Zwanzig Jahre Goldpreis-Boom und kein Ende in Sicht
Bereits vor zwanzig Jahren beschäftigten sich nur wenige Investoren ernsthaft mit Gold. Im Jahr 2005 galt das Edelmetall als billige und unterschätzte Anlageklasse. Damals wurde Gold als unattraktiv bezeichnet, weil es „keine laufende Rendite“ erbringe. Ein Argument, das bis heute häufig zu hören sei, so Torbjörn Iwarson, Redakteur bei dem schwedischen Finanzportal Privata Affärer.
Doch Gold besitzt, ähnlich wie andere Rohstoffe, herausragende Portfolioeigenschaften. Steigt die Inflation, legen Rohstoffe im Durchschnitt etwa dreimal so stark zu. Das hängt damit zusammen, dass sich Rohstoffpreise eng am Produzentenpreisindex orientieren, der dreimal stärker schwankt als der Verbraucherpreisindex. Gold korreliert dabei weniger stark mit Inflation als andere Rohstoffe. Es reagiert sensibler auf geopolitische Unsicherheit und Finanzstress.
Goldpreis als Schutz in Krisen und Inflation
Steigt die Inflation um ein Prozent, erhöhen sich in der Regel auch die Zinsen um denselben Wert. Dadurch sinkt der Barwert künftiger Cashflows, was den Kurs von Aktien, Anleihen, Immobilien und Infrastrukturinvestitionen belastet. Das Vermögen der meisten europäischen und auch deutschen Anleger besteht vor allem aus solchen zinssensitiven Anlagen. Steigt die Inflation, sinken die Kurse dieser Anlagen um etwa drei Prozent, während Rohstoffe im gleichen Zeitraum steigen. Gold bietet in diesem Umfeld einen wichtigen Ausgleich.
Zudem steigt der Goldpreis, wenn die Angst vor geopolitischen oder wirtschaftlichen Schocks zunimmt. Während in Krisen die Nachfrage nach Konsumgütern einbricht und Aktien wie Anleihen oft deutlich an Wert verlieren, gewinnt Gold. Es dient als Absicherung gegen Panik und stärkt die Stabilität eines Portfolios. Ein kleiner Goldanteil im Portfolio erhöht die Robustheit und kann Verluste an den Finanzmärkten abfedern.
Der Goldpreis profitiert von Schulden, Krieg und Zentralbanken
In den vergangenen Jahren hat Gold alle anderen Anlageformen übertroffen. In den frühen 2000er-Jahren wurde der Preisanstieg durch den Nachfrageschub aus China ausgelöst. Unter Mao war Goldbesitz verboten, danach explodierte die Nachfrage, unterstützt durch die Industrialisierung Indiens. Gleichzeitig wurde weltweit zu wenig in neue Goldminen investiert, was das Angebot knapp hielt.
Ab 2011 stagnierte der Markt, bis der Goldpreis erneut zu steigen begann. Der aktuelle Aufwärtstrend hat zwei mögliche Ursachen: eine neue Welle spekulativer Käufe oder eine wachsende Angst, dass die globale Schuldenkrise durch Inflation gelöst werden soll. Wie der Bankier J.P. Morgan einst sagte: „Gold ist Geld. Alles andere ist Kredit.“
Hohe Inflation entsteht fast immer aus hohen Staatsschulden. Wenn Investoren glauben, dass Regierungen ihre Schulden weginflationieren, verkaufen sie Anleihen und kaufen reale Werte: zunächst Aktien, dann Gold.
Hinzu kommt: Geopolitische Spannungen erhöhen die Haushaltsdefizite, insbesondere in den USA, deren Staatsanleihen den größten Teil der globalen Währungsreserven ausmachen. Mehrere Zentralbanken haben begonnen, ihre Bestände an US-Staatsanleihen durch Gold zu ersetzen. Das Vertrauen in die Rückzahlung dieser Schulden sinkt – und genau das treibt den Goldpreis. Der Prozess ist im vollen Gange. Ob er in Inflation, steigende Zinsen und sinkende Aktienkurse mündet (oder in eine tiefe Rezession), ist die entscheidende Frage der kommenden Jahre.
Drei Rohstoffprognosen von Torbjörn Iwarson
- Als Rohstoff erscheint Gold extrem teuer, aber vielleicht nicht als sicheres Geld oder „Wertspeicher“.
- Ein Rohstoff, der aus fundamentaler Sicht extrem günstig erscheint, ist Weizen, den man meiner Meinung nach kaufen sollte. Baumwolle ist meiner Meinung nach noch nicht ganz so weit, aber man kann sie im Auge behalten, um eine Position aufzubauen.
- Kupfer profitiert von der fortschreitenden Elektrifizierung, und ich bin vorsichtig optimistisch.
Gold bleibt das Maß aller Dinge
In Deutschland treibt dieselbe Dynamik den Goldpreis nach oben. Hohe Inflation, steigende Staatsausgaben und geopolitische Unsicherheit haben dazu geführt, dass Gold zum bevorzugten Kriseninvestment geworden ist. Deutsche Privatanleger kaufen Rekordmengen an physischem Gold und Gold-ETFs, während Banken ihre Bestände an US-Staatsanleihen reduzieren. Die Europäische Zentralbank steht vor einem Dilemma: Sie kann die Zinsen nicht stark genug erhöhen, um die Inflation zu bekämpfen, ohne die Schuldenlast der Mitgliedsstaaten zu verschärfen. Diese Unsicherheit stützt den Goldpreis weiter.
Für den deutschen Markt bedeutet das: Gold bleibt ein Sicherheitsanker, solange die Finanzpolitik von Unsicherheit und Verschuldung geprägt ist. Ob der Goldpreis weiter steigt, hängt von zwei Faktoren ab: ob Regierungen ihre Schulden real abbauen oder sie inflationsbedingt entwerten. In beiden Fällen bleibt Gold das stabilste Gut in einem instabilen System.


