Finanzen

Modell für Europa: Banken-Crash führt zur Enteignung von Kleinsparern

In Italien sind erstmals Kleinsparer bei einer Banken-Abwicklung enteignet worden. Die Rechtsgrundlage ist europäisches Recht. Der Mechanismus wird künftig in allen Euro-Staaten zur Anwendung kommen.
05.01.2016 02:17
Lesezeit: 3 min
Modell für Europa: Banken-Crash führt zur Enteignung von Kleinsparern
Das neue Buch von Michael Maier. (Foto: FBV)

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

In Italien sind  erstmals kleine Sparer wegen einer Banken-Abwicklung enteignet worden. Zu Beginn des Jahres 2016 trat die europäische Bankenabwicklungs-Richtlinie (BRRD – Bank Recovery and Resolution Directive) mitsamt „bail-in“-Regeln in Kraft. Demnach werden Bankgläubiger fortan mit sogenannten „nachrangigen Anleihen“ bei der Schieflage einer maroden Bank zur Sanierung mit herangezogen. Diese Regelung trifft nun in Italien auch Regionalbanken wie die Banca Etruria und deren Kleinanleger mit voller Wucht. Die Banca Etruria und drei weitere kleine Institute wurden dadurch „gerettet“, dass die Regierung einen radikalen Schnitt durchsetzte, wie Nove da Firenza berichtet. Denn die faulen Kredite wurden in einer Bad Bank gebündelt, die werthaltigen Vermögenswerte sollten an Investoren verkauft werden. Rund 10.500 Inhaber von nachrangigen Anleihen und Aktien gingen im wahrsten Sinn des Wortes leer aus.

Bereits im November 2015 nutzte Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi mittels eines Sonderdekrets einen neuen Rettungsmechanismus, um kurzfristig vier krisengeplagte Sparkassen abzuwickeln, bevor die neue Abwicklungs-Richtlinie mit Stichtag 01.01.2016 in Kraft tritt. Zum Verhängnis wurden den Kleinbanken faule Kredite. Insgesamt sitzen italienische Banken auf faulen Krediten von geschätzten knapp 200 Milliarden Euro. Seit Februar 2015 stand die Banca Etruria bereits unter staatlicher Zwangsverwaltung, denn die kleine Regionalbank war zu diesem Zeitpunkt bereits pleite.

Der große Knall für Rentner und Kleinsparer kam jedoch kurz vor Jahresende. Denn in der Zeit zwischen Februar und Weihnachten hatten die Kleinanleger im Vertrauen auf ihre heimatliche Bank und in ihrer Unerfahrenheit jedwede Anleihe gezeichnet, die ihnen von Bankberatern als Sparanlage angepriesen wurde. Zum Jahresausklang wurde ersichtlich, dass vor allem die Banca Etruria in den vergangenen Monaten ihren Kunden immer mehr nachrangige Anleihen und Aktienkäufe ans Herz gelegt hatte und somit deren Arglosigkeit missbrauchte.

Die aufgebrachte Reaktion der Sparer über ihre Verluste bringt die Regierung nun dazu, einen „privat finanzierten Ausgleichsfonds“ von bis zu 100 Millionen Euro auf die Beine zu stellen, wie das Wall Street Journal meldet. Dazu möchte Finanzminister Padoan als „humanitäre Lösung“ für die Kleinsparer den Fonds zur Sanierung von Spareinlagen benutzen – jedenfalls für jene Härtefälle, die mehr als 50 Prozent ihrer Ersparnisse verlieren. Ausreichen werden die 100 Millionen Euro jedoch nicht. Denn durchweg sind nachrangige Anleihen im Wert von 450 Millionen Euro sowie Aktien im Wert von rund 300 Millionen Euro vernichtet worden.

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi ist durch den Verlust, den tausende italienische Haushalte erleiden müssen, massivem öffentlichem Druck ausgesetzt. Und die Regierung steckt in einer handfesten Krise. Dennoch gibt Renzi die Parole aus, Italiens Banken seien solider als die meisten Pendants in anderen europäischen Ländern. Es gäbe keine Bedrohung für das Finanzsystem des Landes, so Renzi.

In Portugal war es vor wenigen Tagen ebenfalls zu einem Bail-In gekommen. Dieser betraf die Sparer und Anleger zwar nicht direkt: Weil jedoch große institutionelle Anleger bluten mussten, sind auch Sparer betroffen - und zwar in ganz Europa.

Erstmals war der Bail-In bei der Banken-Krise in Zypern praktiziert worden (Video am Anfang des Artikels). Damals sagte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der Fall Zyperns sei keinesfalls auf andere europäische Länder übertragbar. Damals waren vor allen russische Anleger betroffen. Schon wenige Wochen nach dem Zypern-Event kündigte Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem an, dass Zypern als Blaupause für den gesamten Euro-Raum gelten werde. Mit Jahresbeginn ist die Regelung nun europäisches Recht - und wird vermutlich in allen Ländern praktiziert werden, die sich einer Banken-Abwicklung gegenübersehen.

***

In seinem neuen Buch von erklärt DWN-Herausgeber Michael Maier, warum der Zugriff auf die Sparguthaben Teil der modernen Kriege und daher unausweichlich ist: Die Staaten haben sich alle über die Maßen verschuldet. In der Geschichte sind in solchen Situationen stets zwei Ereignisse eingetreten: Kriege wurden geführt, um einen äußeren Feind zu identifizieren. Zugleich wurden die Sparer enteignet, um die Kriege zu finanzieren und die Staaten zu entschulden. Die enge Verflechtung der Weltwirtschaft führt dazu, dass geopolitische Spannungen direkte Auswirkungen auf den Wohlstand und die Finanzierungsfähigkeit der Staaten haben. Die Folge: Die finanzielle Repression ist die ultima ratio der Regierungen, um ihre Abenteuer zu finanzieren. 

Das Management-Journal urteilt: „Wer die globalen politischen, wirtschaftlichen und militärischen Probleme dieser Welt verstehen will, muss ,Das Ende der Behaglichkeit‘ lesen.“

Michael Maier: „Das Ende der Behaglichkeit. Wie die modernen Kriege Deutschland und Europa verändern“. FinanzBuch Verlag München, 228 Seiten, 19,99€. Bestellen Sie das Buch hier direkt beim Verlag.

Oder kaufen Sie es im guten deutschen Buchhandel das Buch ist überall erhältlich. Wir unterstützen den Buchhandel ausdrücklich, er muss gefördert werden!

Oder bestellen Sie das Buch bei Amazon. Mit einem Kauf unterstützen Sie die Unabhängigkeit der Deutschen Wirtschafts Nachrichten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Geldanlage: Mit einem Fondsdepot mehr aus dem eigenen Geld machen

Wer vor zehn Jahren 50.000 Euro in den Weltaktienindex investiert hat, kann sich heute über mehr als 250.000 Euro freuen! Mit der...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Helsing: KI-Verteidigung made in Germany
28.02.2025

Helsing aus München hat sich in kürzester Zeit als führender Akteur für KI-gestützte Verteidigung etabliert. Die treibenden Faktoren:...

DWN
Panorama
Panorama Neue Betrugsmasche im Briefkasten: "Wichtige Mitteilung" - Verbraucherschutz warnt vor farbigen Briefen
28.02.2025

Eine Betrugsmasche im Briefkasten sorgt derzeit für Verunsicherung. Betrüger verteilen orangefarbene Karten mit angeblich wichtigen...

DWN
Politik
Politik Trump-Regierung: Die mächtigen Strippenzieher im Weißen Haus
28.02.2025

Donald Trump schafft es in seiner zweiten Amtszeit besser, Geschlossenheit in seinem Team zu bewahren. Dabei setzt er auf viele Vertraute...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BASF-Aktie reagiert auf neueste Geschäftszahlen - Anleger fürchten Dividenden-Kürzung
28.02.2025

Die BASF-Aktie reagiert auf die neusten Geschäftszahlen des Chemiekonzerns. BASF bleibt trotz eines leichten Ergebnisanstiegs im Jahr 2024...

DWN
Finanzen
Finanzen Krypto: Bitcoin-Kurs fällt weit unter 80.000 US-Dollar - ist jetzt der beste Zeitpunkt zum Investieren?
28.02.2025

Der Bitcoin-Kurs ist in den letzten sechs Wochen um über 25 Prozent gefallen. Während einige Analysten einen weiteren Rückgang auf...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Rechnungspflicht: Was Sie beachten müssen - die Schritt-für-Schritt-Anleitung
28.02.2025

Seit dem 1. Januar 2025 wird in Deutschland die E-Rechnungspflicht schrittweise eingeführt. Diese hat insbesondere im B2B-Bereich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Skype wird eingestellt: Microsoft beerdigt Kult-Messenger - so gelingt der Wechsel zu Teams
28.02.2025

Skype, der Pionier der Internet-Telefonie und Videoanrufe, wird im Mai 2025 eingestellt, wie Microsoft kürzlich bekanntgab. Nutzer sollen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Reisebranche im Aufschwung: Wo Deutsche 2025 ihren Urlaub planen
28.02.2025

Trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten planen 75 Prozent der Deutschen in diesem Jahr einen Urlaub, was der Reisebranche neue Rekordzahlen...