Nach der Einigung im Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland lohnt ein Blick auf die bisher zugesagte Kredite der EU-Steuerzahler an die Ukraine: Es wird klar, dass die Gazprom-Rechnungen, die nun über ein Sperrkonto an die Russen gehen, nicht in diesen Planungen vorgesehen sind. Nachdem sogar Günther Oettinger eingeräumt hat, dass die Ukraine "praktisch insolvent" ist, dürfte feststehen: Die Ukraine wird von der EU noch weitere Milliarden brauchen, um nicht zu kollabieren.
Die "Hilfsmaßnahmen" der EU für die Ukraine haben eine Gesamtumfang von mehr als 11 Milliarden Euro. In einer aufschlussreichen Mitteilung hat die EU-Kommission vor einiger Zeit dargelegt, wofür das Geld der europäischen Steuerzahler verwendet werden wird. Von der Gesamtsumme stammen rund 3 Milliarden Euro aus dem EU-Budget für die Jahre 2014 bis 2016. Bis zu 8 Milliarden Euro kommen von der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE).
Das umfangreiche Programm zeigt, warum Russlands Präsident Wladimir Putin im Grunde froh sein kann, dass die Ukraine eng an die EU angegliedert wird: Viele der Projekte sind Aufräumarbeiten für die Fehler der vergangenen Jahre - als die Ukraine noch deutlich stärker unter russischem Einfluss stand als heute.
Grundsätzlich ist völlig unklar, wie die Verwendung der Mittel kontrolliert werden soll. Die EU hat bereits Schwierigkeiten mit den eigenen Mitgliedsstaaten - etwa Bulgarien oder Rumänien - wo sich dank der Förderungen aus Brüssel vor allem die Branche der organisierten Kriminalität prächtig entwickelt hat. In der Ukraine ist die Korruption besonders groß. So stützt der von den USA eingesetzte Übergangspremier Arseni "Jaz" Jazeniuk Oligarchen seiner Wahl. Er selbst wird unter anderem von der Nato finanziert.
In den nächsten sieben Jahren beläuft sich die EU-Entwicklungshilfe für die Ukraine in Form von Zuschüssen auf mindestens 1,4 Milliarden Euro. Mit Steuergeldern von bis zu 200 Millionen Euro wird noch dieses Jahr die Finanzkraft der Regierung verbessert und der „institutionelle Übergang“ unterstützt. Für den Zeitraum 2015 bis 2020 sind weitere Hilfen in Höhe von rund 130 Millionen Euro für die Regierung der Ukraine vorgesehen.
Zudem finanziert die EU-Kommission derzeit im Rahmen bestehender Programme eine Reihe von Budgethilfeprogrammen und technischen Hilfsprogrammen, welche die ukrainische Regierung in Bereichen wie wirtschaftliche Entwicklung, öffentliches Finanzmanagement und Justiz unterstützen. Das Volumen dieser Programme beläuft sich auf rund 400 Millionen Euro.
Darüber hinaus sollen Mittel aus der Nachbarschaftsinvestitionsfazilität (NIF) im Umfang von bis zu 250 Millionen Euro in bankfähige Investitionsprojekten in der Ukraine fließen. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass damit eine Hebelwirkung in Form der Generierung von Darlehen von bis zu 3,5 Milliarden Euro erwartet werden kann.
Das Instrument für Stabilität und Frieden (IcSP) könnte 20 Millionen Euro beispielsweise für die Polizeireform und für die Wahlunterstützung aufbringen. Weitere 15 Millionen Euro aus dem Bereich Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik könnten die Reform des Sicherheitssektors unterstützen.
Derzeit werden im Rahmen der Zusammenarbeit im Bereich der nuklearen Sicherheit Projekte mit einem Gesamtumfang von 50 Millionen Euro zur Entsorgung radioaktiver Abfälle und in Form sozialer Projekte in dem betroffenen Gebiet rings um Tschernobyl durchgeführt. Zusätzlich stehen 36,5 Millionen Euro zur Verfügung, die sehr kurzfristig für Aktionen in diesem Bereich vergeben werden können.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) ist die auf die Förderung bestimmter politischer Maßnahmen ausgerichtete Bank der EU. Die EIB hat für die nächsten drei Jahre Projekte für die Ukraine im Umfang von bis zu 1,5 Milliarden aufgestellt.
Diesen Betrag könnte die EIB noch auf bis zu 3 Milliarden Euro für den Zeitraum 2014 bis 2016 aufstocken, wenn adäquate Garantien bereitgestellt werden und die politischen und operativen Bedingungen es erlauben. Die Finanzmittel sollen langfristig in den Privatsektors vor Ort als auch in die wirtschaftliche und soziale Infrastruktur investiert werden.
Zudem erhält die Ukraine finanzielle Unterstützung bei der langfristigen Diversifizierung ihrer Energieversorgung. Die Kommission will „gemeinsam mit der Slowakei sicherstellen, dass die ukrainischen und slowakischen Fernleitungsnetzbetreiber die nötigen Regelungen und Verfahren festlegen, die eine höhere Gasversorgungskapazität von der EU in die Ukraine ermöglichen“.
Auch hat die Ukraine enorme finanzielle Vorteile aus der Freihandelszone mit der EU. So werden die ukrainischen Exporteure wegen der gesenkten EU-Einfuhrzölle jährlich um fast eine halbe Milliarde Euro entlastet. Allein die ukrainische Landwirtschaft wird von Kürzungen der Zölle in Höhe von knapp 400 Millionen Euro profitieren.
Im Vergleich zu den Finanzhilfen für die Ukraine aus der EU sind die Gelder aus den USA gering. Die Obama-Regierung gibt dem Land dieses Jahr nur 291 Millionen Dollar. Die Gelder sollen etwa dabei helfen, die ukrainische Landwirtschaft zu regulieren und mittels neuer Technologien die Öl- und Gasförderung zu erhöhen. Außerdem soll ein US-freundliches Nachrichtenprogramm auf Russisch aufgebaut werden.