Finanzen

Frankreich: Industrie fordert Ende des „verrückten Euro“

Lesezeit: 2 min
09.07.2014 02:37
Die EZB soll den Kurs des Euro durch massives Gelddrucken auf 1,20 Dollar absenken, fordert der Airbus-Chefmanager für Passagierflugzeuge. Wie andere Staaten müsse auch die Eurozone die Währung als Waffe einsetzen. Der Airbus-Konzern würde von einem schwächeren Euro profitieren, denn er verkauft seine Flugzeuge in Dollar.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Fabrice Bregier, Chefmanager für das Geschäft mit Passagierflugzeugen bei Airbus, fordert von der EZB eine deutliche Abwertung des Euro. Die derzeitige Stärke der Gemeinschaftswährung sei „übertrieben“ und „verrückt“.

Die EZB solle eingreifen und die Bewertung des Euro um 10 Prozent absenken, von derzeit 1,36 Dollar auf 1,20 bis 1,25 Dollar, sagte Bregier der Financial Times. „[Die Eurozone] darf nicht das einzige Wirtschaftsgebiet sein, das den Einsatz seiner Währung als Waffe vernachlässigt […] als ein entscheidendes Mittel, um seine Wirtschaft voranzubringen.“

Airbus verkauft seine Flugzeuge in Dollar. Doch seine Produktionskosten fallen in Euro an. Ein steigender Wechselkurs zum Dollar macht dem Unternehmen daher zu schaffen. Vor demselben Problem stehen Konzerne wie Unilever, SAP und BMW.

Bregier sagte nicht explizit, welche Maßnahmen die EZB ergreifen sollte, doch die Andeutungen sind deutlich: „Schauen Sie, was die Japaner machen. Sie haben den Yen um 20 Prozent abgewertet. Wir müssen hier einfach zu normaleren Wechselkursen zurückkehren. […] Wir müssen einfach den Märkten langfristig deutlich machen, dass dies jetzt ein wichtiges politisches Ziel der europäischen Staaten ist.“

Die Forderung des Airbus-Managers schließt sich an jene verschiedener französischer Politiker an. So sagte das EZB-Ratsmitglied Christian Noyer in der vergangenen Woche, dass der starke Euro die wirtschaftlichen Aktivitäten und die Preisstabilität massiv belaste. Die EZB könne ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen starten, um den Euro zu schwächen (hier).

Benoit Coeure, französisches Mitglied des EZB-Direktoriums, sagte, dass die Zentralbank umso mehr unter Druck gerate, je stärker der Euro werde. „Die niedrige Inflation […] hat ihre Ursache vor allem im starken Euro. Je stärke der Euro wird, desto mehr geldpolitische Anpassung müssen wir vornehmen.“

Doch anders als der Airbus-Manager Bregier spricht sich der Notenbanker Coeure gegen eine direkte Fokussierung auf den Wechselkurs zum Dollar aus. „Es ist unmöglich, [den Wechselkurs] vorzugeben, weil Wechselkurse auf den globalen Märkten bestimmt werden. Es wäre daher nicht weise oder möglich für uns, eine politische Vorgabe zu haben.“

Auch ein Ankaufprogramm der EZB für Staatsanleihen hält Coeure vorerst nicht für notwendig. Die bisherigen Maßnahmen der Zentralbank seien ausreichend, um die Kreditvergabe in der Eurozone wiederzubeleben.

Im Juni senkte die EZB den Leitzins auf einen historischen Tiefstand und führte erstmals Negativzinsen für Banken ein. Zudem will sie den Banken der Eurozone langfristige Billigkredite im Umfang von 1 Billion Euro bereitstellen. Doch EZB-Chef Draghi hält daran fest, im Notfall auch zu „unkonventionellen Maßnahmen“ zu greifen, etwa dem Kauf von Staatsanleihen (mehr hier).

Trotz dieser kräftigen Schritte und Pläne der EZB ist der Eurokurs kaum gesunken und liegt noch immer bei 1,36 Dollar. Einige Ökonomen sagen, dass der Kurs des Euro zum Dollar wahrscheinlich erst dann sinkt, wenn die EZB tatsächlich nach dem Vorbild der US-Zentralbank Federal Reserve und der Bank of England ein Quantitative Easing (QE) betreibt, also ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen und anderen Wertpapieren.

Auch die Kritik aus Frankreich am Dollar als Leitwährung ist zu verstehen als ein Versuch, die Schuldenkrise in der Eurozone durch Gelddrucken hinauszuschieben. So sagte der französische Finanzminister Sapin, die Europäer sollten darüber nachdenken, ob es nötig sei, auch Handelsgeschäfte innerhalb Europas in Dollar abzuwickeln, wie etwa im Flugzeugbau (mehr hier).

Vordergründig kommt die Kritik am Dollar wegen der US-Strafe gegen die französische Geschäftsbank BNP Paribas. Diese soll Geschäfte mit dem Iran, Kuba und Sudan betrieben haben. Doch die drei Staaten stehen unter US-Sanktionen (mehr hier).

Tatsächlich strebt Frankreich eine Schwächung des Dollar an, um ein massives Gelddrucken durch die EZB zu ermöglichen. Denn wenn die Rolle des Dollars zurückgeht, kann die EZB Euro drucken, ohne den Wechselkurs abzusenken.


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Bundesbank: Konjunkturflaute, Handelskonflikte, leere Büroimmobilien - Banken stehen vor akuten Herausforderungen
21.11.2024

Eigentlich stehen Deutschlands Finanzinstitute in Summe noch ganz gut da – so das Fazit der Bundesbank. Doch der Blick nach vorn ist...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Prognose: Kryptowährung mit neuem Rekordhoch - geht es jetzt Richtung 100.000 US-Dollar?
21.11.2024

Neues Bitcoin-Rekordhoch am Mittwoch - und am Donnerstag legt die wichtigste Kryptowährung direkt nach. Seit dem Sieg von Donald Trump bei...

DWN
Panorama
Panorama Merkel-Buch „Freiheit“: Wie die Ex-Kanzlerin ihre politischen Memoiren schönschreibt
21.11.2024

Biden geht, Trump kommt! Wer auf Scholz folgt, ist zwar noch unklar. Dafür steht das Polit-Comeback des Jahres auf der Tagesordnung: Ab...

DWN
Politik
Politik Solidaritätszuschlag: Kippt das Bundesverfassungsgericht die „Reichensteuer“? Unternehmen könnten Milliarden sparen!
21.11.2024

Den umstrittenen Solidaritätszuschlag müssen seit 2021 immer noch Besserverdiener und Unternehmen zahlen. Ob das verfassungswidrig ist,...

DWN
Finanzen
Finanzen Von Dividenden leben? So erzielen Sie ein passives Einkommen an der Börse
21.11.2024

Dividenden-ETFs schütten jedes Jahr drei bis vier Prozent der angelegten Summe aus. Wäre das auch was für Ihre Anlagestrategie?...

DWN
Politik
Politik Weltstrafgericht erlässt auch Haftbefehle gegen Netanjahu und Galant - wegen Kriegsverbrechen im Gaza-Streifen
21.11.2024

Der Internationale Strafgerichtshof hat Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, den früheren...

DWN
Politik
Politik US-Staatsapparat: Tech-Milliardär Elon Musk setzt auf Technologie statt Personal - Unterstützung bekommt er von Trump
21.11.2024

Elon Musk soll dem künftigen US-Präsidenten Trump dabei helfen, Behördenausgaben zu kürzen und Bürokratie abzubauen. Er gibt einen...

DWN
Politik
Politik Droht Deutschland der Bankrott? Bundestag setzt Haushaltswoche aus - trotz nahender Haushaltssperre!
21.11.2024

Die Haushaltskrise eskaliert nach dem Ampel-Aus: Nach der abgesagten Sitzungswoche zur Finanzierung der Haushalte, liegen die Etats für...