Politik

CDU fordert Bestrafung von Greenpeace wegen TTIP-Enthüllung

Lesezeit: 2 min
07.05.2016 14:26
Die CDU will Greenpeace wegen des Leaks der geheimen TTIP-Papiere rechtlich belangen. Die Forderung entspricht einem aktuellen politischen Trend nach Bestrafung von Whistleblowern. In Luxemburg müssen sich drei Männer für die LuxLeaks verantworten, mit denen das Unwesen der Steuer-Oasen in Europa aufgedeckt wurde.
CDU fordert Bestrafung von Greenpeace wegen TTIP-Enthüllung

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

+++Werbung+++

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Nach der Veröffentlichung vertraulicher Unterlagen zum Freihandelsabkommen TTIP hat der CDU-Politiker Michael Fuchs rechtliche Konsequenzen für die Umweltorganisation Greenpeace gefordert. "Gegen Rechtsverstöße von Greenpeace bei der laufenden Aktion muss sich der Rechtsstaat mit allen Mitteln wehren", sagte der Vizechef der Bundestags-Unionsfraktion der Bild-Zeitung.

Greenpeace hatte am Montag vor dem Brandenburger Tor einen Lese-Container mit bislang geheimen TTIP-Dokumenten aufgestellt. Die Aktion von Greenpeace zeige die "Verlogenheit der Empörungsdebatte zu TTIP", kritisierte Fuchs. Die Umweltorganisation sei selbst "völlig intransparent".

Enthüllungen von Greenpeace über TTIP Anfang dieser Woche hatten neue Zweifel an dem Vorhaben geschürt. Greenpeace stellte geheime Verhandlungsdokumente auch ins Internet und erklärte mit Verweis auf die Papiere, die USA wollten europäische Schutzstandards auflösen.

Die Forderung nach Bestrafung von Greenpeace entspricht einem allgemeinen politischen Trend: Unliebsame Informationen sollen auch geschützt bleiben, Whistleblowern drohen Strafen. So ist es auch bei den sogenannten LuxLeaks.

In Luxemburg stehen seit einigen Tagen drei Männer vor Gericht, die maßgeblich an den Enthüllungen des "LuxLeaks"-Skandals über dubiose Steuervergünstigungen beteiligt waren. Verantworten müssen sich zwei ehemalige Mitarbeiter der Unternehmensberatung PwC und ein französischer Journalist wegen des Diebstahls vertraulicher Dokumente. Im Falle einer Verurteilung drohen ihnen bis zu zehn Jahre Haft.

Der PwC-Angestellte Antoine Deltour soll die brisanten Dokumente aus seiner Firma entwendet haben, kurz bevor er diese 2010 verließ. Später soll er sie an den Journalisten Edouard Perrin weitergegeben haben, der als Erster im Mai 2012 im Fernsehsender France 2 über den Fall berichtet hatte. Perrin soll den PwC-Angestellten Raphaël Halet später dazu gebracht haben, ihm weiteres Material zu besorgen.

Die Berichte Perrins erregten 2012 nur begrenztes Aufsehen, erst die "LuxLeaks"-Enthüllungen des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ zwei Jahre später sorgten europaweit für Wirbel. Das Recherchenetzwerk hatte Ende 2014 aufgedeckt, dass rund 340 Unternehmen mit Luxemburg für sie teils extrem vorteilhafte Steuerabsprachen getroffen hatten.

Diese erlaubten ihnen, ihre Steuern in dem Großherzogtum auf teils ein Prozent zu drücken und damit in anderen Ländern Steuern in Millionenhöhe zu sparen. Zu den Konzernen gehörten Apple, Ikea und Pepsi. Infolge der Enthüllungen leitete die EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager Prüfverfahren zum Steuergebaren mehrerer Firmen ein. Sie soll als Zeugin in dem Prozess aussagen.

Die Vorwürfe gegen die drei angeklagten Franzosen reichen von Diebstahl und Verletzung von Geschäftsgeheimnissen bis zur Verletzung des Berufsgeheimnisses. Der 31-jährige Hauptangeklagte Deltour sagte am Dienstag vor dem Gericht in Luxemburg, er "erkenne die Substanz" der Tatsachen an. Seine beiden Mitangeklagten Halet und Perrin stritten die Vorwürfe dagegen ab.

Deltour wurde vor dem Gericht von dutzenden Unterstützern empfangen, die applaudierten und "Danke Antoine" riefen. Sein 40-jähriger Mitangeklagter Halet sagte der Nachrichtenagentur AFP vor Beginn des Prozesses, der bis zum 4. Mai laufen dürfte: "Ich bin sehr ruhig, ich habe im Interesse der Allgemeinheit gehandelt."

Durch die "LuxLeaks"-Affäre war auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker unter Druck geraten, der in seiner fast zwei Jahrzehnte währenden Amtszeit als Regierungschef und Finanzminister des Großherzogtums maßgeblich für die durch die Enthüllungen ans Licht geratenen Steuernachlässe für internationale Großunternehmen mitverantwortlich war.

Die Hilfsorganisation Oxfam erklärte zum Prozessauftakt, die Angeklagten sollten "gefeiert, nicht verfolgt" werden. Der Grünen-Politiker Sven Giegold sagte dem Bayerischen Rundfunk, die drei Franzosen "verdienen keine Anklage, sondern einen Orden". "Durch diese Information ist der größte Steuerskandal in der Geschichte der Europäischen Union öffentlich geworden", sagte Giegold.

Das internationale Recherchenetzwerk ICIJ sorgte unlängst mit der Veröffentlichung der "Panama Papers" über dubiose Briefkastenfirmen erneut weltweit für Aufsehen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Kostenloses Experten-Webinar: Die Zukunft der personalisierten Medizin aus der Cloud - und wie Sie davon profitieren

Eine individuelle Behandlung für jeden einzelnen Menschen - dieser Traum könnte nun Wirklichkeit werden. Bei der personalisierten Medizin...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla Grünheide - Protesttage: Polizei schützt Autofabrik mit Großaufgebot
10.05.2024

Die Kundgebungen gegen den Autobauer Tesla in Grünheide erreichten am Freitag einen neuen Höhepunkt. Während eines...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Chefredakteur kommentiert: Deutsche Bahn, du tust mir leid!
10.05.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Technologie
Technologie Kein Erdgas mehr durch die Ukraine? Westeuropa droht erneute Energiekrise
10.05.2024

Eines der größten Risiken für die europäische Erdgasversorgung im nächsten Winter ist die Frage, ob Gaslieferungen weiterhin durch die...

DWN
Finanzen
Finanzen DAX-Rekordhoch: Deutscher Leitindex springt auf Allzeithoch bei über 18.800 Punkten
10.05.2024

Der DAX hat am Freitag mit einem Sprung über die Marke von 18.800 Punkten seinen Rekordlauf fortgesetzt. Was bedeutet das für Anleger und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Streik am Bau: Gewerkschaft kündigt Proteste in Niedersachsen an
10.05.2024

Die IG Bauen Agrar Umwelt hat angekündigt, dass die Streiks am Bau am kommenden Montag (13. Mai) zunächst in Niedersachsen starten...

DWN
Politik
Politik Selenskyj drängt auf EU-Beitrittsgespräche - Entwicklungen im Ukraine-Krieg im Überblick
10.05.2024

Trotz der anhaltenden Spannungen an der Frontlinie im Ukraine-Krieg bleibt Präsident Selenskyj optimistisch und setzt auf die...

DWN
Politik
Politik Corona-Aufarbeitung: Spahn spricht sich für breite Analyse aus mit allen Blickwinkeln
10.05.2024

Im deutschen Parlament wird zunehmend eine umfassende Analyse der offiziellen Corona-Maßnahmen, einschließlich Masken und Impfnachweisen,...

DWN
Politik
Politik Pistorius in den USA: Deutschland bereit für seine Aufgaben
10.05.2024

Verteidigungsminister Boris Pistorius betont in Washington eine stärkere Rolle Deutschlands im transatlantischen Bündnis. Er sieht den...