen, die Atomwaffen und Trägersysteme herstellen. Insgesamt werden acht Atomwaffenkonzerne über Kredite beziehungsweise Ausgabe von Anleihen mit 1,8 Milliarden Euro versorgt.

Vor der Hauptversammlung der Commerzbank kam es am Donnerstag zu einem Protest der Kampagne „Atomwaffen – ein Bombengeschäft“, die unter anderem den Werbespot der Bank nachstellten.

„Wir wollen, dass die Investitionen, die Atomwaffen-Hersteller unterstützen, abgeschafft werden. Wozu hat die Commerzbank eine Rüstungsrichtlinie, wenn sie keine Anwendung findet?“, so Martin Hinrichs zu den Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Von einem Commerzbank-Aktionär bekam Hinrichs Rede- und Stimmrecht übertragen, welches er wahrnahm und sich an die Aktionäre wandte:

„Nach unseren Recherchen hat die Commerzbank in den letzten drei Jahren neun Atomwaffenproduzenten Finanzmittel in Form von Aktien, Anleihen und Krediten zur Verfügung gestellt. Die betroffenen Unternehmen stellen atomare Sprengköpfe, Atombomben, Interkontinentalraketen, und atomar bewaffnete U-Boote her. Sie sind an der weltweiten Modernisierung nuklearer Arsenale beteiligt. Damit erhalten sie die Gefahr eines Atomkriegs aufrecht, “ so Hinrichs in seiner Rede.

Der wichtigste Kunde der Commerzbank ist dabei der ThyssenKrupp Konzern, der im Finanzmittel im Umfang von knapp 900 Millionen Euro zur Verfügung gestellt bekommen hat. Darüber hinaus finanziert die Bank Konzerne wie BAE Systems, Boeing, EADS, Rolls-Royce, Thales, Serco und Safran, so die Studie Don’t Bank on the Bomb.

Im Anschluss stellte Hinrichs dem Vorstand folgende Frage: „Warum hat die Commerzbank bei der Streumunition sich kategorisch gegen die Finanzierung von Mischkonzernen ausgesprochen, bei Atomwaffenproduzenten hingegen nicht?“ Die Antwort des Vorstandsvorsitzenden Martin Blessing lautete:

„Herr Hinrichs, die Commerzbank hat 2008 eine eigene umfassende Waffenrichtlinie verabschiedet, die auch das Thema Atomwaffen beinhaltet. Sie gilt konzernweit. Inhaltlich bezieht sich die Waffenrichtlinie der Commerzbank auf Positionen der Bundesregierung, der europäischen Union, der Vereinten Nationen sowie verschiedener Nichtregierungsorganisationen. Die Waffenrichtlinie der Commerzbank basiert auf folgenden vier Grundprinzipien:

Erstens, keine Lieferung von Waffen und Rüstungsgütern in Konflikt- oder Spannungsgebiete. Zweitens, keine Finanzierung kontroverser Waffen, also zum Beispiel Streubomben. Drittens, Lieferung ausschließlich an eindeutig identifizierbare staatliche Instanzen. Viertens, Einhalten aller anwendbaren Gesetze und Regularien.

Die Commerzbank-Waffenrichtlinie wurde bereits 2008 vom Gesamtvorstand verabschiedet und regelt seitdem verbindlich den Umgang mit Rüstungsgeschäften. Zum Beispiel gehören Atomwaffen zu den sogenannten kontroversen Waffen, die selbstverständlich in unserer Waffenrichtlinie geregelt sind. Die Commerzbank prüft Transaktionen mit Rüstungsbezug gemäß der Waffenrichtlinie jeweils intensiv und kritisch in einer Einzelfallbetrachtung. Die Commerzbank ist damit eine von wenigen Banken die diesen sensiblen Bereich vorbildlich geregelt hat. Das wird so auch in mehreren Studien von Nichtregierungsorganisationen entsprechend bestätigt.“

Hinrichs sieht seine Frage „nicht beantwortet“.

Der Dachverband der Kritischen Aktionäre stellte in weiterer Folge einen Gegenantrag, die Mitglieder des Vorstands der Commerzbank nicht zu entlasten.

Die Kampagne ist Teil der International Campaign to Abolish Nuclear Weapons (ICAN), die jährlich die Studie„Don’t Bank on the Bomb“ veröffentlicht, mit Daten über die Finanzierung von Firmen, die Atomwaffenkomponenten oder -Trägersysteme herstellen.

Im September 2014 wird es die Studie „Don’t Bank on the Bomb“ aktualisiert werden. Für die Veröffentlichung plant die Kampagne eine Aktionswoche gegen die Unterstützung der Commerzbank für Rüstungsgeschäfte.

Auf Nachfrage der Deutschen Wirtschafts Nachrichten, wie die Commerzbank auf den Vorwurf der Atomwaffen-Unterstützung reagiert, äußerte sich die Sprecherin der Bank exakt wortgleich wie es bereits Vorstandsvorsitzender Blessing auf der Hauptversammlung tat.

Die Commerzbank kann auf das lukrative Rüstungsgeschäft nur schwer verzichten: Sie gilt als eine jener Banken, die von Analysten als gefährdet angesehen wird, den Stresstest der EZB nicht zu bestehen (mehr dazu hier).

Die Rede von ICAN-Mitglied Martin Hinrichs an die Commerzbank-Aktionäre

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Messerattacke: Aschaffenburg betrauert nach Gewalttat zwei Tote - was wir wissen
22.01.2025

Am Mittwochmittag wurde die Stadt Aschaffenburg von einer schrecklichen Gewalttat erschüttert. Ein 28-jähriger Mann attackierte nach...

DWN
Politik
Politik Wann greift Russland an? Geheimdienste rechnen mit 2028
22.01.2025

Russischer Angriff ab 2028? Geheimdienste warnen davor, dass Russland die EU in den kommenden Jahren an der Ostgrenze angreift. Laut...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundesbank - Schwäche der deutschen Wirtschaft hält an, aber es gibt Hoffnungsschimmer
22.01.2025

Der Bundesbank zufolge ist ein Aufschwung in der deutschen Wirtshaft ist vorerst nicht in Sicht. Dafür gibt es mehrere Gründe. Doch etwas...

DWN
Politik
Politik YouGov-Wahlumfrage: AfD und SPD gleichauf - CDU rutscht ab
22.01.2025

In der neuesten Wahlumfrage von YouGov kann die SPD deutlich zulegen. Die AfD verliert dagegen. Beide Parteien liegen nun gleichauf. Auch...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Mogelpackung des Jahres: Granini Trinkgenuss Orange enttäuscht Verbraucher - wie Sie Mogelpackungen erkennen
22.01.2025

Verbraucher fühlen sich getäuscht: Der "Granini Trinkgenuss Orange" wurde von der Verbraucherzentrale Hamburg zur "Mogelpackung des...

DWN
Politik
Politik Scholz in Paris bei Macron: „Europa wird sich nicht ducken“
22.01.2025

Zwei Tage nach der Vereidigung Trumps stimmen Scholz und Macron sich ab, wie sie mit dem Kurswechsel in der US-Politik umgehen wollen. Sie...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Verpackungssteuer Tübingen: Bundesverfassungsgericht bestätigt Rechtmäßigkeit
22.01.2025

Das Bundesverfassungsgericht hat die Verpackungssteuer Tübingen als verfassungsgemäß bestätigt. Die Abgabe, die seit Januar 2022 auf...

DWN
Technologie
Technologie Projekt "Stargate" - OpenAI und Trump setzen auf KI-Rechenzentren für die Zukunft
22.01.2025

OpenAI und bedeutende Technologie-Partner investieren 500 Milliarden Dollar in neue Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI). Das...