Gemischtes

Mercedes testet Auto ohne Fahrer auf öffentlichen Straßen

Autobauer wie Mercedes und Volvo testen bereits autonom fahrende Autos auf öffentlichen Straßen. Doch Elektronik- und Softwareunternehmen profitieren am meisten von dem Trend. Die Autohersteller hingegen geraten unter Druck: wer die Technik ignoriert, droht in die Bedeutungslosigkeit zu rutschen, wie einst die PC-Branche beim Aufkommen der Laptops und Smartphones. Zulieferer erhalten durch Schlüsseltechnologien mehr Verhandlungsmacht.
13.10.2014 14:23
Lesezeit: 2 min

Autos werden mit neuer Software und Elektronik ausgestattet, die automatisiertes Fahren ermöglichen. Einem FT-Bericht zufolge testen Mercedes und Volvo bereits erste Modelle im Straßenverkehr. Die Technik dafür kommt jedoch meist von den Zulieferern, nicht von den Autobauern selbst. Die Zulieferer-Branche kann dabei auf Wachstumsimpulse von jährlich 30 Prozent bis 2016 hoffen. Die Autobauer selbst geraten enorm unter Innovationsdruck: Wer den Trend verschläft, läuft Gefahr, an Bedeutung zu verlieren.

Dabei führen Analysten einen Vergleich mit der PC-Branche an. Die großen Profite machen die Software- und Elektronikunternehmen, nicht mehr die PC-Firmen.

„Alle Zulieferer in der Industrie werden mit der Zeit an Macht gewinnen“, zitiert die FT eine anonyme Quelle aus der Automobilindustrie. „Wenn ich mir in Zukunft ein Auto kaufe, ist es mir egal, ob der Hubraum 1,9 oder 2,4 Liter beträgt, weil ich es nicht mehr selbst fahren werde.“

Die ADAS-Systeme (Advanced Driver Assistance Systems) sollen die Langeweile beim Fahren beseitigen und gleichzeitig Unfälle vermeiden. Hersteller Tesla arbeitet an einer Funktion, die es Sensoren ermöglicht, die Geschwindigkeitsbegrenzungen der Strecke auszulesen und das Fahrzeug bei Bedarf zu bremsen.

Volkswagen Modell XL1 ist in Europa bereits auf dem Markt und hat in den Außenspiegeln Kameras installiert. Andere Hersteller entwickeln Funktionen, die dem Fahrer erlauben, das Lenkrad in die Mitte des Fahrzeuges zu verschieben, wenn das Auto im „Autopilot“-Modus fährt, um dem Fahrer mehr Beinfreiheit zu gewähren. Daimlers fahrerloser Lkw soll der Prototyp für die Logistik werden. Der Fahrer wird zum Logistikmanager, der während der Fahrt administrative Aufgaben erledigen kann. Der Fahrer muss nicht einmal mehr auf die Straße schauen.

Hersteller wollen ihre Fahrzeuge individueller gestalten und sich von der Konkurrenz abheben. Gleichzeitig verlangt automatisiertes Fahren wieder verstärkt Ersatzsysteme zur Gewährleistung der Sicherheit dieser Innovation. Beides macht es wahrscheinlich, dass ADAS-Systeme wie Radar, Kameras, Kartentechnik, Sensoren und Software in Zukunft den Automarkt erobern werden. Die Zukunft des automatisierten Fahrens steht vor der Tür.

Dabei geht es nicht um den Kampf zwischen Herstellern und Zulieferern. Vielmehr erhalten Zulieferer durch die neuen Produkte mehr „Verhandlungsmacht“, sagt Guillaume Devauchelle, Vizepräsident für Innovation beim französischen Zulieferer Valeo. Zulieferer mit einer breiten Palette an Angeboten zum automatisierten Fahren profitieren am meisten.

Die Innovation hat eine Welle an Fusionen und Übernahmen in der Branche ausgelöst. ZF Friedrichshafen übernahm im September TRW Automobile und stieg auf zum zweitgrößten Zulieferer der Welt. Panasonic übernahm 49 Prozent des spanischen Autoteileherstellers Ficosa. Autoliv, eine schwedische Airbag und Sicherheitsgurte-Firma investiert in deutsche Radartechnik der Firma Hella. Continental und Bosch profitieren beide von der bekennenden Haltung deutscher Hersteller zum automatisierten Fahren.

Automatische Einparkhilfen, Warnungen beim Ausscheren aus der Spur sowie automatische Bremshilfen und Fußgänger-Erkennung sind Produkte, die bereits in Serie in die neues Autogeneration installiert werden. Daimler entwickelt einen Stau-Assistenten, der automatisch bei niedriger Geschwindigkeit hinter dem vorwegfahrenden Auto her fährt.

ADAS-Systeme werden bis 2025 etwa 57 Milliarden US- Dollar ausmachen, verglichen mit einem Marktwert von derzeit rund 6 Milliarden, schätzen Analysten der BNP Paribas.

Wichtige Konkurrenten auf dem Software-Markt für automatisiertes Fahren sind neben Google die Firma Mobileye, ein israelisches Startup das Kamerasysteme entwickelt oder Elektrobit, ein finnischer Softwareentwickler, der mit Mercedes-Benz kooperiert.

Der Entwicklung des Software-Codes für automatisiertes Fahren kommt eine immense Bedeutung zu. Hersteller werden sich darum bemühen, im Schadensfall die Haftungsverantwortung von sich zu weisen: „Wenn der Code versagt, kann das katastrophale Folgen haben. Das will kein Hersteller“, sagt Martin Schleicher von Elektrobit. Daher seien die Hersteller bestrebt, sich in dem Bereich abzusichern.

Das Auto der Zukunft wird eine zentrale Kontrollinstanz besitzen, die die Daten der Sensoren mithilfe von Algorithmen in automatische Aktionen verwandelt. Diese Funktionsweise kommt der eines Gehirns recht nahe. Wer diese zentrale Instanz kontrolliere – egal, ob Hersteller oder Zulieferer – „kontrolliert den Wert des Fahrzeuges“, heißt es in einem Bericht von Morgan Stanley an dessen Kunden.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Immobilien
Immobilien Bauzinsen aktuell weiterhin hoch: Worauf Häuslebauer und Immobilienkäufer jetzt achten sollten
12.07.2025

Die Zinsen auf unser Erspartes sinken – die Bauzinsen für Kredite bleiben allerdings hoch. Was für Bauherren und Immobilienkäufer...

DWN
Finanzen
Finanzen Checkliste: So vermeiden Sie unnötige Kreditkarten-Gebühren auf Reisen
12.07.2025

Ob am Strand, in der Stadt oder im Hotel – im Ausland lauern versteckte Kreditkarten-Gebühren. Mit diesen Tricks umgehen Sie...

DWN
Technologie
Technologie Elektrische Kleinwagen: Kompakte Elektroautos für die Innenstadt
12.07.2025

Elektrische Kleinwagen erobern die Straßen – effizient, kompakt und emissionsfrei. Immer mehr Modelle treten an, um Verbrenner zu...

DWN
Finanzen
Finanzen Elterngeld: Warum oft eine Steuernachzahlung droht
12.07.2025

Das Elterngeld soll junge Familien entlasten – doch am Jahresende folgt oft das böse Erwachen. Trotz Steuerfreiheit lauert ein...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto ersetzt Börse: Robinhood bietet Token-Anteile an OpenAI und SpaceX
12.07.2025

Die Handelsplattform Robinhood bringt tokenisierte Beteiligungen an OpenAI und SpaceX auf den Markt. Doch was wie ein Investment klingt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Meta-KI: Facebook-Mutter wirbt KI-Top-Talente von OpenAI ab – Altman schlägt Alarm
12.07.2025

Der KI-Krieg spitzt sich zu: Meta kauft sich Top-Talente, OpenAI wehrt sich mit Krisenurlaub – und Europa droht im Wettrennen um die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deindustrialisierung: Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende - Industriestandort gefährdet
11.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Technologie
Technologie Start-up ATMOS Space Cargo setzt neue Maßstäbe: Deutsche Logistik erobert den Weltraum
11.07.2025

Fracht ins Weltall zu bringen, ist eine Herausforderung. Eine noch größere ist es, sie wieder unversehrt zur Erde zurückzubringen....