Finanzen

Griechenland-Kredite durch den ESM sind heimliche Staatsfinanzierung

Um die eigenen Richtlinien zu umgehen, hat die EU im Juli ein Schlupfloch gefunden, um den ESM in Stellung zu bringen. Er finanzierte einen EU-Barkredit durch eine Privatplatzierung für den griechischen Überbrückungskredit. Der Vorgang wirft ein Schlaglicht darauf, wie der ESM zum politischen Erfüllungsgehilfen wird.
20.09.2015 23:42
Lesezeit: 2 min

Wie stellt man es an, eine kurzfristige Brückenfinanzierung für ein Land wie Griechenland auf die Beine zu stellen? Im Juli wurde eine Brückenfinanzierung für Griechenland aus dem ESM (bzw. EFSF) bereitgestellt, obwohl der Fonds Hilfen nur dann auszahlen darf, wenn mit dem betroffenen Land ein Reformprogramm vereinbart wurde. Mit einem Taschenspieler-Trick wurde die ESM-Richtlinie jedoch umgangen, wie Bloomberg berichtet.

Damals ging es um einen kurzfristigen Kredit für Griechenland wegen der Rückzahlung an die EZB für unter dem SMP-Programm angekaufte Staatsanleihen. Die Staats- und Regierungschefs der Euro-Länder bezifferten den „dringenden Finanzierungsbedarf Griechenlands“ bei ihrem Sondergipfel am 12. Und 13. Juli auf rund sieben Milliarden Euro bis zum 20. Juli und weiteren fünf Milliarden Euro bis Mitte August.

Da es dem Europäischen Stabilitätsmechanismus zu diesem Zeitpunkt verwehrt war, Kredite direkt an Griechenland zu überweisen, finanzierte der ESM einen EU-Barkredit durch eine Privatplatzierung für den griechischen Überbrückungskredit.

Griechenland wiederum bezahlte die kurzfristige Finanzierung über die rund 7,2 Milliarden Euro im August zurück, als die 86 Milliarden-Euro-ESM-„Rettungsaktion“ genehmigt wurde. Tatsächlich hätte der ESM (resp. EFSF) die damalige Blitzüberweisung nicht genehmigen dürften, da zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierten Reformgesetze verabschiedet worden waren. Dies wurde bisher jedoch ausdrücklich als Bedingung für die Auszahlung von Krediten genannt.

„Es wirft ein Schlaglicht darauf, wie der ESM zum politischen Erfüllungsgehilfen wird“, sagte Jacob Funk Kirkegaard des Peterson Institute for International Economics in Washington gegenüber Bloomberg. „Aber es wird wahrscheinlich deshalb nicht darüber geredet, weil es keine Debatte darüber geben soll, wie flexibel des ESM in der Praxis ist. Denn es kann in Zukunft passieren, dass es Leute gibt, die diese Flexibilität auch für sich gern zu verwenden gedenken.“

Rückfragen zu Brückenfinanzierungen bei der ESM-Pressestelle ergaben, dass der ESM nicht „pro-aktiv“ seine Anlage-Strategien kommunizieren wolle. Die Entscheidung, eine Privatplatzierung in Anspruch zu nehmen habe sich auf den Kapitalerhalt konzentriert. Der Fonds habe im Einklang mit seiner Anlagepolitik gehandelt, um die Privatplatzierung des Überbrückungskredits – wofür nur hochwertige Anlagen in Anspruch genommen worden seien – zu erreichen.

„Der Vorschlag der Europäischen Kommission in eine kurzfristige Transaktion im Namen der Europäischen Union zu investieren wurde als gute Investitionsmöglichkeit der ESM-Investments betrachte und geschah in voller Übereinstimmung mit den ESM-Anlagerichtlinien“, so die Aussage der Pressestelle.

Die unkonventionelle Finanzierung zeigt die Entschlossenheit der EU, Griechenland im Euro zu halten und die langen Strecken, die gegangen werden mussten, um dieses Ziel zu erreichen. Dem ESM war es nicht erlaubt, Kredite an Griechenland zu verleihen, bis ein neues Programm der Finanzminister der Euro-Zone einschließlich des deutschen Parlaments und anderen nationalen Gesetzgeber genehmigt wurde. Doch seine Regeln zur Finanzierung des Euro-Raums mit AAA-Rating erlaubte es – auch wenn Berichte über die damalige Transaktion politisch brisant gewesen wären.

Denn wäre die Transaktion öffentlich geworden, obwohl die griechische Rettungsaktion noch in den Verhandlungen steckte, hätte es ein Sargtuch auf die kurzfristige Kreditgewährung legen können – gab es im Juli doch bereits angespannte Debatten im Bundestag und in den Medien über die Brückenfinanzierung.

Das „dritte Hilfsprogramm“ über 86 Milliarden Euro war im Juli noch nicht in der Diskussion. Es kam einen Monat später auf die Agenda.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Einigung bei historischem Schuldenpaket: Schwarz-rote Grund­ge­setz­än­de­rungen werden grün
14.03.2025

100 Milliarden Sonderschulden für die Grünen und Klimaneutralität bis 2045 im Grundgesetz: Nach zähen Verhandlungen haben Union, SPD...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Du bist mir eine Marke! Der Erfolg von 130 Jahren Falke-Socken
14.03.2025

Franz-Peter Falke leitet das Familienunternehmen im Sauerland in vierter Generation. Zwischen Wahren der Tradition und Wappnen für die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Betriebsbedingte Kündigung: Was gilt für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?
14.03.2025

Die andauernde Wirtschaftskrise führt in Deutschland zu immer mehr Firmenpleiten und zunehmenden Stellenabbau bei Unternehmen. Damit...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tesla: Trump-Zölle könnten dem E-Autobauer schaden
14.03.2025

Tesla-Chef Elon Musk gilt als Trump-Unterstützer – doch sein Unternehmen schlägt Alarm. Die Strafzölle der US-Regierung könnten nicht...

DWN
Politik
Politik BSW: neues Wahlergebnis zählt 4.277 Zweitstimmen mehr - trotzdem kein Einzug in den Bundestag
14.03.2025

Das BSW scheitert final am Einzug in den Bundestag: 0,02 Prozent fehlten! Während sich an der Sitzverteilung nichts mehr ändert, treten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unser neues Magazin ist da: Gesund arbeiten und gesund leben? Die Balance auf der Kippe
14.03.2025

Unsere Arbeitswelt hat sich in den vergangenen Jahren dramatisch verändert. Digitalisierung, Globalisierung und die ständige...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW-Aktie: Gewinn beim Hersteller BMW sackt ab - die ganz fetten Jahre sind vorbei
14.03.2025

Nach Jahren extremer Erträge geht es für die Autohersteller gerade abwärts. Doch selbst nach den aktuellen Einbrüchen verdienen...

DWN
Politik
Politik Grüne blockieren schwarz-rotes Finanzpaket – Streit um Europas Zukunft
14.03.2025

Die Grünen stellen sich gegen das Finanzpaket von Union und SPD. Fraktionschefin Katharina Dröge fordert, Verteidigungs- und...