Politik

Datenschützer: Google Glass ist eine Waffe zur Verletzung der Persönlichkeits-Rechte

Datenschutzbeauftragte und Juristen warnen vor der Einführung der Datenbrille Google Glass in Deutschland. Dadurch könnten die Persönlichkeitsrechte der Bürger verletzt werden. Mitte April hat Google in den USA erste Exemplare verkauft.
24.04.2014 17:29
Lesezeit: 2 min

Wenige Tage nachdem der Internet-Konzern Google in den USA erste Exemplare seiner Hightech-Brille Glass verkauft hat, steigt bei Datenschützern und Juristen die Sorge vor einem Produktstart in Deutschland.

„Die bringen diese Brille, diese Waffe zur Verletzung von Persönlichkeitsrechten, auf den Markt, um Daten zu sammeln“, sagte der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert dem ARD-Magazin "Kontraste" (Donnerstag, 21.45 Uhr). Er halte das Geschäftsmodell „für rechtlich hochproblematisch, weil es in unsere Freiheitsrechte massiv eingreift“.

Google arbeitet seit Jahren an seiner Hightech-Brille, die mit einer Foto- und Videokamera ausgestattet ist und sich über das Smartphone des Nutzers mit dem Internet verbinden kann. Mitte April hat Google erste Exemplare an Nutzer in den Vereinigten Staaten verkauft.

„Sollte Google Glass massenhaft Verbreitung in Deutschland oder Europa finden, wäre das eine Katastrophe für den Datenschutz“, mahnt Weichert. Glass-Nutzer würden „andere Menschen aufnehmen und zwar den Ton, das Bild, die Gesichter, die Bewegungen“.

Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Andrea Voßhoff (CDU), nimmt den Einzug immer kleinerer Computern in den Alltag der Menschen zum Anlass, überfällige Reformen des Datenschutzes in Europa zu fordern, der nach wie vor Sache einzelner Staaten ist.

„Sind Daten global, muss auch der Schutz global sein“, sagte Voßhoff im Gespräch mit Kontraste. Vor allem die avisierte neue Europäische Datenschutz-Grundverordnung müsse nun endlich kommen, „denn ein ganz wichtiger Punkt dieser Verordnung ist, dass Unternehmen unabhängig von ihrem Sitz dem europäischen Datenschutz unterfallen, wenn sie ihre Dienste auf dem europäischen Markt anbieten. Dann würden strengeren Normen gelten“.

Dass Glass-Nutzer ihre Kameras stets auf ihre Umwelt gerichtet haben und sie mit Sprachkommandos oder auch allein mit einem Wimpernschlag auslösen können, beunruhigt auch Juristen.

„Wir haben es hier mit einem Instrument zu tun, das massenhaft eingesetzt auch zu massenhafter Rechtsverletzung führen wird“, sagte der auf das Urheber- und Medienrecht spezialisierte Berliner Rechtsanwalt Jan Hegemann dem ARD-Magazin. Nutzer könnten sich leicht strafbar machen, wenn sie beispielsweise in sozialen Netzwerken Fotos von Personen veröffentlichten, ohne sie vorher um Erlaubnis zu fragen.

Hegemann geht zudem davon aus, dass unbemerkte Ton- und Filmaufnahmen das Zusammenleben in der Gesellschaft nachhaltig verändern können. „Wenn so etwas dauerhaft geschieht und wir ständig damit rechnen können, werden wir uns alle nicht mehr so frei bewegen können, wie wir das heute noch tun“, sagte Hegemann. „Das ist etwas, wovor eine Gesellschaft Angst haben muss.“

Der Internet-Konzern Google hat auf Anfrage von Kontraste zu den Vorwürfen der Experten nicht Stellung genommen. Das Unternehmen forscht derzeit auch an einer Kontaktlinse, die mit Kamera und Display ausgestattet ist. Die Daten werden an das Smartphone gesendet und dort verwertet (mehr hier).

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Politik
Politik Krankenkassen schlagen Alarm: Zusatzbeiträge könnten deutlich steigen
01.07.2025

Die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) warnen vor Druck zu neuen Beitragserhöhungen ohne eine rasche Bremse für steigende Kosten....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...