Politik

Saxo-Bank: Frankreich braucht eine Revolution

Lesezeit: 2 min
05.09.2014 00:06
Das Land braucht ein neues politisches System, eine neue Steuerregelung, einen weniger aufgeblähten Staatssektor und weniger Subventionen, fordert der Chef-Ökomom der Saxo-Bank. Präsident Hollande sei unfähig, diese Probleme anzugehen. Doch nur mit einer Revolution innerhalb des Systems ließe sich die „Verrottung Frankreichs“ stoppen.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Frankreichs Geschichte ist durchzogen von Krisen, die stets zu einem schnellen und dramatischen Wechsel der Verhältnisse geführt haben. Die eine, die einem am schnellsten in den Sinn kommt, ist jene, bei der König Ludwig XVI. während der Französischen Revolution seine monarchische Macht verlor. Er erbte eine enorme Staatsverschuldung (kommt Ihnen das bekannt vor?) und versuchte mit einer Reihe von politischen Schachzügen zu reagieren. Aber schlussendlich hat ihn diese Krise überwältigt. Er und seine Untergebenen des Ancien Régime verloren nicht nur ihre Macht – sondern zudem auch ihre Köpfe.

Es ist Zeit für eine Revolution des 21. Jahrhunderts in Frankreich. Der Dirigismus liegt im Sterben. Vive la France.“ So analysiert Steen Jakobsen, Chef-Ökonom der Saxo Bank, die aktuelle Lage Frankreichs.

Francois Hollande ist der unbeliebteste Präsident in der französischen Geschichte. Mit der Präsentation der neuen Regierung unter Premier Manuel Valls am 26. August stellte Hollande auch den neuen Wirtschaftsminister Emmanuel Macron vor. Bis vor wenigen Wochen war dieser noch sein persönlicher Wirtschaftsberater. Der Präsident hat den vormaligen Investment-Banker zum Nachfolger seines Rivalen Montebourg ernannt.

Der Parteilinke Montebourg hatte den Reform- und Sparkurs Hollandes offen kritisiert und damit einen Kabinettskrach ausgelöst. Als Wirtschaftsminister steht Macron vor der Aufgabe, den jahrelangen Niedergang der Industrie zu stoppen. Mit dem Entfernen seines politischen Gegners riskiert Holland viel, so der Saxo-Chefökonom. Montebourg sei ein Mann der alten Schule und der alten Ideen: Unter anderem habe er sich selbst den Titel „Minister der Industriellen Auferstehung“ genannt.

Das Problem für Präsident Hollande und seine Reformbemühungen sei, dass das Entfernen von Montebourg zwar ein Sieg für seine wirtschaftliche Strategie sei. Gleichzeitig bedeute es allerdings den Verlust seiner politischen Fähigkeit, beides zu führen: Seine Partei und den französischen Staat. Denn „Wirtschaftspolitik ohne politische Rückendeckung ist wie Skifahren ohne Schnee: Politik braucht politische Verankerung“, so Jakobsen.

Die angebotsorientierten Wirtschaftspolitik und die Ideen von Premier Valls seien gut, aber sie reichen nicht, um die „Verrottung Frankreichs“ zu stoppen.

Immer mehr Beobachter argumentieren, dass, was Frankreich braucht sei entweder eine Europäische Zentralbank, die in den vollen „QE-Modus“ geht, oder ein Frankreich, das fiskal expandiert – oder sogar beides. Doch beides sei nicht nur kurzsichtig, es sei auch falsch, so Jakobsen: „Frankreich braucht ein neues politisches System, eine neue Steuerregelung, einen weniger aufgeblähten Staatssektor und weniger Subventionen“. Frankreich sei nicht verloren, „es ist nur desorientiert und es fehlt das Ziel“.

Frankreich sei sein schlimmster eigener Feind. Es glaubt an alte Tugenden und Ideen aus einer längst vergangenen Zeit. Der Dirigismus, die französische Version des sozialistischen Kapitalismus sei gescheitert. Deshalb brauche Frankreich seinen Thatcher-Moment, mit einer neuen politischen Führung, die mutig genug ist, genau für einen Wandel gewählt zu werden. „Es braucht ein Oberhaupt, welches mutig genug ist ein System zusammenbrechen zu lassen, das sich mehr auf makro- als auf mikroökonomische Politik konzentriert. Ein System, mit einer elitären Gesellschaft, die zu viele Anreize für schlechtes Verhalten und keine Anreize für private Initiativen, Innovation und harte Arbeit hat. Mit oder ohne Hollande, Frankreich scheint nicht bereit, sich zu ändern. Deshalb brauchen wir eine tiefe Rezession und sogar eine Depression, bevor wir wirkliche Veränderung sehen. Reale Veränderungen entstehen nur aus einer echten Krise“, so Jakobsen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sichere Mobilgeräte für Ihr Business: Das Samsung Security Ecosystem

In vielen Unternehmen sind Smartphones und Tablets längst zum unverzichtbaren Arbeitsmittel geworden. Je nach Einsatzgebiet sind die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Mineralreiche Staaten werden sich ihrer Marktmacht bewusst – doch ein Kartell ist weiterhin keine Option
21.09.2023

Wenn auch das Zeitalter der fossilen Energieträger bei weitem noch nicht abgelaufen ist, so nimmt die Bedeutung von Alternativen in...

DWN
Politik
Politik Ende der Geduld: Polen stoppt Waffenlieferungen an Ukraine
21.09.2023

Polen will die Ukraine nicht mehr mit Waffen versorgen und sich stattdessen auf die eigene Aufrüstung konzentrieren. Ist damit der Weg...

DWN
Finanzen
Finanzen Yuan überholt Dollar in Chinas Außenhandel
21.09.2023

Der Yuan baut seinen Vorsprung auf den Dollar in Chinas Außenhandel aus – Symptom strategischer Verschiebungen im globalen Handels- und...

DWN
Finanzen
Finanzen Inflation gebannt? Schweiz lässt Zinsen unverändert
21.09.2023

Die Schweiz hat überraschend auf eine Zinserhöhung verzichtet, auch weil die Inflation zuletzt niedrig war. Weitere Anhebungen könnten...

DWN
Politik
Politik Steuereinnahmen steigen deutlich, aber Geld ist schon verplant
21.09.2023

Die Steuereinahmen von Bund und Ländern lagen im August knapp 9 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Doch dies ist in der Haushaltsplanung...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Additive Fertigung: Wo Deutschland an der Spitze steht
20.09.2023

In einer Zeit, in der Deutschland auf fast allen Feldern zurückzufallen scheint, meldet das Europäische Patentamt (EPA) Hoffnungsvolles:...

DWN
Politik
Politik Steigende Preise bei Munition belasten NATO-Staaten
20.09.2023

Die höheren Militärausgaben bringen nicht automatisch mehr Ausrüstung und Munition, warnt ein hochrangiger NATO-Beamter. Denn die Preise...