Politik

Bund und Länder einigen sich auf Umverteilung der Steuergelder

Bund und Länder haben sich auf eine Neuordnung der Finanzausgleichs geeinigt. Dieser sieht unter anderem eine Vorstufe zur Privatisierung von Autobahnen vor. Damit will die Bundesregierung die Grundlage für neue Einnahmen legen.
14.10.2016 17:23
Lesezeit: 2 min

Nach jahrelangem Streit haben sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder auf eine Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen geeinigt. Mit dem Kompromiss gebe es nun Planungssicherheit für die Investitionen des Staates im nächsten Jahrzehnt, sagte Merkel am Freitag in Berlin. Die Länder setzten sich mit ihrer Forderung durch, dass der Bund ab 2020 gut 9,5 Milliarden Euro mehr in den Mechanismus zur Umverteilung der Steuereinnahmen einzahlt. Im Gegenzug sicherte sich der Bund mehr Kontrollrechte bei der Mittelverwendung und die Zustimmung der Länder zur Neuorganisation der Autobahnen. Bayern und Hessen wollen nun ihre Klagen gegen den Finanzausgleich zurückziehen.

Die Reform der von den Bürgern weitgehend unbemerkten Umverteilung der Steuermilliarden soll für annähernd gleiche Lebensverhältnisse in Deutschland sorgen - bei Polizei, Justiz, Schule oder Verwaltung. Mecklenburg-Vorpommerns Regierungschef Erwin Sellering (SPD) sagte, mit dem Kompromiss werde erreicht, dass auch künftig Kinder in Schwerin die gleichen Chancen hätten wie etwa in Düsseldorf. Der jetzige Länderfinanzausgleich und der Solidarpakt II mit Ostdeutschland laufen 2019 aus.

Bayerns Regierungschef Horst Seehofer (CSU) sprach von einer der härtesten Verhandlungen, an denen er teilgenommen habe. Er habe sein Ziel voll erreicht, dass Bayern, das derzeit die Hauptlast im Länderfinanzausgleich trägt, um eine Milliarde Euro entlastet werde. Es sei ein "für alle Seiten auskömmliches und zumindest befriedendes Ergebnis erzielt" worden, sagte Schäuble, der eigentlich nicht mehr als 8,5 Milliarden Euro mehr zahlen wollte, aber Strukturverbesserungen herausschlagen konnte.

So werden die Bundesautobahnen in eine privatwirtschaftlich organisierte Infrastrukturgesellschaft des Bundes überführt, was die Beteiligung von Privatinvestoren an Bauprojekten erleichtern kann. Verkauft werden dürfen die Autobahnen allerdings nicht. Auch darf der Bundesrechnungshof künftig den Bundesländern auf die Finger schauen, wenn sich der Bund an Mischfinanzierungen beteiligt. Dabei werden künftig auch Bundeszuschüsse zur Sanierung von Schulen in finanzschwachen Kommunen ermöglicht. Zudem erhält der Bund ein stärkeres allgemeines Weisungsrecht in der Steuerverwaltung. Digitale Angebote der Verwaltungen werden außerdem künftig über ein zentrales Bürgerportal erreichbar.

Eine Sonderregelung für den Osten ist im neuen System nicht mehr vorgesehen. Sachsen-Anhalts Regierungschef Reiner Haseloff (CDU) betonte aber, durch die grundgesetzlichen Festschreibungen sei sichergestellt, dass die ostdeutschen Länder nicht auf Dauer zu Bittstellern würden. So wird unter anderem der Finanzkraft der Kommunen bei den Ausgleichansprüchen der Länder künftig mehr Rechnung getragen. Zudem werden im Grundgesetz neue Bundeszuweisungen zum Ausgleich der Finanzkraftunterschiede auf Gemeindeebene festgeschrieben. Davon profitieren Regionen im Osten wie im Westen gleichermaßen.

Die besonders unter Altschulden leidenden Länder Saarland und Bremen erhalten außerdem Sanierungshilfen in Höhe von jeweils 400 Millionen Euro. Die Stadtstaaten wiederum werden bei der Berechnung ihrer Ausgleichsansprüche je Einwohner nicht schlechter gestellt. Es sei gelungen, vom Geberland Bayern bis zum hoch verschuldeten Bremen eine große Klammer hinzubekommen, sagte Haseloff. "Ende gut, alles gut", sagte Seehofer. Hamburgs Regierungschef Olaf Scholz (SPD) betonte: "Alle Länder stehen besser da als vorher." Das besondere am Föderalismus sei, dass am Ende alle Erfolg haben müssten.

"Wir haben eine Reihe von Maßnahmen, die den Bundesstaat insgesamt handlungsfähiger machen", sagte Schäuble. Er hob hervor, dass der Bund zwar mehr Geld in das System zahle, dabei aber sichergestellt sei, dass nur 1,4 Milliarden Euro davon dynamisiert seien, also mit den Umsatzsteuereinnahmen steigen. Der Rest der gut 9,5 Milliarden Euro seien Fixbeträge. Er wollte vor allem vermeiden, dass die Länder alle finanziellen Risiken auf den Bund abwälzen und sich aus der Verantwortung stehlen.

Mit der Finanzreform schließt die große Koalition auch ihr letztes großes Reformprojekt in dieser Wahlperiode ab. "Es war vermutlich die letzte Chance, so ein großes Werk noch vor der Bundestagswahl zu beenden", sagte Sellering. Der nun gefundene Kompromiss soll mindestens bis ins Jahr 2030 Bestand haben.

Anzeige
DWN
Technologie
Technologie Erkennen Sie schnell instabile Li-Ion-Batterien

Brady Corporation bietet eine neue, kostengünstigere Lösung an, um instabile Li-Ion-Batterien im Lager schnell und einfach zu erkennen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ifo-Geschäftsklima im Januar: Deutsche Wirtschaft erholt sich leicht, Zukunft bleibt ungewiss
27.01.2025

Das Ifo-Geschäftsklima hat sich im Januar leicht verbessert und zeigt einen ersten Anstieg nach zwei Rückgängen. Während die aktuelle...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin-Kurs aktuell noch leicht im Minus - und wieder um 100.000 US-Dollar
27.01.2025

Zum Start in die neue Handelswoche zeigte sich der Kryptomarkt tiefrot, eingebrochen war am Montagmorgen auch der Bitcoin-Kurs. Aktuell...

DWN
Finanzen
Finanzen Fremdfinanzierung ohne Banken: Von Mikrokrediten bis Crowdfunding
27.01.2025

Auch abseits von klassischen Bankdarlehen gibt es Möglichkeiten für Unternehmen und Privatpersonen, sich Fremdkapital zu beschaffen und...

DWN
Finanzen
Finanzen Geldwäsche mit Kryptowährungen: Europol sprengt Ring von "Unterwelt-Bankern"
27.01.2025

Eine Bank für Kriminelle in Europa bot alle Dienstleistungen wie Geldwäsche und Transporte an. Vor allem ging es um illegale Geschäfte...

DWN
Panorama
Panorama Fünf Jahre Corona - Impfungen, Long Covid und die Zukunft der Pandemie
27.01.2025

Die Corona-Pandemie hat weltweit bleibende Spuren hinterlassen. Fünf Jahre nach dem ersten Fall in Deutschland werfen Experten einen Blick...

DWN
Politik
Politik Warum der Merz-Plan so einschlägt: Deutschland scheitert an Dublin-Rückführungen
27.01.2025

Die EU hat sich ein System zur fairen Aufnahme von Asylbewerbern ausgedacht - das Dublin-Verfahren. Die Statistik zeigt: Für Deutschland...

DWN
Politik
Politik Ungarn zieht Veto zu Russland-Sanktionen der EU zurück
27.01.2025

Dass die Russland-Sanktionen der EU alle sechs Monate einstimmig verlängert werden müssen, birgt für kritische Staaten ein erhebliches...

DWN
Finanzen
Finanzen Nvidia-Aktie: Kurs stürzt ab - DeepSeek bereitet Investoren große Sorgen
27.01.2025

Die Nvidia-Aktie befindet sich zum Start in die neue Handelswoche im freien Fall. Am Montag verzeichnete der KI-Chip-Gigant einen...