Politik

Türkei: Gewerkschaften erheben schwere Vorwürfe nach Minenunglück

Die unmittelbare Ursache für das Minenunglück war ein Brand am Stromverteiler. Die Gewerkschaften wollen es darauf aber nicht beruhen lassen: Sie beschuldigen den privaten Minenbetreiber, Sicherheitsstandards gesenkt zu haben. Das Unternehmen weist die Schuld von sich.
15.05.2014 01:28
Lesezeit: 1 min

Die Zahl der Toten am Unglücksort in Soma ist am frühen Abend auf 245 gestiegen. Erste Schätzungen gehen davon aus, dass diese Zahl bis auf 400 steigen könnte. Hunderte Kumpel sind noch unter Tage eingeschlossen. Die Bergungsarbeiten gehen weiter. Die türkische Regierung hat eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen.

Unterdessen wird nach den Verantwortlichen gesucht. Für die Gewerkschaften stehen die Schuldigen schon fest. Sie beschuldigen die Soma Holding die das Kohlewerk leitet, Sicherheitsstandards gesenkt zu haben. Soma Holding gehört zu den größten Minen-Unternehmen in der Türkei. 2005 öffnete die türkische Regierung ihre Kohlekraftwerke für private Unternehmen. Soma Holding beschäftige 5.500 Mitarbeiter, 500 von ihnen seien unter Tage tätig. Für 2014 plane das Unternehmen einen Umsatz von 700 Mio. TL (ca. 246 Mio. Euro), berichtet radikal.com.

Beobachter beschuldigten das Unternehmen ungenügende Sicherheitsvorkehrungen getroffen zu haben. Man werfe ihnen vor, „fahrlässig“ gehandelt zu haben. Der ehemalige Gewerkschaftsführer Çetin Uygur sagt: „Der Minen-Unfall, den wir bei dieser privaten Einrichtung gesehen haben, ist in der Tat ein Mord auf höchster Ebene. Im Moment erleben wir den schlimmsten beruflichen Mord, den das Land je erlebt hat.“

Der Führer der Konföderation der Revolutionären Arbeitergewerkschaften der Türkei (DISK), Kani Beko, sagt: „Es arbeiten Arbeiter aus zwei- und drei-schichtigen Subunternehmen in dieser Mine. Was der Explosion folgte, ist ein Massaker“, zitiert Hürriyet Daily News. Während man auf die Gewinne achtete, habe man die Sicherheitsvorkehrungen missachtet, so Beko weiter. Zudem würden Subunternehmen gering qualifizierte Arbeiter beschäftigen.

Soma Holding wehrt sich gegen die Vorwürfe. Die letzte Inspektion sei gerade erst vor zwei Monaten durchgeführt worden. In der Zeche habe es nichts zu beanstanden gegeben. Alle Sicherheitsstandards seien eingehalten worden.

In der Türkei häufen sich Medienangaben zufolge Unfälle, die durch Arbeiter von Subunternehmen verursacht werden. Im März dieses Jahres kam es in Mersin zu einem Unfall mit zehn Toten. Erst später sei bekannt geworden, dass der Verursacher über ein Subunternehmen beschäftigt wurde, berichtet reyhaber. Arbeiter aus Subunternehmen würden unter schwierigen Bedingungen bis zu zwölf Stunden am Tag arbeiten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....

DWN
Finanzen
Finanzen JP Morgan-CEO Jamie Dimon rechnet mit Europa ab: „Europa verliert“
11.07.2025

Jamie Dimon, CEO von JP Morgan und einer der mächtigsten Akteure der US-Wirtschaft, warnt europäische Politiker: Der Kontinent droht...

DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...