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Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Warum ist eine Bad Bank schlecht? Wo liegt das Risiko für den Steuerzahler?
Achim Dübel: Bad banks als zentrale Managementeinheiten zur Verwertung von Sicherheiten oder Sanierung von Schuldnern sind vernünftig.
Es geht aber darum, wer für die Verluste aufkommt. Und da sind klassische Bad Banks, die zum Stichtag X schlechte Aktiva zum festen Preis Y ankaufen, in dieser Finanzkrise mehr als einmal ein Vehikel gewesen, um Altgläubiger zu entlasten.
Beispiel FMS Wertmanagement, an die die Griechenlandforderungen des Hypo Real Estate Konzerns zum Nennwert (100 Prozent) verkauft wurden und für deren Verluste der Bund aufkommen musste. Währenddessen wurden und werden die Nachrang- bzw. Pfandbriefgläubiger der Hypo Real Estate bzw. ihrer Tochter Depfa Bank in Irland voll ausgezahlt. Die Bad Bank wirkte also als Subventionsinstrument der Gläubiger zulasten der Steuerzahler. Wir sprechen nur im Fall FMS Wertmanagement von hohen zweistelligen Milliardenbeträgen, die Herr Steinbrück und später Herr Schäuble übernommen haben.
Beispiel Sareb in Spanien, wo eine theoretisch knapp mehrheitlich private Bad Bank gegründet wurde, deren Schulden aber bis hinunter zum Nachrang komplett vom Staat garantiert wurden und die heute auf hohen Verlusten sitzt. Und viele andere mehr.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Warum konzentrieren sich Politik und Zentralbanken immer auf die Bad Bank-Lösung?
Achim Dübel: Nicht immer, aber immer wieder, und zwar dann, wenn der Investorenlobbyismus wieder einmal überhandnimmt.
Die Zentralbanken haben einen Interessenkonflikt, denn sie nehmen jede Störung am Bankschuldenmarkt, die von Gäubigerbeteiligung ausgehen kann, als Bedrohung ihrer geldpolitischen Aufgabe wahr. Das ist einer der vielen Gründe, warum die Bankenaufsicht in der EZB nichts verloren hat.
Der SRB, der europäische Bankenabwickler, war zwar von Herrn Schäuble als Gegengewicht zur EZB gewollt, ist aber dann viel zu schwach aufgestellt worden, denn er darf erst dann intervenieren, wenn die EZB einen Abwicklungsfall sieht. Und der wird mit einer Bad Bank ja vorerst verhindert.
Ich denke, einer der Hauptgründe ist, dass Deutschland selbst massiv über Bad Banks – und zwar nicht nur bei Privatbanken über FMS Wertmanagement, sondern auch bei den Landesbanken – Gläubiger gerettet hat. Daneben hatten wir die grotesken Gläubigerrettungsaktionen von Frankreich bei Dexia, selbst nachdem Spanien schon Gläubigerbeteiligung durchgesetzt hatte. Wenn die beiden Zugpferde der Eurozone nicht im Sinne der Steuerzahler arbeiten, woher soll dann die Motivation anderer kommen, es besser zu machen.
In der Szene sind zudem einige Irrlichter unterwegs, wie der schwedische Reichsbankchef und frühere, hochrangige IWF-Direktor Stefan Ingves, der mit missionarischem Eifer an das Modell glaubt, weil es in Schweden in den 90ern gut funktioniert hat. Damals waren wir aber in einer Inflations- und Hochkonjunkturphase in Europa und nicht in einer Deflationsphase mit Niedrigwachstum wie jetzt. Die slowenische Bad Bank-Lösung, die das kleine Land ruiniert hat, wurde von Leuten aus dem Umfeld von Ingves aufgesetzt – eine besondere Absurdität, denn Schweden ist bekanntlich nicht Mitglied der Eurozone.
Schließlich ist es so, dass viele Politiker wenig bis nichts vom Finanzsektor verstehen und sich in der Pose des Retters gefallen, egal, was es die Steuerzahler kostet. Jedenfalls solange, wie der Staat noch halbwegs solvent ist. Italien kopiert hier nur Verhalten, das andere vorgemacht haben.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Kennen Sie einen Fall, wo eine Bad Bank funktioniert?
Achim Dübel: Selbst, wenn man gutwillig ist und niemanden übermäßig subventionieren oder belasten will, kommt man mit dem Modell, mitten in einer Krise feste Preise für schlechte Aktiva finden zu wollen, nicht weiter.
In Irland hat die Bad Bank NAMA zum Beispiel rekordtiefe Preise gezahlt, die die Eigenkapitalgeber und Gläubiger der Banken am Ende zu stark belasteten. Dumm für die Gläubiger war, dass das Eigenkapital der Banken weitgehend dem Staat gehörte und dieser sich über seine gleichzeitige Eigentümerschaft der Bad Bank mit dem Ergebnis von Kapitalgewinnen wieder schadlos halten konnte. Von diesen Umverteilungsspielen profitiert aber letztlich niemand, denn das Investorenvertrauen geht dabei mit verloren.
Wenn man eine Bad Bank ohne die Verlagerung von Verlusten an den Staat errichten will, dann muss man das sogenannte Good Bank-Modell wählen. Der Ansatz besteht darin, nicht die schlechten Teile der Bank, sondern die guten Teile der Bank zu verkaufen. Gleichzeitig werden die hochrangigen Verbindlichkeiten, wie etwa Einlagen, mit veräußert. Für gute Aktiva gibt es immer einen Markt, wenn der Zeitpunkt wegen einer allgemeinen Krisensituation schlecht ist, bietet sich eine staatlich finanzierte Brückenbank an.
Das Ergebnis ist, dass die schlechten Aktiva und das alte Eigenkapital sowie nachrangige und ungesicherte Bankbonds in einer residualen Bad Bank, die Amerikaner sagen auch 'dead bank', zusammengefasst werden. Derjenige Teil der Passivseite, der im Fall der Insolvenz die Lasten bei einer Gesamtverwertung der Bank tragen würde, trägt sie also auch einer Teilverwertungslösung. Dieses Modell wurde u.a. in Dänemark, Island, Zypern, Griechenland und Portugal angewendet.
Funktionieren kann eine solche Lösung vor allem dann gut, wenn bestimmte Gläubiger nicht versuchen, sich aus dem Staub zu machen. Hier hat sich leider die EZB auf Zypern selbst bedient und ihre Forderungen eigenmächtig in die zu verkaufenden guten Teile eingestellt, womit die Verluste der restlichen Gläubiger maximiert wurden.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Wie haben das eigentlich die Amerikaner gemacht?
Achim Dübel: Genau so, das Good Bank-Modell ist der Standardansatz des US-Einlagensicherers FDIC, des Vorbildes für unseren europäischen SRB. Während der Krise wurde das Modell pro Jahr in mehreren hundert Fällen angewendet, d.h. die FDIC hat die guten Teile von Banken zusammen mit den von ihr versicherten Einlagen verkauft und den Rest des Kapitals mit den schlechten Aktiva in den Dead Banks verhaftet.
Wichtig ist aber dabei, die niederrangigeren Altgläubiger der residualen Bad Bank nicht vollkommen zu entmachten, sondern ihnen ein Mitspracherecht über die Verwertungsstrategie zu geben. Hier sind in den USA aufgrund des ungeheuer mächtigen Status der FDIC, die von Roosevelt als Machtinstrument gegen die Banken gegründet wurde, Ungleichgewichte entstanden. Das Ergebnis sind oft Rechtsstreitigkeiten, wie etwa beim Fall des Verkaufs der guten Teile von Washington Mutual an JP Morgan, wo sich die Restgläubiger betrogen fühlten.
Das sind aber angesichts der hohen Fallzahlen in den USA keine ins Gewicht fallenden Einwände. Eine der zentralen Strategien der FDIC besteht darin, Streit über die Verkaufspreise der guten Bankteile zu vermeiden, indem ein möglichst kompetitives Bieterverfahren eingeleitet wird. Das hat selbst in der Krise gut funktioniert, weil die FDIC über einen Kreis spezialisierter Investmentbanken verfügt, die viele Bieter zusammentrommeln können. Es gab einige wenige Ausnahmen wie Shorebank, eine spezialisierte Chicagoer Community-Bank, und eben die sehr große Washington Mutual, für die sich nur ein Bieter fand. Hier hätte sich vielleicht eine staatliche Brückenbanklösung angeboten.
Deutsche Wirtschafts Nachrichten: Sollte die EU hart bleiben – und hat sie Mittel, die BB in Italien zu verhindern?
Achim Dübel: Auf jeden Fall. Das Instrumentarium gegen übermassige Vorteile aus den Verkäufen schlechter Aktiva für die Altgläubiger der Bank ist in der Bankenkommunikation vom 01.08.2013 der Wettbewerbsbehörde angelegt, deren Validität gerade wieder vom Europäischen Gerichtshof bestätigt wurde.
Italien versucht zwar, mit der Aufstellung 'privater' Käufer schlechter Aktiva – erst über Atlante und nun über ein noch größeres Bad-Bank-Vehikel – die Fiktion eines Marktes zu errichten, um der Kommission den Wind aus den Segeln zu nehmen. Sicher wird man auch den spanischen Weg einer 'privaten' Bad Bank mit umfangreichen Staatsgarantien versuchen. Wenn man sich aber diese Vehikel genauer ansieht, so kommt man nicht darum herum, dass es eben in der jetzigen Marktsituation Staatssubventionen sind. Nochmals – die bessere Strategie, auch für Italien, wäre der Good Bank-Ansatz, d.h. der Verkauf der guten anstatt der schlechten Aktiva.
Achim Dübel ist unabhängiger Finanzmarkt-Berater und Gründer von Finpolconsult. Er hat unter anderem die Weltbank, die EU-Kommission und mehrere Zentralbanken in der Banken-Krise beraten.