Deutschland

Fluggesellschaften zwingen Piloten zu gefährlichen Flugrouten

Die Airlines entscheiden, ob ihre Maschinen über Kriegsgebiete fliegen müssen. Um die Kosten für die Fluggesellschaften niedrig zu halten, nehmen Piloten die kürzeste Flugroute. Die Gefahr, dabei umkämpftes Gebiet zu überfliegen, besteht neben der Ukraine auch über Afghanistan oder dem Irak.
18.07.2014 14:26
Lesezeit: 2 min

Nach dem mutmaßlichen Abschuss eines Passagierjets über der Ostukraine fordern deutsche Piloten eine Überprüfung der weltweiten Flugrouten. „Das Überfliegen von umkämpften Ländern galt bisher als unbedenklich, da es dort keine entsprechenden Waffen gab, die Verkehrflugzeuge auf Reisehöhe erreichen konnten“, sagte Jörg Handwerg, Vorstand der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit, am Freitag zu Reuters.

Deshalb führten Flugrouten seit langem über auf dem Boden umkämpfte Regionen wie die Ostukraine oder Länder wie Afghanistan oder den Irak. Nach dem Absturz der Maschine von Malaysia Airlines, der vermutlich durch eine Boden-Luft-Rakete verursacht worden war, müsse die Luftfahrtbranche nun umdenken: „Ob Konfliktzonen, in denen vergleichbares Bedrohungspotenzial wie in der Ostukraine besteht, noch überflogen werden dürfen, muss hinterfragt werden.“ Die Worte der Gewerkschaft haben Gewicht, da 9300 Piloten bei Cockpit organisiert sind.

Die verunglückte Boeing 777 der Malaysian Airlines ist offenbar von der üblichen Flugroute abgewichen. Sie flog deutlich weiter nördlich als geplant und drang in gesperrten Luftraum ein. Dort wurde sie abgeschossen (mehr dazu hier).

Umsetzen müssen die Änderung vor allem die Fluggesellschaften. „Es liegt bei den Airlines, zu entscheiden, ob Krisengebiete nicht überflogen werden.“ Durch Ausweichrouten stiegen Flugzeit und Kerosinverbrauch, und in der Folge für die Fluglinie damit auch die Kosten. „Und wenn eine Airline nicht mitmacht und doch wieder durch ein Krisengebiet fliegt, sehen sich alle anderen gezwungen, nachzuziehen.“ Zudem könne die Europäische Flugsicherung Eurocontrol Lufträume sperren - wie nun den der Ostukraine.

Inzwischen werden internationale Flüge über dem Gebiet umgeleitet, allerdings bleibt der Vorwurf, dass  die Airlines das Risiko bisher aus ökonomischen Gründen ignoriert haben (mehr dazu hier).

Unter Piloten werden die Risiken von Flügen in Krisengebiete schon immer heiß diskutiert. Bislang sei die Bedrohungslage aber eine andere gewesen, sagte Handwerg. „Eigentlich galten nur ein paar Anflüge als kritisch, wie etwa auf die Stadt Erbil im Irak, da dort die Situation am Boden unübersichtlich ist.“ Nun seien auch Flüge über das gleiche Land in 10.000 Metern Höhe ein Risiko.

Eine wichtige Flugrennstrecke kreuzt die Krisenregion. „Die Ostukraine wird auf Flügen nach Südostasien häufig überquert, beispielsweise wenn die Flugzeuge aus London oder Amsterdam kommen“, sagte Handwerg, der für die Lufthansa einen Mittelstreckenjet steuert. Nach Angaben von Eurocontrol fliegen täglich etwa 300 Flugzeuge über die Region. Aus Sicht der Vereinigung Cockpit bedarf es aber nun weiterer Schritte, um die Sicherheit von Flugzeugen vor Angriffen vom Boden zu erhöhen. Es sei gefährlich, dass die Positionen von Verkehrsmaschinen auf speziellen Seiten im Internet verfolgt werden könnten, sagte Handwerg. Eigentlich haben nur Flugsicherung und Fluglinien Verwendung für die Daten. „Und nun können Terroristen darauf zugreifen.“

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Bionik, KI und Robotik: Der Innovationsschub, der alles verändert
16.08.2025

Von der Bionik bis zur KI-Konvergenz: Neue Technologien versprechen einen Innovationssprung – und könnten Wirtschaft, Gesellschaft und...

DWN
Panorama
Panorama Datenschutz und Oktoberfest - was sich im September ändert
16.08.2025

Die Tage werden kürzer und der Herbst naht im September. Welche Neuerungen bringt der neue Monat für Verbraucherinnen und Verbraucher?...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Business Angels sind keine Almosen-Geber: So knackt man sie trotzdem
16.08.2025

Sie heißen Engel, aber verschenken nichts: Warum Business Angels für Start-ups goldwert sind – und wieso Gründer trotzdem mit...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft 150 Jahre ohne Steuerprüfung? Personalmangel bremst Steuerkontrollen in Deutschland aus
16.08.2025

In Deutschland können Kleinstbetriebe statistisch gesehen 150 Jahre lang einer Steuerprüfung entgehen – während dem Staat Milliarden...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutsche Bahn: Vor diesen Herausforderungen steht der künftige Bahn-Chef
16.08.2025

Richard Lutz muss seinen Posten als Bahnchef räumen - und übergibt dabei zahlreiche Probleme an seinen Nachfolger. Kann der erfolgreicher...

DWN
Technologie
Technologie Laser gegen Putins Drohnen: Europas Hightech-Antwort auf den Krieg
16.08.2025

Während russische Drohnen den Himmel über Europa testen, setzen die Ukraine und die EU auf eine futuristische Waffe: Laser, die für...

DWN
Finanzen
Finanzen Europas Bankenaufsicht warnt: Drei Risiken können das Finanzsystem erschüttern
16.08.2025

Er führt Europas Bankenaufsicht – und sieht drei Gefahren, die selbst starke Institute ins Wanken bringen könnten: geopolitische...

DWN
Politik
Politik Spitzbergen: Russland hat 100 Jahre nach dem Spitzbergen-Vertrag die Arktis genau im Blick
15.08.2025

Vor 100 Jahren wurde der Spitzbergen-Vertrag unterzeichnet – ein Abkommen mit besonderer geopolitischer Brisanz. Heute sorgen Norwegen...