Die FT hält einen Schuldendschnitt Italiens für unvermeidlich. Auch der stellvertretende IWF-Direktor Ashoka Mody hat bereits öffentlich Italien zu einer „geordneten Umschuldung“ geraten. Doch vorerst hält sich der italienische Staat damit über Wasser, dass er die Bezahlung seiner Rechnungen verschleppt. Nur wie lange kann das gut gehen?
Inzwischen hat Italien Schulden in Höhe von 2,12 Billionen Euro angehäuft. Das ist fast genauso viel wie das ungleich größere Deutschland und mehr als Frankreich oder Großbritannien. Und die Verschuldung steigt weiterhin ungebremst. Nimmt man die aktuellsten durch Eurostat bestätigten Daten von Ende März, so stiegen die italienischen Staatsschulden in den zwölf Monaten davor um 84,1 Milliarden Euro. Lediglich zu Beginn der Finanzkrise, also zwischen März 2008 und März 2009, war der Anstieg noch größer.
Auf der anderen Seite schrumpft die italienische Wirtschaft. Im zweiten Quartal 2014 sank das BIP um 0,2%. Für Italien ist die Rezession allerdings schon längst chronisch geworden. In den letzten drei Jahren gab es nur ein einziges Quartal, in dem die italienische Wirtschaftsleistung stieg.
Selbst wenn man noch weiter zurückgeht, hellt sich das Bild nicht auf. Von den 25 größten Wirtschaftsnationen der Welt war Italien von 2002 bis 2012 dasjenige Land mit der mit Abstand schlechtesten Performance. Es war von den 25 das einzige Land, in dem das BIP 2012 sogar niedriger war als zehn Jahre zuvor.
Schnell steigende Schulden bei zurückgehender Wirtschaftsleistung bedeutet zwangsläufig, das das Kriterium, auf das alle schauen, nicht zuletzt auch die Finanzmärkte, sich rasant verschlechtert. Gemeint ist die Staatsschuldenquote. Im ersten Quartal 2014 erreichte sie für Italien 135,6%. Zum Ende des Jahres hin erwartet die OECD sogar 137,5%. In der EU ist nur Griechenland schlechter. Weltweit gesehen sind ansonsten nur Japan und der Libanon schlechter, nachdem Italien nun Jamaika überholt hat.
Nun zeigt das Beispiel Japan allerdings, dass eine hohe, sogar eine sehr hohe Schuldenquote lange Zeit gut gehen kann. Der Schlüssel sind niedrige Zinsen, möglichst Nullzinsen, auch wenn das für Anleger finanzielle Repression bedeutet. In Japan sorgt die Zentralbank wie selbstverständlich dafür. In der Eurozone ist die Lage allerdings komplizierter.
Seit seinem Amtsantritt verfolgt Mario Draghi eine expansive Geldpolitik, die seinem Heimatland Italien zugute kommt. Als Folge erbringen die 10-jährigen Staatsanleihen Italiens zur Zeit nur 2,3% Rendite. Damit ist die Rendite seit Anfang August noch einmal deutlich geschrumpft, damals lag sie bei 2,9%. Auf dem Höhepunkt der Eurokrise Ende 2011 betrug sie auch schon einmal 7,1%.
Japan zahlt allerdings nur 0,8% und bei einem so hohen Schuldenstand wie in Italien oder Japan zählt jeder Zehntelprozent-Punkt. Italien ist also noch lange nicht auf der sicheren Seite, was die Zinsen anbelangt. Mario Draghi müsste aus italienischer Sicht noch einiges mehr tun und Kolumnist Münchau fordert genau das in der Financial Times: Aufkauf von besicherten Unternehmensanleihen und von Anleihen des ESM mit frisch gedrucktem Geld. Zudem soll die Kommission ein schuldenfinanziertes Infrastrukturprogramm auflegen.
Was Mario Draghi anbelangt ist allerdings die Frage, wie weit er gehen kann und ob er nicht auch einmal Rücksicht auf die Nordländer in der Eurozone nehmen muss. Die Politik des ungezügelten Gelddruckens führt dort zu Vermögenspreisblasen.