Gregor Gysi ist ein begnadeter Redner. Seine Wut-Rede gegen Angela Merkel wegen der NSA-Affäre erreichte über Youtube ein Millionen-Publikum – ein seltenes Phänomen bei einer Bundestagsrede.
Doch bei Parteitag der Linken am Wochenende blieb es auffallend still um den Star. Das hat einen handfesten Grund: Gysi soll über seine Stasi-Aktivitäten eine Falschaussage getätigt haben.
Die Mitteldeutsche Zeitung berichtet:
„Seit eineinhalb Jahren ermitteln die Hamburger Juristen gegen den 66-Jährigen, nachdem der pensionierte Richter Lothar Thoß und die einstige Dissidentin Vera Lengsfeld ihn angezeigt hatten. Gysi hatte im Kontext einer geplanten ARD-Dokumentation erklärt, ,zu keinem Zeitpunkt über Mandanten oder sonst jemanden wissentlich und willentlich an die Staatssicherheit berichtet zu haben‘. Seine Kritiker führen unter anderem ins Feld, er habe direkt nach einem Spiegel-Interview im Jahr 1989 der Stasi über das Gespräch Auskunft gegeben. Lengsfeld wirft Gysi zudem vor, 1988 gemeinsam mit der Stasi ihre Abschiebung in den Westen betrieben zu haben. All dem geht die Staatsanwaltschaft nach.“
Richter Thoß sagte der Mitteldeutschen Zeitung: „Ich denke schon, dass es auf eine Anklage hinausläuft.“ Es gebe insgesamt nicht weniger als ein Dutzend Leute, die sagen, Gysi habe sie verraten. „Da kann man schlecht davon sprechen, dass das eine geringe Schuld ist.“ Der Ex-Richter zeigt sich überzeugt: „Es wird in überschaubarer Zeit noch einmal den Aufreger Gregor Gysi geben.“
Sollte es zu solchen Ermittlungen kommen, sind sogar die hartgesottenen SED-Verklärer von der DDR-Postille Freitag überzeugt, dass Gysi abtreten muss. Die Zeitung berichtet offenkundig aus dem Inneren der Führung der Links-Partei:
„Aus der Führung der Linkspartei verlautet, im Fall einer Anklage gebe es Mechanismen, die sich nicht außer Kraft setzen ließen. Man kann dies so verstehen, dass Gysis Rücktritt dann wohl für unausweichlich gehalten wird.
Tatsache ist, dass er das Feld in den letzten Monaten häufiger seinen designierten Nachfolgern Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch überlässt. In der Fraktion wird aber bestritten, dass dies eine Vorsichtsmaßnahme sei, um im Eventualfall gewappnet zu sein. Allgemein wird damit gerechnet, dass der populärste Politiker der Linken seinen Posten spätestens 2016 räumt.“
Gysi hatte in den vergangenen Jahren Medien stets mit rechtlichen Maßnahmen belegt, die ihn in Zusammenhang mit der Stasi gebracht hatten. Diesmal hat es allerdings den Anschein, als wäre Gysi selbst zermürbt: Er wittert vor allem eine Intrige von Oskar Lafontaine und dessen Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht.