Die Befürchtungen um einen Gaskrieg zwischen der Ukraine und Russland nehmen weiter zu. Die Ukraine versucht nun russisches Gas zu günstigeren Konditionen aus der EU zu beziehen. Der Chef von Gazprom sagte, eine solche Umkehrung der Gasströme sei illegal und warnte europäische Unternehmen davor, sich daran zu beteiligen. Zudem erinnert er die Ukraine an ausstehende Gasrechnungen in Milliardenhöhe.
Der russische Energie-Konzern Gazprom kündigte der Ukraine kürzlich alle Rabatte auf Gaslieferungen, weil die Regierung in Kiew seine offenen Rechnungen nicht begleicht. Dadurch zahlt die Ukraine nun 485,50 Dollar pro 1000 Kubikmeter Erdgas und damit rund 60 Prozent mehr als Deutschland. Die Bundesregierung zahlt etwa 382 Dollar pro 1000 Kubikmeter Erdgas an Gazprom. Davon sind 90 Dollar Transportkosten, wodurch ein Netto-Preis von 292 Dollar pro 1000 Kubikmeter entsteht.
Der rabattfreie Gaspreis von 485,50 Dollar pro 1000 Kubikmeter Erdgas beruht auf einem Vertrag von 2009, der noch unter Julia Timoschenko ausverhandelt wurde. Doch die Übergangsregierung in Kiew wird die höheren Energie-Kosten an die eigene Bevölkerung weiterreichen. Ab Mai sollen die Gaspreise um 50 Prozent steigen. Die Preissteigerung war eine der Bedingungen des IWF für Hilfskredite. Bis zum Jahr 2018 sind weitere Erhöhungen geplant, wie der ukrainische Energieversorger Naftogaz mitteilte (mehr hier).
Nun kündigte die EU an, die Lieferengpässe der Ukraine zu decken. Dafür wolle man das aus Russland importierte Gas zu günstigen Konditionen wieder in die Ukraine zurückleiten. Die Übergangsregierung um Arseni Jazenjuk hofft noch in diesem Jahr auf zwanzig Milliarden Kubikmeter Erdgas aus der EU. So wolle man mehrere Milliarden Dollar einsparen, so Jazenjuk (hier).
Der Chef des russischen Energie-Konzerns Gazprom, Alexej Miller, bezeichnete die Lieferung von russischem Gas durch die EU an die Ukraine als illegal.
„Wir bezweifeln sehr stark, dass die Umkehrung der Gasströme in der Slowakei nach […] Donezk, Charkiw oder Kiew physikalisch möglich sind“, sagte Miller im russischen Fernsehen NTV. Dies sei schon deshalb unmöglich, weil das „Gas nicht gleichzeitig in beide Richtungen fließen könne“, so Miller weiter. Zudem habe die Ukraine kein vertragliches Recht dazu habe, das Gas von Gazprom in den Pipelines zu kontrollieren. Miller warnte auch alle europäischen Energiekonzerne sich an einem solchen Vorgehen zu beteiligen.
„Ich denke, dass die europäischen Unternehmen, die an die Ukraine Gas durch solche Umkehrungen der Gasströme liefern wollen, sehr genau überlegen sollte, ob solche Transaktionen legal sind“, sagte Miller.
Die EU bereitet die Lieferung von russischem Gas aus Ungarn und Polen an die Ukraine vor. Ein ähnliches Modell soll in der Slowakei etabliert werden, wie Euractiv berichtet.
Miller erinnerte die Regierung in Kiew erneut an ihre offenen Gasschulden in Höhe von 11,4 Milliarden Dollar, die sogenannten Verträge von Charkiw entstanden sind. Die Charkiw Verträge wurden am 30. April 2010 von Russland und der Ukraine unterzeichnet. Darin garantiert Russland der Ukraine einen Preisnachlass von 100 Dollar auf 1000 Kubikmeter Gas im Austausch für die Nutzung des Marinestützpunkts in Sewastopol auf der Krim. Durch die Eingliederung der Krim in die russische Föderation seien die Verträge ungültig und die Ukraine müsse den Milliarden-Rabatt zurückzahlen.
„Die Ukraine hat Russland 100 Dollar pro 1000 Kubikmeter Gas zu wenig bezahlt. Seit der Unterzeichnung der Charkiw Verträge beläuft sich dieser Rabatt auf 11,4 Milliarden Dollar“, so Miller.