Politik

EZB: Draghis Schrott-Ankauf dürfte Steuerzahlern von Anfang an Verluste bringen

Innerhalb der kommenden zwei Jahre will die EZB Wertpapiere in ihre Bilanz aufnehmen. Darunter sind Ramsch-Papiere aus Griechenland und Zypern, die aufgrund ihres extrem schlechten Ratings am Markt unverkäuflich sind. Die EZB wird damit zu einer Bad-Bank für faule Kredite, die am Ende beim Steuerzahler landen. Dabei sind die jetzt verkündeten Ankäufe nur ein Zwischenschritt zu einem umfassenden Staatsanleihen-Kaufprogramm.
06.10.2014 00:00
Lesezeit: 3 min

Die EZB verkündet in ihrer Presseerklärung Details ihres beabsichtigten Kaufprogramms von Asset Backed Securities (ABS) und Pfandbriefen (Covered Bonds). Demnach soll der Kauf von Pfandbriefen (Covered Bonds) in der zweiten Oktoberhälfte beginnen und der Kauf von besicherten Kreditpaketen (Asset Backed Securities, „ABS“) im Lauf des vierten Quartal dieses Jahres.

„Das Eurosystems wird einen Anteil von 70 Prozent pro ISIN (zwölfstellige Buchstaben-Zahlen-Kombination Identifikation für ein Wertpapier) übernehmen. Ausgenommen hiervon sind Forderungen gegenüber nichtfinanziellen Privatunternehmen Wohnsitz in Griechenland oder Zypern, die außerdem nicht die CQS3-Bewertung-Anforderung erfüllen, außer im Fall von ABS. Diese werden entsprechend einer Grenze von 30 Prozent pro ISIN übernommen“, heißt es bei der EZB.

Im Klartext: Die EZB kauft bis zu 70 Prozent Kreditforderungen von den Banken, um damit deren Bilanzen zu bereinigen und 30 Prozent von griechischen und zypriotischen Banken, selbst wenn sie nicht den üblichen Anforderungen entsprechen. Die EZB argumentiert, dass mit diesen Ankäufen die Kreditvergabe an Unternehmen und Verbrauchern angeschoben werden soll, um die Konjunktur anzuschieben. Jedoch ist fraglich, ob dies zu mehr als einem konjunkturellen Strohfeuer führt. Schließlich können Unternehmen nicht zur Aufnahme von Krediten „gezwungen“ werden, wenn sie sich nicht weiter verschulden wollen oder wegen mangelnder Konjunkturaussichten wenig Investitionslust zeigen.

Nicht mehr einforderbare Kredite aus Zypern und Griechenland werden von der EZB auch dann gekauft, wenn sie unterhalb des Ratings "BBB" liegen, somit also de facto Ramschpapiere.

Mit ABS-Papieren können Banken Kredit-Risiken bündeln, aus der Bilanz auslagern und am Markt damit handeln. Im Allgemeinen werden ABS von einer speziell hierfür geschaffenen Zweckgesellschaft emittiert, die den Pool von Vermögenswerten vom Originator/Verkäufer erworben hat. Dies bedeutet also, dass solche Zweckgesellschaften, somit also Unterglieder der Banken und auch Hedgefonds vorrangig von den Käufen der EZB profitieren werden.

ABS-Papiere dürfen allerdings nicht ganz oder teilweise noch potenziell aus Credit-Linked Notes, Swaps oder anderen Derivateinstrumenten oder synthetischen Wertpapieren bestehen.

Bisher hatte Draghi stets betont, die EZB würde lediglich gebündelte Kredite, die zur sogenannten Seniortranche gehören, kaufen. Diese gelten als sicher. Demzufolge könnte die EZB nach Angaben der FT ABS-Papier aus allen 18 Mitgliedsländer im Euroraum kaufen.

Nun jedoch stehen auch Ankäufe minderer Qualität an, sogenannte „Mezzanine“. Die EZB will sich dadurch absichern, dass die Staaten, deren Banken sie solcherart minderwertige Papiere abkauft, eine staatliche Garantie bereitstellt. Italien hat sich dazu bereits erklärt. Deutschland lehnt ein solches Vorgehen ab.

Premier Renzi wittert die große Chance, seine Probleme auf elegante Weise zu lösen. Im Verein mit der italienischen Zentralbank will er mit Staatsgarantien für Schrottpapiere sicherstellen, dass die EZB den italienischen Banken ihre faulen Kredite abnimmt.

Banken in anderen Krisenländern werden demnächst sicherlich gleichziehen. Selbst wenn dies nicht öffentlich werden sollte. Die Frage ist, was solche „Garantien“ wert sind. Schließlich und endlich bleibt die EZB auf diesen Forderungen bzw. faulen Krediten sitzen.

Kritiker warnen indessen folgerichtig, dass die EZB zu einer “Bad Bank” wird. Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn fordert die Bundesregierung zu einem aktiven Einschreiten gegen den Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) auf: “Auch wenn die EZB nicht müde wird, das Gegenteil zu behaupten: Sie betreibt eine fiskalische Rettungspolitik, zu der sie durch die EU-Verträge explizit hätte befugt werden müssen”, erläuterte Sinn am Donnerstag.

Weiterhin betonte Sinn: „Die EZB wird damit vollends zu einer Bail-out-Behörde und einer Bad Bank Europas. Die EZB will offenbar auch Schrott kaufen und erhöht auf diese Weise die Belastung für die Steuerzahler, wenn es Ausfälle gibt, denn sie müssen für die reduzierten Gewinnausschüttungen der EZB aufkommen.“

Auch andere Experten melden sich zu Wort: Mit Draghis Ankündigungen „dürften in Südeuropa kaum mehr Kredite vergeben werden, doch könnte die EZB versucht sein, über die Ausweitung ihrer Bilanzsumme den Euro weiter zu schwächen“, betonte Jan Holthusen von der DZ Bank der FAZ.

Ein kurzfristiger Effekt auf die Kreditvergabe sei nicht vorstellbar, sagte Cyrus de la Rubia, Chefvolkswirt der HSH Nordbank ebenfalls der FAZ (Druckausgabe). Er glaube, das jetzt verkündete Kaufprogramm sei nur ein Zwischenschritt hin zu einem umfassenden Staatsanleihe-Kaufprogramm.

„Mit dem Ankauf von ABS – welcher Qualität auch immer – nimmt die EZB enorme Risiken in ihre Bilanz und macht sich zu einer europäischen Bad Bank“, erklärte der ehemalige EZB-Direktor Jürgen Stark im Handelsblatt.

Auch der frühere Bundesbank-Präsident und derzeitige Verwaltungschef der UBS, Axel Weber hält es für problematisch, wenn Verbriefungen, die am Markt kaum zu platzieren sind, beim Steuerzahler oder bei den europäischen Notenbanken landen.

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