Politik

Gegen den Dollar: Russland plant eigenen Richtwert für Erdöl

Russland arbeitet an einem eigenen Richtwert für seine Ölverkäufe. Dieser soll die bestehende Bindung an den „Benchmark“ Brent ablösen. Der Schritt könnte einschneidende Folgen für die Weltleitwährung Dollar und die globale Dominanz der USA nach sich ziehen.
14.01.2016 02:25
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Russland plant die Einführung eines eigenen Richtwerts zur Abrechnung seines Erdöls im internationalen Handel. Die Regierung des Landes hat laut Reuters entsprechende Pläne bekanntgegeben. Russlands größte Rohstoffbörse St. Petersburg International Mercantile Exchange (SPIMEX) habe bereits im November den Handel mit Termingeschäften der russischen Standardmarke „Urals“ simuliert. „Unser Ziel besteht darin, einen Platz neben den großen Richtwerten einzunehmen. Derzeit liegt die Preissetzung für die meisten unserer Exporte, welche unser Staatsbudget festlegt, in den Händen unserer Partner“, sagte ein SPIMEX-Repräsentant zu Russia Today. Ein russischer „Benchmark“ für Öl hätte weitreichende Folgen für den bisher fast ausschließlich in Dollar abgerechneten Welthandel.

Bislang gilt bei der Abrechnung russischen Öls der Richtwert für die Nordseesorte Brent, welcher in Dollar notiert. Die Marke Brent findet gegenwärtig für etwa zwei Drittel des weltweit gehandelten Öls Anwendung, obwohl es nur rund ein Prozent der tatsächlichen täglichen Fördermenge ausmacht. Schon aus diesem Grund sind die Pläne Russlands, einem der weltgrößten Produzenten von Erdöl, verständlich. Hinzu kommt, dass die Preisgestaltung der Marke Brent unter dem Einfluss großer Investmentbanken wie Goldman Sachs, Morgan Stanley, JP MorganChase und Citibank steht. Dies ermöglicht es der Wall Street, den Preis für einen Großteil der Weltfördermenge zu bestimmen. Das andere weltweit anerkannte Instrument stellt die ebenfalls am Dollar orientierte Richtmarke WTI dar.

Ein in Rubel notierender Benchmark wäre deshalb nicht nur ein Schlag gegen die Weltleitwährung Dollar, sondern auch gegen die Macht der USA. Er würde ein System durcheinanderbringen, dass als tragende Säule amerikanischer Dominanz fungiert: Denn solange Öl über Brent und WTI gehandelt wird, herrscht eine permanente Nachfrage nach Dollars. Zentralbanken anderer Länder reinvestieren ihre aus Handelsüberschüssen stammenden Dollardevisen wiederum vornehmlich in US-Staatsanleihen. Dadurch kann sich der amerikanische Staat praktisch endlos und ohne Konsequenzen verschulden, da er selbst Dollar drucken kann und dieser seit der Abschaffung des Goldstandards im Jahr 1971 keine werthaltige Deckung mehr besitzt.

Dieser Effekt begünstigte die Anhäufung enormer Staatsschulden durch die USA, welche sich mittlerweile auf rund 19 Billionen Dollar summiert haben. Dies funktioniert einzig und allein über die faktische Kopplung der Rohölpreise an die amerikanische Landeswährung. Jede Alternative zu den bestehenden Benchmarks Brent und WTI wirkt dämpfend auf die Nachfrage nach Dollars und muss letztendlich als Beschneidung der Refinanzierungsfähigkeit der USA verstanden werden.

Russlands Schritt scheint Teil einer langfristigen Strategie zu sein, um die eigene Ölwirtschaft vom Dollar abzukoppeln. Dabei tritt es als Vorreiter für andere Schwellenländer auf. Reuters zufolge plant auch die chinesische Regierung eine eigene, auf Yuan basierende, Richtmarke einzuführen. Russland versucht schon seit Längerem, internationale Termingeschäfte für Urals-Öl durchzusetzen, war bislang aber nicht erfolgreich. Würden die Pläne Moskaus und Pekings tatsächlich umgesetzt, könnte dies eine der beiden Säulen erschüttern, auf denen die Weltleitwährung und mit ihr der Supermachtstatus der USA ruht: die Abrechnung des Erdölhandels in Dollar. Interessant wird zu beobachten sein, wie die USA (dann unter neugewählter politischer Führung) auf die Vorstöße reagieren werden. Durchaus möglich, dass die zweite Säule ihrer Macht – die militärische Überlegenheit – stärker betont wird.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Putins Informationskrieg: Warum der Westen bereits verliert
21.06.2025

Während Russland mit Desinformation und Zynismus die Ordnung zerschlägt, wirkt der Westen wie ein schläfriger Zuschauer. Genau deshalb...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Litauischer Hersteller Altas Auto: Wie Europa exklusive Elektrobusse bekommt
20.06.2025

Während Europas Politik auf Elektro-Transformation pocht, bleibt die Umsetzung zäh. Ein litauischer Hersteller von E-Minibussen will die...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Waffen brauchen Rohstoffe: Der stille Machtkampf um die Kriegsmetalle Antimon und Wolfram
20.06.2025

Antimon und Wolfram gelten als Schlüsselfaktoren für die moderne Rüstung. Doch die weltweiten Vorkommen liegen größtenteils außerhalb...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osteuropas KI-Plan: Die EU-Digitalwende kommt nicht aus Brüssel
20.06.2025

Mit fünf strategischen Hebeln will Mittel- und Osteuropa die EU-Digitalspitze übernehmen – ein ambitionierter Plan mit Folgen für die...

DWN
Politik
Politik Ex-Minister Jens Spahn unter Druck: Parlament erhält teils geschwärzten Bericht zu Masken-Deals
20.06.2025

Ein vertraulicher Masken-Bericht sorgt für neuen politischen Zündstoff. Die angekündigte Offenlegung im Bundestag bleibt unvollständig...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Erhöhung Mindestlohn: Kommt 2026 eine Anhebung auf 15 Euro?
20.06.2025

Ende Juni befindet eine Kommission über eine weitere Erhöhung der Lohnuntergrenze. Eine Zahl spielte beim Wahlkampf der SPD eine große...

DWN
Panorama
Panorama Jobcenter zahlt 5000 Euro Bürgergeld für den Autokauf: "Das ist doch irre!"
20.06.2025

5000 Euro Bürgergeld für ein Auto? Das Jobcenter Dortmund sorgt mit einem Pilotprojekt für Aufsehen. Arbeitslose sollen mit Prämien in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Israel und Iran: Der wahre Preis von Krieg, Öl und Exodus
20.06.2025

Raketenhagel, Krieg mit dem Iran, massive Auswanderung – und trotzdem explodieren Börse und Rüstungsexporte. Wie lange kann das...