Politik

EU und EZB haben Irland zu Banken-Rettung auf Kosten der Steuerzahler gezwungen

Lesezeit: 2 min
04.10.2014 01:18
Die Troika unter Federführung der EZB drohte Irland 2010 in einer Telefonkonferenz mit dem Staatsbankrott, sollte der Staat Überlegungen in die Tat umsetzen, Haltern von irischen Staatsanleihen mit einem Abschlag oder gar „Haircut“ zu versehen. Einzelheiten wurden nun vom Präsidenten der irischen Zentralbank enthüllt.
EU und EZB haben Irland zu Banken-Rettung auf Kosten der Steuerzahler gezwungen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Im Mai dieses Jahres stellte sich heraus, dass Irland soll von Deutschland, der EU und der EZB gezwungen wurde, seine Banken mit Steuergeldern zu retten. Die Iren wollten Gewissheit: Wurden sie wirklich erpresst? Doch die EZB mauerte und blieb einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss fern.

Nun stellt sich heraus, dass Verantwortliche der EU und der EZB vereinbart hatten, Irland mit einem Staatsbankrott zu drohen, sollte die Regierung beim damaligen Eintritt in die „Rettungspakete“ versuchen, Anleihegläubiger, also Halter von irischen Staatsanleihen, zu schröpfen.

Diese Drohung wurdeoffenbar bei einer „High-Level“-Telekonferenz zwischen Vertretern der EU und der EZB ausgestoßen, wie nun der Präsident der irischen Zentralbank, Patrick Honohan, laut der Irish Independent bekanntgab. Weiterhin erläuterte Honohan, er sei seinerzeit in die Details der „Hight-Level“-Telefonkonferenz nicht eingeweiht gewesen.

Die Vorgänge zu der Erpressung fand Zentralbank-Chef Hohohan durch Recherchen zu seinem Buch über den 2011 verstorbenen britischen Finanzminister Brian Lenihan heraus. Demnach wurde die Drohung von Vertretern der EU und der EZBam 26. November 2010 auch bei einem Meeting gegenüber Lenihan ausgestoßen. „Die Mitarbeiter der Troika bedeuteten (dem ehemaligen Finanzminister) Brian Lenihin kategorisch, dass ‚eine Beteiligung der Anleihegläubiger‘ kein Programm bedeuten würde und dementsprechend nicht gutgeheißen werden konnten“, berichtet Honohan.

In anderen Worten: Ein von der irischen Regierung offenbar in Betracht gezogener „Haircut“ für Halter von irischen Staatsanleihen würde bedeuten, dass das „Rettungsprogramm“ resp. der „Rettungsschirm“ für Irland nicht in realisiert werden würde – was de facto einen Staatsbankrott zur Folge gehabt hätte.

Mithin wurde also der damalige irische Finanzminister vor die Alternative gestellt: Entweder Verzicht auf eine Beteiligung der Gläubiger an den Staatsanleihen oder es gibt kein „Rettungsprogramm“. Honohans Enthüllungen werden jedenfalls zu den Vorwürfen beitragen, dass Irland in die „Rettungsaktionen“ gemobbt wurde.

Im Dezember 2013 hatte der IWF noch verkündet, Irland hätte Milliarden Euro sparen können, wenn es dem Land erlaubt gewesen wäre, Gläubiger von Bankanleihen der AngloIrish Bank sowie der IrishNationwide einem „Haircut“ zu unterziehen. Doch dieser – von der Regierung ins Auge gefasste – Plan wurde von der EZB blockiert, wie Breaking News Irland berichtete.

Dies hatte konkrete Hintergründe:

Ein immer noch geheim gehaltener Brief des damaligen Präsidenten Trichet an den irischen Finanzminister Lenihan vom 7. November 2010 soll in sehr unhöflicher Form die Drohung enthalten, Irland aus dem Euro zu werfen, falls der irische Staat sich weigern sollte, die Schulden der irischen Pleitebanken weiter auf den irischen Steuerzahler zu übergeben. Irland sollte einen Hilfskredit der EU zusammen mit dem IWF von 85 Milliarden Euro annehmen, der unter der Bedingung an den irischen Staat und damit den irischen Steuerzahler gewährt würde, dass das Geld in die Schulden dieser Pleitebanken versenkt würde.

Unter der Drohung des Rauswurfs aus dem Euro, gerichtet ausgerechnet an das Land, das eben noch das Musterland europäischer Gesinnung gewesen war, knickte die irische Regierung ein. Gegen den zugesagten Hilfskredit wurden die enormen Schulden der Anglo-Irish Bank und anderer Pleitebanken von 64 Milliarden Euro voll vom irischen Steuerzahler übernommen.

Irland ist ein herausragendes Beispiel, dass Europa stärker aus der Krise herauskommen wird als es in sie hineingegangen ist“, erklärte Kanzlerin Merkel beim Besuch ihres Amtskollegen Enda Kenny Anfang 2013 in Berlin.

De facto geht das von den irischen Bürgern erwirtschaftete Vermögen in die Schuldentilgung. Schulden die die Bürger nicht zu verantworten haben. Begünstigte der „Rettungspolitik“ sind die Banken, allen voran deutsche und französische Banken. Bis 2030, so rechnen Experten, gehen 30 Prozent des irischen Wirtschaftsprodukts in die Rückzahlung der Schulden.

Nach Griechenland kam Irland 2010 als zweiter Staat unter die „Obhut“ der Troika und wurde mit einem 68 Milliarden-schweren bilateralen Notkredit gestützt. Aus dem ESFS kamen 17,7 Milliarden Euro, aus dem EFSM 22,5 Milliarden, der IWF steuerte 22,5 Milliarden bei, der Rest kam von Großbritannien, Schweden und Dänemark. Beim ESFS und EFSM stellten die deutschen Steuerzahler rund 27 Prozent der Kredite zur Verfügung.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Menge sichergestellten Kokains im Hamburger Hafen verdreifacht
06.05.2024

Im Hamburger Hafen werden alle nur erdenklichen Waren umgeschlagen - auch Drogen. Immer mehr Kokain findet durch das Tor zur Welt seinen...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Der internationale Handel und Kriege im Fokus bei Xi-Besuch in Frankreich
06.05.2024

Auf gute Stimmung machen in Europa: Chinas Staatspräsident Xi besucht seit fünf Jahren mal wieder Frankreich und lächelt, als ihn...

DWN
Politik
Politik Neues Gesicht in der CDU: Helmut Kohl-Enkel will in Bundesvorstand gewählt werden
06.05.2024

Die Kinder von Helmut Kohl haben auf eine Karriere in der Politik verzichtet. Jetzt versucht der Enkel des früheren Bundeskanzlers,...

DWN
Politik
Politik Friedrich Merz bleibt Parteichef: CDU zur sofortigen Regierungsübernahme bereit
06.05.2024

Die CDU trifft sich zum dreitägigen Bundesparteitag in Berlin. Es geht um die Verabschiedung des neuen Parteiprogramms der Union und auch...

DWN
Politik
Politik Scholz zu Besuch in Litauen: „Jeden Zentimeter ihres Territoriums verteidigen"
06.05.2024

Mit der anlaufenden Stationierung einer gefechtsbereiten Brigade an der Nato-Ostflanke geht Deutschland im Bündnis voran. Der...

DWN
Politik
Politik Über Fidschi nach Down under: Annalena Baerbock an der Frontlinie der Klimakrise
06.05.2024

Sie zählen zu den kleinsten Klimasündern, haben aber am stärksten unter den Folgen der Erderwärmung zu leiden. Baerbock ist um die...

DWN
Technologie
Technologie Sprunginnovation: In der Lausitz wird das größte Höhenwindrad der Welt errichtet
06.05.2024

Die Sache klingt zunächst irgendwie tragisch. Die Bundesagentur für Sprunginnovationen versucht, in der Lausitz in 365 Metern Höhenwinde...

DWN
Politik
Politik Verstöße gegen EU-Werte: Kommission will Verfahren gegen Polen beenden
06.05.2024

Die EU-Kommission will das Artikel-7-Verfahren gegen Polen beenden. Es war wegen etwaiger Verstöße gegen die Werte der Europäischen...