Finanzen

Leben nach dem Bank-Run: EU will „Notauszahlung“ der Sparguthaben

Lesezeit: 2 min
16.04.2014 00:23
Die EU will bei Bank-Runs die Banken verpflichten, den Kunden innerhalb von fünf Tagen wenigstens so viel Geld auszuzahlen, wie die Kunden als „Lebenshaltungskosten“ brauchen. Zugleich verspricht die EU im Zuge der Banken-Union nun auch plötzlich eine Garantie für „temporär hoher Beiträge“ aus. Wer die bezahlen soll weiß niemand.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Offenbar aus Sorge vor Chaos bei einem Bank-Run will die EU den Zusammenbruch von Banken detailliert regeln.

Das EU-Parlament teilt dazu mit:

„Die Erneuerung der Einlagensicherungssysteme würde die EU-Länder dazu verpflichten, ihre eigenen bankenfinanzierten Systeme aufzubauen, um Einleger garantierter Einlagen (bis zu 100.000 Euro) zu entschädigen, wenn eine Bank nicht selbst dafür aufkommen kann, so dass die Steuerzahler nicht haften müssen.“

Fachleute kritisieren: Die EU habe die Versprechungen nicht durchgerechnet. So sagte ein Banken-Analyst den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass „dieses Versprechen der 100.000 Euro versicherungsmathematisch bisher nicht kalibriert wurde“. Dieses Vorgehen wird von Ökonomen als „schockierend“ bezeichnet. Tatsächlich bedeutet dieses Versprechen, dass weder die Banken noch die Staaten genau wissen, was sie den Bank-Kunden im Ernstfall genau garantieren sollen. Vor allem ist unklar, woher das Geld kommt.

Weil der Ernstfall nicht ordentlich durchgerechnet wurde, kann man davon ausgehen, dass trotz des Jubels über die Banken-Union am Ende der Steuerzahler wieder als Retter antreten muss. Im ESM, der entgegen der ursprünglichen Planung als Banken-Rettungsfonds eingesetzt werden wird, lagern 700 Milliarden Euro, auf die ein unabhängiges Direktorium ohne Transparenz und Rechenschaftspflicht jederzeit Zugriff hat.

Dieses Geld könnte verwendet werden, um weiter Wahlversprechen einzulösen, die das EU-Parlament nun auf seine Fahnen heftet: Denn plötzlich garantieren die EU-Politiker auch hohe Einlagen von Privatkunden. Wie Banken und Staaten diese völlig unvorhersehbaren Beträge bezahlen wollen, wissen sie selbst nicht. Doch im Hinblick auf die EU-Wahl im Mai präsentiert das EU-Parlament eine Heile-Welt-Garantie für alle:

„Das Parlament hat auch sichergestellt, dass Einleger ihr Geld schneller erhalten. Die Gesamtsumme ihrer Einlagen muss binnen sieben Arbeitstagen ausgezahlt werden können, und die Einleger bekämen ein Anrecht auf eine sogenannte „Notauszahlung“ (wird für jedes Land einzeln festgelegt) innerhalb von fünf Werktagen zur Deckung der Lebenshaltungskosten. Die Abgeordneten haben auch Klauseln zum Schutz "temporär hoher Beiträge" durchgesetzt: Mitgliedstaaten müssen zukünftig solche Beträge auch über die Deckungssumme von 100.000 Euro hinaus schützen, die z.B. aus dem Verkauf der privaten Immobilie resultieren. Ein solcher "hoher Beitrag" ist teilweise oder vollständig geschützt, mindestens für drei Monate.

Allein diese Regelung zeigt, wie gefährlich die neue Regelung ist: Der möglicherweise teilweise Schutz für einen kurzen Zeitraum bedeutet, dass private Anleger künftig extrem vorsichtig sein müssen, welcher Bank sie ihr Geld anvertrauen. Über Unternehmen sagt die EU noch nichts - diese könnten bei der neuen Regelung wie in Zypern in große Schwierigkeiten geraten.

Diese neuen EU Gesetze sollen die Banken verpflichten, „Rücklagen zu bilden, um mögliche zusätzliche Verluste abzudecken, nachdem das Bail-in-Instrument angewendet wurde“. Die EU fordert: „Die Länder, die Mitglieder der Bankenunion sind, müssen einen gemeinsamen Abwicklungsfonds von 55 Milliarden Euro einrichten, der in acht Jahren schrittweise von den Banken aufgebaut werden soll. Die Länder außerhalb der Bankenunion müssen innerhalb von 10 Jahren einen eigenen Fonds in Höhe von 1% der gedeckten Einlagen einrichten.“

Für den Ernstfall eines Banken-Crashs reichen all diese Maßnahmen nicht. Daher wird die EZB in den kommenden Monaten die Finanzmärkte mit weiterem Geld fluten, um die Banken abzusichern (mehr hier).

Mario Draghi werden jedenfalls dafür sorgen, dass die EU-Wahlen ohne Zwischenfälle über die Bühne gebracht werden können.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...