Politik

Bewaffnete Sunniten schaffen Durchbruch im Nordirak

Sunnitische Milizen haben weite Teile des Nordwest-Iraks unter ihre Kontrolle gebracht. Die Regierungstruppen haben sich aus der Region zurückgezogen. Doch schiitische Gruppen mobilisieren sich zum Gegenangriff.
22.06.2014 16:15
Lesezeit: 2 min

Die Kämpfer der radikal-islamischen Isis-Miliz festigen ihre Kontrolle über den Nordwesten des Irak. Am Sonntag nahmen sie irakischen Militärkreisen zufolge in der Provinz Anbar drei weitere Städte ein. Die Sunniten-Miliz kontrolliert damit große Gebiete beiderseits der syrisch-irakischen Grenze. Die syrische Luftwaffe griff auf syrischem Gebiet mehrere Isis-Stellungen an. Zugleich mehren sich Berichte über Scharmützel unter rivalisierenden Sunniten-Gruppen im Irak. Die irakische Regierung mobilisiert ihrerseits weiter schiitische Freiwillige für den Kampf gegen Isis.

Die Regierungstruppen hätten sich am Sonntagmorgen aus den Ortschaften Rawa, Ana und Rutba zurückgezogen, sagte ein Vertreter des irakischen Militärgeheimdienstes. Kurz darauf seien Isis-Kräfte eingerückt. Am Freitag hatten die Extremisten bereits den Grenzübergang zu Syrien Al-Kaim eingenommen. Durch die Eroberung des Grenzpostens kann die Extremistengruppe nunmehr unbehindert Waffen ihre Kämpfer im Irak und Syrien mit Waffen versorgen. Die Islamisten streben die Errichtung eines Gottesstaates vom Irak bis zum Mittelmeer an.

Die Isis eroberte nach Angaben der syrischen Opposition auch drei strategisch wichtige syrische Städte im Grenzgebiet. Im syrischen Bürgerkrieg kämpft die Isis gegen Regierungstruppen sowie gegen andere Islamisten-Gruppen. Kampfflugzeuge der syrischen Luftwaffe bombardierten am Samstag Isis-Stellungen an der Grenze. Allein 16 Menschen kamen bei einem Angriff auf die Ortschaft Muhassan ums Leben. Die Stammesältesten des Ortes hatten sich am Vortag der Isis angeschlossen.

Im Irak ist Isis in den vergangenen Tagen nach einer Blitzoffensive ins Umland von Bagdad vorgestoßen. Die Miliz kontrolliert bereits die größte Stadt des irakischen Nordens, Mossul. Ihre Kämpfer griffen auch die nördlich von Tikrit gelegene Stadt Al-Alam an. Das Staatsfernsehen berichtete von 40 getöteten Isis-Kämpfern.

In der irakischen Hauptstadt Bagdad versucht die schiitische Regierung derweil, den Widerstand zu organisieren. Am Samstag paradierten Tausende Freiwillige in Tarnanzügen durch das Slumviertel Sadr.

Wie im benachbarten Syrien regt sich auch im Irak unter den Sunniten Widerstand gegen die Isis. In Hawidscha, südwestlich von Kirkuk kam es nach Stammesangaben zu Gefechten mit der "Nakschbandi-Armee", einem Zusammenschluss früherer Armeeoffiziere und Anhänger der Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein. Dabei seien zehn Menschen getötet worden.

Ungeachtet des Vormarsches der sunnitischen Isis sprach sich das geistliche Oberhaupt im schiitischen Iran, Ajatollah Chamenei, nachdrücklich gegen eine Intervention der USA in dem Nachbarland aus. Die Iraker seien selbst in der Lage, die Gewalt zu stoppen, sagte er am Sonntag der Nachrichtenagentur Irna zufolge. Der Konflikt sei kein religiöser, sondern werde zwischen denjenigen ausgetragen, die den Irak an der Seite der USA sehen wollten und denjenigen, die sich für die irakische Unabhängigkeit einsetzten. Die USA hatten die Entsendung von 300 Sondereinsatzkräften zur Beratung der irakischen Regierung bei der Rückeroberung der von Isis eroberten Gebiete angeboten (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Immobilienverbot für Russland: Finnland verbietet Russen und Weißrussen den Immobilienkauf
16.07.2025

Helsinki verbietet Russen den Immobilienerwerb: Am 15. Juli trat in Finnland ein Gesetz in Kraft, welches russischen und weißrussischen...

DWN
Politik
Politik Kontrollstaat: digitale Identität mit Bürgerkonto wird im Koalitionsvertrag Pflicht – Hacker kritisieren Überwachung
16.07.2025

Ende der Freiwilligkeit? Im Koalitionsvertrags setzen CDU, CSU und SPD auf eine verpflichtende digitale Identität der Bürger in der BRD....

DWN
Finanzen
Finanzen Boomer-Soli: Experten wollen einen Rentensoli zur Sicherung der Rentenkassen
16.07.2025

Wenn Millionen Menschen aus der Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen, wird das Rentensystem extrem belastet. Ökonomen des DIW...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis: Wie China und die USA den Markt dominieren
16.07.2025

Gold erlebt ein Comeback – und diesmal greifen nicht nur Kleinanleger zu. Nach Jahren der Zurückhaltung investieren...

DWN
Finanzen
Finanzen Aus für Steuerklärung wegen Fachkräftemangel? Gewerkschaft fordert die Abschaffung für Arbeitnehmer und Rentner
16.07.2025

Kurz vor Ablauf der Abgabefrist für das Jahr 2024 hat die Deutsche Steuer-Gewerkschaft gefordert, die Steuererklärung für Arbeitnehmer...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Generation Z: Warum junge Beschäftigte unter Druck stehen
16.07.2025

Die Generation Z leidet besonders unter psychischen Belastungen im Job. Das hat nicht nur mit Corona zu tun, sondern auch mit verhärteten...

DWN
Technologie
Technologie Oracle-Investition: Zwei Milliarden Dollar für deutsche Cloud-Infrastruktur
16.07.2025

Die Nachfrage nach Rechenleistung für KI-Anwendungen explodiert – und Oracle reagiert. Der US-Konzern investiert zwei Milliarden Dollar...

DWN
Politik
Politik US-Zölle als Wirtschaftskrieg: Trump zielt auf Europas Wohlstand
15.07.2025

Mit 30-Prozent-Zöllen will Donald Trump die europäische Wirtschaft in die Knie zwingen – und trifft damit ausgerechnet die...