Politik

Ukraine: Russen wollen uns mit Übergriffen provozieren

Die Ukraine sieht in dem Vordringen von russischen Militärs nichts Außergewöhnliches. Tatsächlich hat Putin mit dem nächtlichen Übergriff die Ukraine militärisch bloßgestellt. Kiew ist offenkundig nicht in der Lage, seine eigenen Grenzen zu überwachen. Bei der Kontrolle des offiziellen Hilfskonvois hat das Rote Kreuz bisher nichts Verdächtiges gefunden.
15.08.2014 16:54
Lesezeit: 2 min

Die russischen Streitkräfte ließen am Freitag Dutzende Schützenpanzer an der Grenze in der Nähe des Hilfskonvois auffahren. Nach britischen Presseberichten überquerten in der Nacht zum Freitag 23 russische Schützenpanzer die Grenze, begleitet unter anderem von Tankwagen. Sie hätten dafür eine Lücke im Grenzzaun genutzt, berichtete ein Reporter des Guardian (mehr dazu hier).

Ein Sprecher der ukrainischen Streitkräfte sagte, dies passiere praktisch jede Nacht, um die Ukraine zu provozieren. "Die vergangene Nacht war da keine Ausnahme", sagte der Sprecher. "Einige gepanzerte Fahrzeuge sind rübergekommen."

Die Ukraine ist offenkundig nicht in der Lage, die Grenze zu Russland wirksam zu überwachen. Andriy Lysenko, Sprecher des ukrainischen nationalen Sicherheitsrats, sagte in Kiew, dass auch am Freitag ein russischer Trupp mit Militärmaterial nach Lugansk vorgedrungen sei. Man habe das Eindringen zwar nicht stoppen können, werde aber nun verhindern, dass das Kriegsgerät bei den Rebellen zur Verteilung gelangt. Um nicht den Eindruck von Schwäche aufkommen zu lassen, teilte Kiew am Freitag mit, die Militärfahrzeuge, die am Donnerstagabend in die Ukraine eingedrungen seien, seien von der ukrainischen Artillerie zerstört worden.

Rasmussen sagte in Kopenhagen, in der Nacht habe es einen "russischen Übergriff" auf das Gebiet der Ukraine gegeben. Das bestätige, dass es einen kontinuierlichen Fluss von Waffen und Kämpfern aus Russland in die Ost-Ukraine gebe. "Das ist eine klare Demonstration fortgesetzter russischer Beteiligung an der Destabilisierung der Ost-Ukraine", sagte er vor Journalisten.

In der Ost-Ukraine waren die prorussischen Separatisten nach monatelangen Kämpfen immer stärker in die Defensive geraten. Die ukrainische Armee hatte am Montag erklärt, sie stehe vor dem Beginn der letzten Phase der Einnahme von Donezk. Die Industrie- Metropole und die Stadt Luhansk sind Hochburgen der Rebellen. Dort werden Wasser und Nahrungsmittel knapp. Der russische Hilfskonvoi enthält nach russischen Angaben 2000 Tonnen Wasser, Babynahrung und andere Hilfsgüter.

Finnlands Präsident Niinisto war am Freitag der erste europäische Staatschef, den Putin seit der Eskalation der Ukraine-Krise empfing. Putin sagte nach dem Treffen in Sotschi, er und Niinisto wollten alles in ihrer Macht stehende tun, um den Konflikt in der Ost-Ukraine zu beenden und einen Dialaog zwischen der Regierung in Kiew und den Rebellen herzustellen.

Das Tauziehen um einen russischen Hilfskonvoi für die von prorussischen Separatisten gehaltenen Gebiete in der Ost-Ukraine hält an. Ukrainische Grenzschützer begannen am Freitagmorgen auf russischem Gebiet mit der Untersuchung der etwa 280 Lastwagen. Ein Medienbericht über das Vordringen russischer Schützenpanzer in die Ukraine schürte den Argwohn der Regierung in Kiew, Russland könnte eine Invasion unter dem Deckmantel des Hilfstransports planen. Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sprach von einem "russischen Übergriff" auf das Territorium der Ukraine. Statt zu einer Entspannung der Lage beizutragen, heize die Regierung in Moskau den Konflikt weiter an. Der russische Präsident Wladimir Putin indes sagte nach einem Treffen mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinisto, er wolle alles zur Beendigung der Ukraine-Krise tun.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) erklärte am Freitagnachmittag, der Hilfskonvoi werde noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Die Lastwagen sollen unter der Obhut des IKRK in die zwischen Rebellen und Regierungstruppen umkämpften Gebieten fahren. Dort sollen Mitarbeiter der Organisation die Hilfsgüter verteilen. Vorher benötige das IKRK aber noch Sicherheitsgarantien aller Konfliktparteien. Russland und die Ukraine müssten zudem versichern, dass es allein um humanitäre Hilfe gehen. Die ukrainische Grenzbehörde ließ offen, wann die Inspektion der Lkw beendet sein und der Konvoi die Grenze überqueren könnte.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Mietpreisbremse bleibt bestehen: Bundesjustizministerin Hubig kündigt Bußgeldregelung an
11.07.2025

Die Mietpreisbremse wird verlängert – doch ist das genug, um Mieter wirklich zu schützen? Während die Politik nachjustiert, plant das...

DWN
Politik
Politik Trump: Wir schicken Waffen, die NATO zahlt
11.07.2025

Erst Stopp, dann Freigabe: Trump entscheidet über Waffen für Kiew – und kündigt neue Schritte gegen Russland an. Bezahlen will er das...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Shitstorm im Joballtag: Hate Speech am Arbeitsplatz explodiert – was Unternehmen jetzt tun müssen
11.07.2025

Hassrede hat den Mittelstand erreicht – von Social Media bis ins Kundengespräch. Wo endet Meinungsfreiheit, wo beginnt...

DWN
Politik
Politik Milliardenschwere Steuerentlastungen für Unternehmen: Bundesrat macht Weg frei für Wachstumspaket
11.07.2025

Deutschland steht wirtschaftlich unter Druck. Das Wachstumspaket der Bundesregierung soll neue Investitionen anregen und Unternehmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell im Plus: Zwischen Zollstreit, Zinspolitik und charttechnischer Entscheidung
11.07.2025

Der Goldpreis schwankt – zwischen geopolitischer Unsicherheit, robuster US-Wirtschaft und charttechnischen Signalen. Anleger fragen sich:...

DWN
Politik
Politik Generälin über Krieg mit Russland: Ist Lettland die Schwachstelle der NATO?
11.07.2025

NATO-Generälin Jette Albinus rechnet mit russischem Angriff auf Lettland. Der Einsatz wäre kein Afghanistanszenario – sondern ein Kampf...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Kurs unter Druck: Sorgen um US-Zölle dämpfen Rekordlaune
11.07.2025

Nach seinem Rekordhoch gerät der DAX-Kurs zum Wochenausklang unter Druck. Drohende Zölle aus den USA und schwache Unternehmensdaten...

DWN
Politik
Politik Zölle auf Wein? Deutsche Winzer blicken mit Sorge auf mögliche US-Zölle
11.07.2025

Strafzölle in Höhe von 200 Prozent auf Weinimporte aus der EU – mit diesem Szenario hatte US-Präsident Donald Trump noch im April...