Diese Woche startet in Venezuela die erste Bitcoin-Börse. Sie soll Käufer und Verkäufer der Internet-Währung zusammenbringen. Mithilfe von Bitcoin können die Bürger die bestehenden Kapital-Kontrollen in Venezuela umgehen.
„Auch wenn Bitcoin sehr volatil ist, ist es immer noch sicherer als die nationale Währung“, zitiert Reuters Kevin Charles. Der Bitcoin-Preis ist am Sonntag vorübergehend auf unter 230 Euro eingebrochen. Noch im Juli waren Bitcoin mehr als doppelt so teuer.
Doch auch Venezuelas eigene Währung, der Bolivar, ist im vergangenen Jahr auf dem Schwarzmarkt um 60 Prozent gegenüber dem Dollar gefallen. Und der starke Wertverlust der Landeswährung hält an.
Kevin Charles hat zusammen mit seinem Bruder Victor die erste Bitcoin-Börse für Venezuela mit dem Namen SurBitcoin aufgebaut. Die Brüder leben heute in New York. Kevin ist 22 Jahre alt und hat gerade seinen Abschluss in Wirtschaft an der Colombia University gemacht.
Derzeit nutzen in Venezuela hunderte Bitcoin-Fans Internetforen und soziale Medien, um Bitcoin untereinander zu handeln. Mithilfe der Internet-Währung können sie die Kapital-Kontrollen des Landes umgehen und Dollar kaufen oder im Internet einkaufen.
Vor einem Jahrzehnt führte der damalige Präsident Hugo Chavez Kapital-Kontrollen ein. Seitdem können ausländische Währungen wie den Dollar nur von der Regierung erworben werden, die allerdings die hohe Nachfrage nicht bedienen kann. Die Alternative ist der Schwarzmarkt, wo man jedoch 16 Mal mehr für einen Dollar zahlen muss.
Präsident Nicolas Maduro hat die Schwarzmarkt-Händler wiederholt verurteilt. Seiner Ansicht nach sind sie Teil eines „wirtschaftlichen Krieges“ gegen seine Regierung und der Grund für Inflation und Knappheit im Land. Zu Bitcoin haben sich bisher weder Maduro selbst noch seine Regierung geäußert. Dieser Umstand hat einen grauen Markt für Bitcoin geschaffen.
„Bitcoin ist eine Möglichkeit, gegen das System zu rebellieren“, sagte ein Bitcoin-Händler, der 32-jährige in Caracas ansässige Software-Entwickler John Villar.
Villar entdeckte den Nutzen von Bitcoin, als er bei Amazon einen Handy-Akku für 10 Dollar kaufen wollte. Aufgrund der Kapital-Kontrollen konnte er nicht mit Dollar bezahlen. Also kaufte er mit der lokalen Währung von einem Freund Bitcoin. Mit den Bitcoin kaufte er beim Portal gyft.com einen Amazon-Geschenkgutschein, mit dem er dann bei Amazon den Akku kaufen konnte.
Wie der Software-Entwickler Villar senden viele venezolanische Bitcoin-Käufer ihre Bitcoin sofort ins Ausland, um dort Dollar zu erwerben. Eine der Schwierigkeiten der neuen Online-Börse besteht also darin, ein ausreichendes Angebot an Bitcoin zu finden.
Eine mögliche Antwort besteht darin, dass Auswanderer Bitcoin an ihre Angehörigen in Venezuela schicken, die sie dann auf der Online-Börse SurBitcoin für Bolivar eintauschen. Denn Überweisungen in Bitcoin bieten massive Vorteile gegenüber herkömmlichen Auslandsüberweisungen. Sie sind praktisch kostenlos. Zudem benötigt man kein Bankkonto, sondern lediglich einen Internetanschluss.
Eine weitere Möglichkeit, wie Venezolaner an Bitcoin gelangen können, ist das sogenannte Mining. Dies ist der Prozess, worin Computer neue Bitcoin erzeugen, indem sie komplexe Rechenaufgaben lösen. Derzeit existieren rund 13,4 Millionen Bitcoin mit einem Marktwert von circa 4 Milliarden Euro. Die maximale Geldmenge ist auf 21 Millionen Bitcoin festgelegt.
Zum Betrieb von Mining-Computern benötigt man eine Menge Strom. Dies ist ein Standortvorteil für die Venezolaner. Denn im Vergleich zu anderen Ländern zahlen sie nur einen Bruchteil der Strompreises. Der Grund dafür sind die staatlichen Strom-Subventionen.
Reuters berichtet von einem Bitcoin-Miner in Caracas. In seiner stark klimatisierten Wohnung hat er eine spezielle Mining-Ausrüstung im Wert von mehreren tausend Dollar. Er will anonym bleiben, aus Furcht, bestohlen zu werden. Er sagt: „In Venezuela haben wir ein Goldfieber: ein Bitcoin-Fieber!“