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Nach mehr als 20 Jahren wird in Kommune Riedstadt nahe Darmstadt wieder dauerhaft Erdöl gefördert.
Eigentlich war die Förderung im hessischen Ried in den 1990er Jahren bereits beendet worden. Wie jetzt bekannt wurde, hat jedoch das Bohrfeld „Schwarzbach I" in Riedstadt (Ortsteil von Groß-Gerau) Anfang des Jahres nach erfolgreichen Probebohrungen eine Fördergenehmigung für die nächsten 27 Jahre erhalten.
Das Heidelberger Unternehmen Rhein Petroleum transportiert derzeit wöchentlich etwa 66.000 Liter Rohöl aus Südhessen ab. Pro Woche fahren durchschnittlich zwei Tanklastwagen auf der kleinen Förderanlage vor und bringen jeweils rund 33 Kubikmeter Rohöl zur Weiterverarbeitung in die Raffinerie MIRO in Karlsruhe. Das Öl gelangt von hier unter anderem zum Chemiekonzern BASF. Eine zweite Bohrstelle könnte im Jahr 2019 folgen.
Die meisten Einwohner von Riedstadt sehen die Ölproduktion auf den ansonsten agrarwirtschaftlich genutzten Flächen gelassen. Wie ein Sprecher der Stadt, Rainer Fröhlich, erklärt, habe die Erdölförderung im Ried eine lange Geschichte. Fröhlich könne sich noch gut an so genannte Pferdekopfbohrer erinnern, die wie die in Texas ausgesehen hätten. Allerdings werde nur geringe Gewerbesteuereinnahmen erwartet. „Riedstadt wird dadurch nicht zu Dallas“, fügt Fröhlich hinzu.
Wie Rhein Petroleum-Geschäftsführer Carsten Reinhold sagt, sei es neuer Technik zu verdanken, dass die Ölförderung in der Region wiederbelebt wurde. Es sei lange unmöglich gewesen, das Öl zu finden. Schon im Jahr 1952 sei das erste Öl aus dem Ried mit Tankwagen über die Eisenbahn transportiert worden. Reinhold berichtet, über einen längeren Zeitraum hinweg bis in die 1960er Jahre habe es vier Erdölfelder und vier kleinere Gasfelder im Ried gegeben. Dann sei 1994 vorerst Schluss gewesen.
Gegen die erneuten Öl-Bohrungen gibt es von Seiten der Naturschützer keinerlei Einwände. Ausdrücklich lobt sogar der Naturschutzbund Deutschland (NABU) die transparente Öffentlichkeitsarbeit von Rhein Petroleum.
Das hessische Öl spielt bundesweit keine große Rolle. Beinahe 90 Prozent des hierzulande geförderten Öls (nur etwa 2,5 Millionen Tonnen jährlich) stammen aus Niedersachsen und Schleswig-Holstein, wie aus dem Jahresbericht des Niedersächsischen Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie hervorgeht. Rheinland-Pfalz trägt rund acht Prozent zur gesamten Ölproduktion des Landes bei. In Deutschland waren in Jahr 2016 genau 50 Ölfelder in Betrieb, ebenso viele wie im Jahr zuvor.
Deutschland ist relativ arm an dem Rohstoff Öl und demzufolge auf Importe angewiesen. Zum Beispiel wurden alleine im Jahr 2016 91 Millionen Tonnen Rohöl eingeführt. Trotz niedriger Ölpreise und aufkommender Elektromobilität wird in Deutschland aber weiter in die Ölförderung investiert. Neben dem aktuellen Preisniveau sei bei Investitionsplänen entscheidend, welche langfristigen Erwartungen die Unternehmen hätten, wie Miriam Ahrens vom Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie, dem Interessenverbund der öl- und gasfördernden Unternehmen, erklärt. Mark Krümpel, Unternehmenssprecher der BASF-Tochter Wintershall, meint, dass die Branche langfristig denke, und schließlich verdiene man mit der Förderung auch Geld. Nach seinen Worten profitiert Wintershall von der langen Geschichte, den bestehenden Infrastrukturen und der hohen Qualität des Öls.
Die Ölförderer argumentieren mit der Versorgungssicherheit. Man könne auch mit der in Deutschland gewonnen Expertise weltweit punkten, weil auch international die Zeiten des „Easy Oil“ vorbei seien. Die Förderung von Erdöl gilt in Deutschland als schwierig. Der Branchenverband beschreibt die Erschließung neuer Ressourcen beispielsweise in Niedersachsen mit dem Verweis auf komplexe geologische Strukturen sogar als hochriskant.
Ohne Frage ist ein willkommener Nebeneffekt der Förderung in Deutschland der Hinweis auf die wirtschaftliche Bedeutung. Die heimischen Fördergesellschaften von Öl und Gas beschäftigen immerhin fast 10.000 Mitarbeiter. Darüber hinaus flossen in den zurückliegenden drei Jahren fast 1,8 Milliarden Euro Förderabgaben in die Landeshaushalte.
Auch die Leistungsbilanz der Bundesrepublik Deutschland wird durch die heimische Förderung von Erdgas und Erdöl entlastet. Jedes Barrel Erdöl und jeder Kubikmeter Erdgas, die hierzulande aus der Erde geholt werden, brauchen nicht importiert zu werden. Vor allem in strukturschwachen Gebieten sind die Unternehmen der Förderindustrie in vielfacher Hinsicht ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.