Politik

Freiwillig oder Pflicht? Merz zweifelt an Bundeswehr-Rekrutierung

Die Frage, wie die Bundeswehr künftig genügend Soldaten findet, spaltet die Koalition. CDU-Chef Friedrich Merz äußert Zweifel, dass allein auf Freiwilligkeit gesetzt werden kann — und eröffnet damit eine neue Debatte über die Zukunft des Wehrdienstes.
06.10.2025 13:02
Lesezeit: 2 min
Freiwillig oder Pflicht? Merz zweifelt an Bundeswehr-Rekrutierung
Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind im Goethepark in Burg angetreten (Foto: dpa). Foto: Klaus-Dietmar Gabbert

80.000 zusätzliche aktive Soldaten benötigt

Die Union macht Druck für eine Reaktivierung der 2011 ausgesetzten Wehrpflicht. Die Parteichefs von CDU und CSU, Kanzler Friedrich Merz und Markus Söder, machten am Abend deutlich, dass eine Freiwilligkeit wohl nicht ausreicht, um mehr Soldaten für die Bundeswehr zu bekommen. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf pocht hingegen genau darauf. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf setzt zunächst auf Freiwilligkeit. Die erste Lesung im Bundestag war ursprünglich am 9. Oktober angesetzt, wurde aber nun um eine Woche verschoben.

Die Bundeswehr benötigt etwa 80.000 zusätzliche aktive Soldaten. Denn die Nato hält für die Truppe eine Größenordnung von 260.000 für erforderlich, um einem Angriff etwa Russlands standzuhalten. Der Gesetzentwurf von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) setzt auf Freiwilligkeit, um mehr junge Leute für die Bundeswehr zu gewinnen, und auch auf einen finanziell attraktiveren Dienst. Aus der Union kommt der Einwand, dass im Gesetzentwurf nicht genau definiert wird, unter welchen Bedingungen die bisher geplante Freiwilligkeit in eine neue Pflicht umgewandelt werden könnte.

Merz für allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr

Kanzler Merz sagte in der ARD-Sendung „Caren Miosga“: „Ich bin dafür, dass wir das machen, was wir im Koalitionsvertrag verabredet haben, nämlich vorläufig freiwillig. Aber ich vermute, es wird bei Freiwilligkeit allein nicht bleiben“. Ferner sprach sich Merz für ein „allgemeines gesellschaftliches Pflichtjahr in Deutschland“ aus. Dafür brauche es aber eine Grundgesetzänderung. Erst danach könnten auch Frauen einbezogen werden.

Bayers Ministerpräsident Söder hatte in der „Bild am Sonntag“ eine schnelle Rückkehr zur Wehrpflicht verlangt. „An der Wehrpflicht führt kein Weg vorbei. Halbe Sachen reichen nicht mehr. Eine Wischiwaschi-Wehrpflicht hilft niemandem“, sagte der CSU-Chef. Im ARD-“Bericht aus Berlin“ bekräftigte er die Forderung. Wenn man nicht definiere, wie viele Soldaten wann gebraucht werden, beginne man in zwei, drei oder vier Jahren von Neuem. Dann sei es angesichts der Bedrohungen durch Russland möglicherweise zu spät, meinte Söder.

Der Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte, schlägt in dieselbe Kerbe. „Es mag zwar grundsätzlich löblich sein, auf Freiwilligkeit zu setzen, allerdings gibt es erhebliche Zweifel daran, ob dies wirklich gelingen kann und auch der Lage angemessen ist“, sagte der CDU-Politiker der „Rheinischen Post“.

SPD pocht auf Freiwilligkeit

SPD-Generalsekretär Klüssendorf zeigte sich verärgert über die neu aufkommende Diskussion. „Wir haben uns in der Koalition gemeinsam auf einen klaren Weg verständigt: Der neue Wehrdienst wird freiwillig sein. Punkt“, sagte Klüssendorf dem Magazin „Stern“. Er warnte: „Wer wieder und wieder Debatten aufwärmt, schwächt die Glaubwürdigkeit der Politik und verunsichert junge Menschen.“ Er fügte hinzu: „Wir werben bei jungen Menschen, sich in der Bundeswehr für unser Land zu engagieren – ohne Pflicht, aber mit Perspektiven: mit guter Ausbildung, attraktiven Chancen und hoher Anerkennung.“

Gelassener äußerte sich SPD-Fraktionsvize Siemtje Möller. Verschiebungen bei Tagesordnungen seien keine Besonderheit, sagte die Verteidigungsexpertin der „Rheinischen Post“. Möller betonte: „Wir gehen davon aus, dass allen Beteiligten die Dringlichkeit einer Verabschiedung sehr bewusst ist und wir deswegen zügig zu einer ersten Lesung und dann auch zu einer Verabschiedung des Gesetzes vor Jahresende kommen.“

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