Der Elektrokonzern ABB hat sich mit Solar- und Windkraftanlagen übernommen. Großprojekte bekamen die Schweizer nicht in den Griff, die daraus folgenden Verluste brockten ABB im ersten Quartal einen empfindlichen Gewinnrückgang ein.
Nun verschärft Konzernchef Ulrich Spiesshofer das Sanierungsprogramm und bläst in Teilen des Geschäfts mit erneuerbaren Energien zum Rückzug. Am Hauptteil der Sparte Energietechniksysteme will er aber festhalten. „Wir werden das sanieren und wieder zum Blühen bringen“, erklärte der Deutsche am Dienstag.
Lange profitierte ABB in der Stromübertragung und Stromverteilung vom weltweiten Energie-Hunger und der Suche nach umweltverträglicher Produktion. Doch angesichts der konjunkturellen Abkühlung, politischer Unsicherheiten und anziehender Konkurrenz fuhren die Versorgungsunternehmen die Bestellungen zurück.
Bereits Spiesshofers Vorgänger Joe Hogan hatte eine Sanierung mit einhergehendem Stellenabbau eingeleitet. Spiesshofer selbst hatte dann im Januar angekündigt, ABB werde seine Angebotspalette weiter verkleinern und wählerischer bei den Aufträgen sein. Doch das reichte offenbar nicht.
Im ersten Quartal 2014 rutschte die Sparte Energietechniksysteme in die roten Zahlen. Der Gewinn des ganzen Konzerns, der auch in vier weiteren Bereichen tätig ist, schrumpfte um 18 Prozent auf 544 Millionen Dollar und verfehlt die Analystenerwartungen deutlich. Die Aktie sackte um rund sieben Prozent auf 21,46 Franken ab.
Spiesshofer will nun rigoros vorgehen. „Das Transformations-Programm wird vertieft und wir werden drastischere Maßnahmen ergreifen als bisher“, sagte der frühere Unternehmensberater. Er will weitere Manager auswechseln und mit Hilfe von Alix Partners prüfen, welche Energie-Märkte ABB in Zukunft auf welche Weise bearbeitet.
Generalunternehmer für große Solarstromanlagen will der Konzern nicht mehr sein. Projekte, für die ABB nicht nur eigene Produkte lieferte, sondern auch Bestandteile von anderen Anbietern verwendete, zahlten sich nicht aus. Das Geschäft mit Windparks auf See kommt auf den Prüfstand. Kernkomponenten, die Wind- und Solarenergie in Strom wandeln, wollen die Schweizer aber weiter produzieren.
Vor ABB hatte bereits Siemens viel Lehrgeld in der Nordsee bezahlt. Die Münchner stürzten sich auf die wenigen lukrativen Großaufträge in Europa, als die Netzbetreiber die Anschlüsse von Windparks auf hoher See ausschrieben. Das technische Neuland hatte seine kostspieligen Tücken und Siemens musste hohe Sonderlasten verbuchen.
Auch der schwache Weltmarkt setzt den Elektrokonzernen zu. Trotz des langfristigen Wandels in der Energieversorgung und der anhaltenden Automatisierung der Industrie investiert die Kundschaft bislang nur zögerlich in neue Anlagen. Bei ABB sank der Konzernumsatz im ersten Quartal um drei Prozent auf 9,5 Milliarden Dollar.
Spiesshofer machte insgesamt positive Signale wie das stärkere Wirtschaftswachstum in den USA und die anziehende Konjunktur in Teilen Europas aus. Er warnte aber vor zu viel Optimismus. „Es ist zu früh, um von einem weltweiten Aufschwung zu reden.“ An den mittelfristigen Zielen hält Spiesshofer fest.
Trotz der Probleme in der Energietechnik arbeiten die Schweizer immer noch profitabler als Siemens. Der neue Siemens-Chef Joe Kaeser will am 7. Mai seine Pläne für die Neuausrichtung des Münchener Technologiekonzerns vorstellen. Damit soll sein Haus bei der Rendite wieder den Anschluss an ABB oder auch General Electric finden.