Das von dem französischen Ingenieur Guy Nègre entwickelte und mit komprimierter Luft angetriebene Citycar „AirPod“ soll jetzt in Serienproduktion gehen. Für Fertigung und Vertrieb hat sich in Cagliari eine Gruppe aus sardischen Unternehmern formiert. Die von ihnen gegründete Herstellerfirma Airmobility wird in diesem Herbst im Werk von Bolatana bei Nuoro mit der Montage beginnen.
Der AirPod wurde vom französisch-luxemburgischen Unternehmen Mdi entwickelt und bietet Platz für bis zu drei Erwachsene und ein Kind. Das Zero-Emissions-Auto soll 2015 auf den Markt kommen und ist erstmal für Carsharing und Unternehmensflotten gedacht. Danach erfolgt die Vermarktung für den Massenmarkt.
Das nur 2,13 Meter lange und 275 Kilogramm leichte Kleinfahrzeug ist mit einem 300 Bar-Kompressor ausgestattet. Mit dem sieben Kilowatt starken Zweizylinder-Motor wird eine Spitzengeschwindigkeit von 80 Stundenkilometer und eine Reichweite von 120 Kilometern erzielt. In der auch mit einem Motorradführerschein fahrbaren Vier-Kilowatt-Version hingegen sind es 45 Stundenkilometer bei ebenfalls 120 Kilometern Reichweite.
Je nach Art der Betankungstechnik belaufen sich die Fahrtkosten im Stadtverkehr zwischen 0,50 und 1,50 Euro je 100 Kilometer Wegstrecke. „Der CO2-Ausstoß fällt im Vergleich zu traditionellen Fahrzeugen mit ähnlicher Motorleistung drei Mal niedriger aus und die Emission von Stickoxiden liegt bei Null", betont Werksleiter Massimo Locci.
Die aus Glasfaser und Polyesterharz bestehende Karosserie zeichnet sich im Verhältnis zur herkömmlichen Stahlkarosserie durch ihr bis zu vier Mal höheres Absorptionsvermögen aus. So bleibt das Fahrzeug auch bei einem Crash trotz der ökologischen Bauweise sehr sicher.
Gesteuert wird das Fahrzeug serienmäßig über einen Joystick, der auf Wunsch durch das klassische Lenkrad ersetzt werden kann. Auffallend sind neben dem futuristischen Design und der reichlichen Innenausstattung die große Vordertür und die Heckklappe. Standardmäßig sind die vier Scheibenbremsen und das automatische Drei-Gang-Getriebe.
Neben dem bis zu 470 Liter großen Laderaum steht auch ein 30 Liter großes Kühlfach zur Verfügung. „An der Herausforderung einer korrosionsfreien Leichtbauweise arbeiten wir weiter“, so der italienische Ingenieur abschließend. Derzeit würden nämlich natürliche Baustoffe wie Sisal und Leinen als Alternative zur teuren Kunststoffkarosserie getestet.
Das auf Lizenz der Luxemburger Motor Development International montierte Fahrzeug soll in der Basisversion 7.500 Euro kosten. Neben dem zweisitzigen Standardmodell sind auch Bauvarianten als Pickup, MaxiCargo und Golf erhältlich. Anders als das von der indischen Tata ebenfalls auf MIDI-Lizenz montierte Fahrzeug soll der sardische AirPod für den europäischen Markt produziert werden.
Die Produktion auf Sardinien soll der angeschlagenen Wirtschaft der Region wieder Auftrieb geben. Wenn das Projekt nach dem ersten Rollout des Fahrzeugs erfolgreich ist, sind weitere kleine Fabriken in der Region geplant, um so mehr Arbeitsplätze für die 1,6 Millionen Einwohner zu schaffen. In Bolotana sollen pro Jahr 2.000 Fahrzeuge produziert werden.
Die größte Ersparnis dieser innovativen Technologie kann jedoch an der Tankstelle und im Geldbeutel der Fahrzeugbesitzer festgestellt werden. Obwohl Preis und Leistung stimmen, ist noch das Problem des Ladevorgangs zu klären, da mit normalem Hausstrom die Ladezeit etwa 7 Stunden betragen würde, was die Leistung des Autos deutlich einschränkt. Wenn es in Italien jedoch spezielle Ladestationen geben würde, um die AirPods mit Druckluft zu betanken, dann kann das Fahrzeug in 3 Minuten aufgeladen werden. Erste Ladestationen sollen an Tankstellen, Shopping-Centern, Bahnhöfen und anderen strategisch wichtigen Orten entstehen.
Druckluftautos befinden sich seit 10 Jahren in der Entwicklung bei dem luxemburgischen Unternehmen MDI. Die umweltfreundlichen Motoren verarbeiten komprimierte Luft, die unter Hochdruck im Fahrzeugtank gespeichert wird. Bisher reicht die Energie solcher Kleinfahrzeuge nur für den Stadtgebrauch und für Industrietraktoren, die auf ein besonders hohes Drehmoment angewiesen sind, ansonsten aber relativ wenig Energie verbrauchen.
„Die Idee ist großartig. Die Luft, die als Abgas aus dem Fahrzeug kommt, ist wegen der effektiven Filtertechnik sogar sauberer als die Druckluft, die hineingesteckt wird“, sagte Udo Hannemann vom Arbeitskreis Alternative Produktion Bremen der IG Metall. Der Schadstoffausstoß ist sehr gering, der Verbrauch liegt bei ca. zwei Litern pro 100 Kilometer.
Einen Führerschein braucht man nicht, um ein Druckluftauto zu bedienen, solange man eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 45 Kilometer pro Stunde einhält. Das platz- und energiesparende Vehikel soll den Straßenverkehr revolutionieren und die Luftqualität in Metropolen verbessern.
Dennoch muss die Entwicklung des Druckluftautos in Europa der starken Konkurrenz der Elektrotechnologie begegnen. Die Lithium-Ionen-Akku-Motoren sind mittlerweile ausgereift, so dass weniger mechanische Komponenten benötigt werden, die den Verschleiß des Vehikels geringer halten als bei Fahrzeugen mit Druckluftantrieb.
Daher ist eine Weiterentwicklung der Druckluftbetankung der nächste Schritt, bevor die Massenproduktion Sinn macht „Durch eine Erhöhung des Drucks in den Tanks könnte die Reichweite noch um einiges erhöht werden. Tanks, die über 800 Bar aushalten, sind eigentlich verfügbar”, so Hannemann. Das könnte die Reichweite pro Tankfüllung um das Vierfache steigern und somit die Lücke zu Elektroautos schließen.