Politik

Merkel gibt deutschen Luftraum für US-Spionage-Flüge frei

Lesezeit: 2 min
16.12.2015 17:44
Die USA wollen mit Riesen-Drohnen den gesamten europäischen Luftraum regelmäßig überfliegen. Die Bundesregierung erlaubt den USA auch die Nutzung des deutschen Luftraums und verzichtet freiwillig auf eine Überprüfung. Bundestagsabgeordnete stufen das Vorhaben als vorsätzlichen Nato-Affront gegen Russland ein.

Mehr zum Thema:  
Europa >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Europa  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Die US-Regierung plant regelmäßige Flüge ihrer Riesendrohne Global Hawk im europäischen Luftraum. In Deutschland sollen monatlich „bis zu fünf US-Spionage-Flüge“ geplant sein. Die Drohnen starten von einer Luftwaffenbasis im sizilianischen Sigonella und fliegen über die Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern. Sie sollen schließlich über baltischen Staaten optische Aufklärungsdaten an der Grenze zu Russland einsammeln. Die Aktion gehört zur „European Reassurance Initiative“.

Nach Angaben der Bundesregierung ist die deutsche Überfluggenehmigung ein „sichtbares Zeichen des Engagements in Europa für die Sicherheit Europas und der transatlantischen Bindung“ und soll damit „eine Destabilisierung in Zentral- und Osteuropa zu verhindern“.

Laut Informationen der Tagesschau hätten die Amerikaner sich bereit erklärt, einen deutschen Beobachter überprüfen zu lassen, ob sich Washington an die Vereinbarungen beim Überflug hält. Doch die deutsche Seite verzichtet auf die Überprüfung. Die Tagesschau zitiert das Verteidigungsministerium: „Da jedoch die schriftliche Bestätigung seitens der USA als ausreichend bewertet wurde, ist ein nationaler Beobachter nicht entsandt worden.“

Der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko (Die Linke) erklärt dazu:

Die Überflüge deutscher Ballungsräume mit US-Drohnen sind erst der Anfang, denn sie ebnen den Weg für ein noch größeres Spionageprogramm der NATO. Ab 2017 sollen fünf Global Hawk auf Sizilien stationiert werden und in ihren Einsätzen den deutschen Luftraum alltäglich kreuzen. Die vom Verteidigungsministerium erteilten Genehmigungen sind also Präzedenzfälle. Gerade deshalb ist es ungeheuerlich, wenn die Bundesregierung auf jegliche Nachfrage und sogar Kontrolle der Überflüge freiwillig verzichtet. Dies betrifft auch die Frage, wann die an Bord befindlichen hochauflösenden Kameras eigentlich an- oder ausgeknipst werden. Eine schriftliche Erklärung der US-Regierung zur Nichtbeobachtung Deutschlands ist dabei keinesfalls ausreichend. Vielmehr muss auch bekannt gemacht werden, in welchen Missionen die Drohnen über Deutschland kreuzen. Soweit bekannt zielen die Spionageflüge vor allem gegen Russland. Mit der Billigung von Überflügen öffnet die Bundesregierung die Hintertür für Provokationen gegenüber der Regierung in Moskau.“

Der Bundestagsabgeordnete Alexander S. Neu (Die Linken) erkennt in den Überflügen einen gezielten Affront der Nato gegen Russland. Neu wörtlich:

„Abgesehen davon, dass mehrmals im Monat geplanten Flüge über dicht besiedelte Ballungsräume eine potentielle Gefährdung der Bevölkerung darstellen, sind sie schlichtweg Teil des gegen Russland gerichteten Säbelrasselns der NATO-Staaten. Um das sicherheitspolitische Eskalationspotential, welches damit heraufbeschworen wird, kümmert sich die Bundesregierung allerdings genau so wenig, wie um die Missbrauchsmöglichkeiten. Denn die Bundesregierung besitzt nach eigener Aussage weder Erkenntnisse darüber, welche Aktivitäten welcher Staaten „aufgeklärt“ werden sollen, noch wie der Einsatzraum konkret definiert ist, mit welcher Späh-Sensorik die Drohnen ausgestattet sind, oder wer Zugriff auf die so erlangten Daten erhält. Ebenso skandalös ist, dass der Global Hawk, ebenso wie seinerzeit die Bundeswehr-Katastrophendrohne Euro Hawk, bislang noch keine Zulassung hat. Da beide Drohnen vom gleichen Hersteller stammen und nahezu baugleich sind, ist zu befürchten, dass das Herstellerunternehmen auch dieses Mal nicht die notwendigen Unterlagen zur Erteilung einer Musterzulassung herausrücken wird. Auf den Kosten wird letztendlich wieder der Steuerzahler sitzen bleiben.

Bereits im September erlaubte Angela Merkel den USA die Stationierung neuer Atomwaffen in Deutschland (Video am Anfang des Artikels). Und das, obwohl der Bundestag im Jahre 2009 mit Mehrheit beschlossen hat, dass die USA ihre Atomwaffen abziehen sollen.


Mehr zum Thema:  
Europa >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Der Volkswagen-Deal: Worauf sich VW und die IG Metall geeinigt haben
22.12.2024

Stellenabbau ja, Werksschließungen nein: Mehr als 70 Stunden lang stritten Volkswagen und die IG Metall um die Sparmaßnahmen des...

DWN
Technologie
Technologie Webasto-Geschäftsführung: „Der Einsatz von KI ist eine strategische Notwendigkeit“
22.12.2024

Angesichts des wachsenden Drucks durch die Transformation hin zur Elektromobilität und steigender Kosten in der Branche sprechen Markus...

DWN
Panorama
Panorama Vollgas in die Hölle: Arzt gab sich als Islamkritiker und Musk-Fan - wirr, widersprüchlich!
21.12.2024

Er galt bei den Behörden nicht als Islamist, präsentierte sich als scharfer Kritiker des Islams. Er kämpfte für Frauenrechte und...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Immobilien
Immobilien Grundsteuer 2025: Alles rund um die Neuerung
21.12.2024

Ab Januar 2025 kommt die neue Grundsteuer in Deutschland zum Einsatz. Viele Hausbesitzer und künftige Käufer sind besorgt. Und das...

DWN
Immobilien
Immobilien Förderung jetzt auch für Kauf denkmalgeschützter Häuser
21.12.2024

Wer ein altes Haus kauft und klimafreundlich saniert, bekommt oft Hilfe vom Staat. Das gilt künftig auch für Denkmäler.

DWN
Politik
Politik So wollen die Schweiz und die EU enger zusammenarbeiten
21.12.2024

Die Schweiz ist nicht in der EU, aber es gibt etliche Abkommen. Doch die sind teils veraltet. Das soll sich nun ändern. Was bedeutet das...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....