Christina Fernandez de Kirchner will das Urteil des New Yorker Richters Griesa durch eine juristische Finte (mehr hier) umgehen. Das Urteil hatte zu dem technischen Staatsbankrott Argentiniens geführt. Es verbietet Argentinien, Schuldendienst für die nicht-klagenden Gläubiger zu leisten, solange es nicht auch die klagenden Gläubiger zufriedenstellt.
Die klagenden Gläubiger, die „Geierfonds“, die 600% Rendite auf ihre Anleihen eintreiben wollen, kritisierten die geplanten juristischen Tricks der argentinische Präsidentin. Argentiniens Führer hätten den Weg der Gesetzlosen gewählt, heißt es dort. Auch der New Yorker Richter Griesa nannte Kirchners Pläne „illegal“.
Gegenüber der Financial Times zeigten sich zudem Ökonomen darüber besorgt, dass die Pläne Argentiniens das Land weiter von den internationalen Kapitalmärkten isolieren werden. Angesichts der großen wirtschaftlichen Probleme des Landes könnte diese Isolierung des Landes langfristig dramatische Folgen haben.
Die Devisenreserven des Landes sind bereits von ihrem Höchststand 2011 von über 50 Milliarden Dollar auf nun unter 30 Milliarden Dollar geschrumpft. Die Verbraucherpreise sind allein von Dezember bis Juli um über 16% gestiegen. Auch dem argentinischen Peso droht die zweite offizielle Abwertung in diesem Jahr. Die Schwarzmarktkurse liegen bereits bei 14 Peso pro Dollar, während offiziell nur 8,4 Peso bezahlt werden.
Der Kampf gegen die Geierfonds lenkt aber von den wirtschaftlichen Problemen des Landes ab und verschafft Kirchner neue Popularität im Lande.
In der nördlichen Hemisphäre hat dagegen das Vorgehen Kirchners eine andere Debatte in Gang gesetzt: Sollten Staaten einfach so ihre Zahlungsunfähigkeit erklären können oder sollte es dafür nicht internationale Regeln geben? Das Ziel dieser Debatte ist ein internationaler Gerichtshof, der darüber entscheidet, wann ein Staat seine Zahlungen einstellen darf und welche Rechte die Gläubiger in einem solchen Falle haben. Ein solcher Gerichtshof, so die Idee, könnte dann auch Staaten verpflichten, Vermögenswerte, etwa seine Immobilien, an die Gläubiger abzutreten.
So bedeutet es ja im aktuellen Streit für die „Geierfonds“ ein Problem, dass sie keine Möglichkeit haben, argentinische Vermögenswerte zu pfänden. In Argentinien selbst erhalten sie dafür keine Rechtstitel, aber auch im Ausland nicht, denn das Vermögen eines Staates im Ausland ist gemäß dem Völkerrecht weitgehend immun.
So ist der Versuch der amerikanischen Hedgefondsgruppe Elliott Associates im Jahr 2012, ein in Ghana liegendes argentinisches Segelschulschiff zu pfänden, letztlich gescheitert. Ein Richter in dem westafrikanischen Staat ordnete zwar zunächst die Beschlagnahme des Dreimasters an, vor dem Internationalen Seegerichtshof in Hamburg wurde Ghana aber verpflichtet, das Schiff der argentinischen Kriegsmarine wieder frei zu geben.
Die Überlegungen zu einem internationalen Insolvenzrecht für Staaten mit internationaler Zwangsvollstreckung sind allerdings nicht neu. Im Gegenteil sind sie innerhalb des in Washington sitzenden Internationalen Währungsfonds schon weit gediehen. Die Stellvertretende Generaldirektorin des IWFs, Anne Krueger, entwickelte bereits 2002 (nach der ersten Staatspleite Argentiniens) einen Vorschlag, „um Gläubiger und Schuldner zusammenzubringen, bevor kontrollierbare Probleme zu ausgewachsenen Krisen werden“. Vorbild für Krueger und ihre IWF-Truppe war allerdings das amerikanische Privatinsolvenzrecht („chapter 11“). Die Ideen wurden in der einflussreichen amerikanischen Fachzeitschrift „Foreign Affairs“ veröffentlicht.
Der argentinische Fernsehmoderator Adrian Salbuchi (der auch für Russia Today schreibt) ist sich inzwischen sicher: Die internationale Finanzwelt habe es auf argentinisches Territorium abgesehen, vor allem auf das dünn besiedelte Patagonien im Süden. Ziel sei „eine neue globale Rechtsarchitektur, die die reguläre Liquidierung bankrotter Staaten wie Argentinien erlaubt. Insbesondere, wenn Staatsterritorium als Sicherheit für solche Schulden dienen würden.“