Politik

Jüdische Organisationen: Empörung über antisemitische Anschläge in Europa

Nach den antisemitischen Attentaten zeigt sich die Deutsch-Israelische Gesellschaft besorgt. Ein europaweiter Aufschrei der europäischen Verantwortungsträger aus Politik und Gesellschaft sei ausgeblieben. Jeder zweite Jude in der EU gab an, bestimmte Orte zu meiden, weil sie dort als Juden Angst um ihre Sicherheit hätten, so eine Umfrage.
28.05.2014 03:12
Lesezeit: 2 min

Das American Jewish Committee (AJC) hat gemeinsam mit der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DGI) eine Erklärung zu den antisemitischen Verbrechen in Brüssel und Paris herausgegeben:

„Am vergangenen Wochenende wurden bei antisemitisch motivierten Verbrechen in Brüssel vier Menschen getötet und in der Nähe von Paris zwei Menschen schwer verletzt.

Wir verurteilen diese abscheulichen Verbrechen auf das Schärfste. Den Angehörigen der Opfer in Belgien, Frankreich und Israel bezeugen wir unsere Trauer und unser tiefes Mitgefühl. Vorfälle wie diese stellen eine besorgniserregende und tiefgehende Bedrohung für das auf demokratischen Werten basierende Zusammenleben der Menschen in Europa dar.

Vor dem Hintergrund dieser furchtbaren Ereignisse sind wir über den fehlenden Aufschrei der europäischen Verantwortungsträger aus Politik und Gesellschaft zutiefst besorgt. Auch im 21. Jahrhundert scheint die Sicherheit der Minderheiten in Europa offensichtlich keine Selbstverständlichkeit zu sein. Dies muss ein Weckruf für alle europäischen Regierungen sein, eine europaweite Strategie für den Kampf gegen Antisemitismus zu entwerfen.

Weiter untermauert wird die Notwendigkeit eines umfassenden europäischen Fahrplans gegen Antisemitismus, Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit von den Ergebnissen einer Umfrage der Fundamental Rights Agency der Europäischen Union vom vergangenen November, in der 49% der befragten Juden angab, bestimmte Orte zu meiden, weil sie dort als Juden Angst um ihre Sicherheit hätten. 54% gaben an, dass Hassbekundungen und physische Aggressionen gegen Juden ein Problem im öffentlichen Raum darstellen. Eine von der Anti Defamation League weltweit durchgeführte Umfrage ergab diesen Monat, dass 24% der befragten Europäer antisemitische Meinungen vertreten.

Wie die Ereignisse des vergangenen Wochenendes gezeigt haben, sind die weit verbreiteten Befürchtungen der Juden in Europa um ihre Sicherheit leider begründet.

Doch nicht nur im übrigen Europa, sondern auch bei uns in Deutschland gibt es regelmäßig antisemitische Vorfälle. Am 25. April wurde in Berlin ein junger Mann zusammengeschlagen und schwer verletzt, nachdem er seinen Angreifern bestätigt hatte, Israeli zu sein. Am 25. Mai wurde ein Ort des Gedenkens an nationalsozialistische Verbrechen in Dachau mit SS-Runen beschmiert.

Daher ist auf lokaler Ebene eine Verbesserung und Verstärkung der Sicherheitsvorkehrungen für jüdische Institutionen und Veranstaltungen mit jüdischen Inhalten wohl dringend geboten. In sämtlichen Staaten der Europäischen Union muss absolut sichergestellt werden, dass niemand den Besuch jüdischer Einrichtungen aufgrund fehlender Sicherheitsvorkehrungen fürchten müssen. Auf europäischer Ebene sollten zu diesem Zweck unverzüglich von den EU-Innenministern abgestimmte Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit jüdischer Institutionen beschlossen werden.

Obwohl der mörderische Antisemitismus sich vergangenes Wochenende außerhalb Deutschlands geäußert hat, darf sich Deutschland bei der Debatte um die Sicherheit der Juden Europas nicht verstecken – ganz im Gegenteil: Deutschland sollte eine Vorreiterroller bei der Verbesserung der Sicherheitslage jüdischer Bürger einnehmen.

In diesem Zusammenhang wird es höchste Zeit, dass die Bundesregierung in Bezug auf den Beschluss des Bundestages „Antisemitismus entschlossen bekämpfen, jüdisches Leben in Deutschland weiterhin nachhaltig fördern“ vom 11. Juni 2013 nicht nur Absichtserklärungen formulieren, sondern handeln. In dem Beschluss fordern die Abgeordneten, die Empfehlungen der Task Force gegen Antisemitismus der Bundesregierung durchzusetzen.

Der Bundestag muss auf die Fortführung der Arbeit dieser Task Force bestehen. Aktuell endet die Finanzierung etlicher Initiativen, die sich gegen Antisemitismus, Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit einsetzen. Dadurch müssen viele kleinere zivilgesellschaftliche Projekte ihre Arbeit aufgeben – wertvolle Expertise und Erfahrungen im Kampf gegen Antisemitismus gehen so auf unabsehbare Zeit verloren.

Es ist an der Zeit, Kontinuität in den Kampf gegen den Antisemitismus zu bringen, damit sich dieses Übel nicht weiter verbreiten kann - gerade in Europa, wo nationalistische Kräfte eine Rückkehr auf die politische Bühne feiern, wie wir an den Ergebnissen der Europawahlen am 25. Mai sehen können.“

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