Politik

Erdogan ernennt Kritiker der USA zum Innenminister

Der türkische Präsident Erdogan hat den bisherigen Arbeitsminister Süleyman Soylu zum neuen Innenminister ernannt. Die Personalie ist bemerkenswert: Soylu hatte als erster Minister die USA beschuldigt, hinter dem gescheiterten Putsch-Versuch zu stecken. US-Präsident Obama hat die Anschuldigungen energisch zurückgewiesen.
01.09.2016 03:40
Lesezeit: 2 min

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Der türkische Innenminister Efkan Ala ist am Mittwoch überraschend zurückgetreten. Sein Nachfolger werde der bisherige Arbeitsminister Süleyman Soylu, teilte Regierungschef Binali Yildirim am Abend im Fernsehen mit. Gründe für den Rücktritt des Ministers wurden nicht angegeben. Die Ernennung ist auch ein Zeichen, dass sich der türkische Präsident offenbar nicht sicher ist, dass es keine weiteren Putschversuche gibt: Das Innenministerium ist ein Schlüssel-Ressort für die innere Sicherheit. Soylu hatte als erster Minister die USA öffentlich beschuldigt, hinter dem Putschversuch zu stecken.

Süleyman Soylu, der Arbeitsminister der Türkei, hatte im TV-Sender Haberturk gesagt: „Hinter diesem Putsch stecken die USA.“. Er war zuvor bei der DYP Mitglied. Er kommt aus einer eingesessenen Bürokratenfamilie der Mitte-Rechts-Parteien – also Demokratische Partei unter Menderes und Gerechtigskeitspartei unter Demirel. Soylu ist eigentlich ein ziemlich korrekter und ruhiger Politiker und gilt als unideologisch und realpolitisch orientiert.

Der Wechsel ist auch ein Signal in Richtung der USA, mit denen die Türkei im Clinch liegt. Wie angespannt das Verhältnis ist, zeigen auch die Wortmeldungen zum Konflikt in Syrien. Die Türkei verfolgt einen eigenen Kurs und hat eine Militär-Aktion gestartet – welche von den USA unmissverständlich kritisiert wurde.

Die Türkei hat den US-Botschafter in der Türkei, John Bass, ins Außenministerium zitiert, um den Protest gegen die „völlig inakzeptablen“ amerikanischen Äußerungen zum Militäreinsatz der Türkei in Syrien auszudrücken: US-Verteidigungsminister Ash Carter hatte die Türkei aufgefordert, nicht gegen die Kurden zu kämpfen. Besonders empört ist man in Ankara über die Aussage Carters, es gäbe eine lose Vereinbarung über einen Waffenstillstand zwischen der Türkei un den Kurden: Einen Waffenstillstand mit der syrischen Kurdenpartei PYD gebe es nicht. Die Türkei verbat sich die Darstellung, dass ein souveräner Staat wie die Türkei auf eine Stufe mit einer kämpfenden Miliz gestellt werde. Ankara akzeptiere „unter keinen Umständen“ einen Kompromiss oder eine Waffenruhe zwischen der Türkei und „kurdischen Elementen“, sagte Europaminister Ömer Celik am Mittwoch der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Die USA hatten die Waffenruhe am Dienstag verkündet.

Die Türkei sei ein „souveräner, legitimer Staat“ und könne nicht mit einer „Terrororganisation“ auf eine Stufe gestellt werden, sagte Celik. Der Minister bezog sich dabei auf die syrisch-kurdische Partei der Demokratischen Union (PYD) und ihren bewaffneten Arm, die Volksverteidigungseinheiten (YPG). Diese sieht Ankara - so wie in der Türkei die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) – als „Terrororganisationen“ an.

Die Türkei will trotz Kritik des Nato-Partners USA ihre Offensive gegen kurdische Kämpfer in Nordsyrien fortsetzen. Der Einsatz werde vorangetrieben, bis alle Bedrohungen beseitigt und die nationale Sicherheit gewährleistet sei, sagte Regierungschef Binali Yildirim am Mittwoch. Vor einer Woche war die türkische Armee in Syrien eingerückt, um nach eigenen Angaben die Extremistenmiliz IS sowie die Kurdenmilizen dort zu bekämpfen. Dem Präsidialamt zufolge soll entlang der türkisch-syrischen Grenze ein 90 Kilometer breiter Streifen geschaffen werden, in dem es keine IS-Kämpfer mehr gibt.

Die türkischen Streitkräfte und verbündete syrische Rebellen kämpfen gegen den Islamischen Staat (IS) und kurdische Einheiten, die ebenfalls verfeindet sind. Der Nato-Staat wird seit dem vergangenen Jahr immer wieder von Anschlägen erschüttert, für die der IS verantwortlich sein soll. Zudem will die Regierung mit der Operation „Schutzschild Euphrat“ verhindern, dass die Kurden in Nordsyrien weitere Gebiete erobern. Sie kämpft auch im eigenen Land gegen kurdische Rebellen.

Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan sagte, im Syrien-Konflikt seien kurdische Einheiten Ziele, solange sie sich westlich des Euphrat aufhielten.

Das Vorgehen der Türkei ist heikel, weil der militärische Arm der PYD, die YPG, ein wichtiger Verbündeter der USA im Kampf gegen den IS ist. So hatte das Verteidigungsministerium in Washington kritisiert, die Offensive spiele den Islamisten in die Hände. Erdogans Sprecher entgegnete nun, es sei ein Mythos, dass nur die YPG im Kampf gegen den IS effektiv sei. Es sei nicht hinnehmbar, dass sein Land beim Anti-IS-Kampf mit der Miliz verglichen werde.

In den vergangenen Jahren sind Tausende ausländische Kämpfer – darunter viele aus Westeuropa - über die Türkei nach Irak und Syrien gereist, um sich dem IS anzuschließen. Die Regierung in Ankara geht inzwischen verstärkt gegen Helfer der radikalen Islamisten vor. Allein seit Anfang des Jahres seien 865 Verdächtige wegen mutmaßlicher Verbindungen zum IS verhaftet worden, sagte Innenminister Efkan Ala. Über die Hälfte von ihnen seien Ausländer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Mulfin Trade hat seine Schutzsysteme für mehr Sicherheit aktualisiert

Der Schutz persönlicher Daten ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Vertrauen der Kunden in einen Service beeinflussen. Mulfin Trade...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Technologie
Technologie Regulieren statt dominieren: Europas letzter Ausweg in der KI-Welt
07.06.2025

Europa droht im globalen KI-Wettlauf abgehängt zu werden. Doch Experten zeigen: Die wahre Macht liegt nicht in der Modellentwicklung,...

DWN
Politik
Politik Kollaps der Insekten-Revolution: EU zerstört ihre eigene Bio-Strategie
07.06.2025

Erst gefeiert als nachhaltige Wunderlösung – nun droht das Aus: Europas Insektenzüchter stecken in der Krise. Die Hoffnung, Fischmehl...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen verkaufen: Die 10 häufigsten Fehler beim Unternehmensverkauf
07.06.2025

Was Unternehmer beim Verkauf ihres Unternehmens falsch machen – und wie selbst starke Zahlen durch fehlende Strategie, überzogene...

DWN
Politik
Politik Ehegattennachzug stagniert: Rechtliche Hürden beim Sprachnachweis
07.06.2025

Die Zahl der Visa für den Ehegattennachzug nach Deutschland ist rückläufig. Gleichzeitig bestehen weiterhin sprachliche und rechtliche...

DWN
Panorama
Panorama Ausweis, Ticket & Co.: Was Sie vor einem Urlaubsflug beachten sollten
07.06.2025

Check-in, Sicherheitscheck und Sprint zum Gate: Der Start in den Urlaubsflug kann am Flughafen schnell im Stress enden. Das lässt sich...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wertvollster Fußballer der Welt: Lamine Yamal knackt 400-Millionen-Marke
07.06.2025

Ein 17-Jähriger dominiert den globalen Fußballmarkt: Lamine Yamal ist mehr wert als ganze Bundesligateams – und verkörpert die extreme...

DWN
Politik
Politik Der Weltraum als nächstes Schlachtfeld – Europas Sicherheit steht auf dem Spiel
07.06.2025

Der Orbit wird zur neuen Frontlinie geopolitischer Machtspiele. Wie private Satelliten, militärische Strategien und neue Allianzen die...

DWN
Technologie
Technologie Silicon Valley dominierte Big Tech – Europas Chance heißt Deep Tech
06.06.2025

Während Europa an bahnbrechenden Technologien tüftelt, fließt das große Geld aus den USA. Wenn Europa jetzt nicht handelt, gehört die...